Kommentar: Europa wartet auf Deutschland

Kommentar: Europa wartet auf Deutschland

Von Knut Krohn

Friedrich Merz hätte es besser wissen können. Fünf Jahre lang saß er im Europaparlament und hat erlebt, wie die Konsensmaschine Brüssel funktioniert. Nirgends ist Politik so sehr ein Geben und Nehmen. Als Kanzler hatte Olaf Scholz die europäische Maschinerie mit seinem Zaudern ins Stocken gebracht. Die Erleichterung ist in Brüssel daher groß, dass nun mit Merz in der Wirtschaftsmacht Deutschland einer das Ruder übernommen hat, der EU-Abläufe verstanden hat – so glaubte man. Und der Start des Kanzlers war aus Sicht Europas auch formidabel: Die ersten Reisen gingen nach Paris und Warschau. Auch Merz’ rascher Besuch bei EU und Nato war wohl gesetzt, er will zeigen, dass er gewillt ist zu einer Führungsrolle in Europa.

Umso unverständlicher ist daher sein Auftreten in Sachen „Asylwende“. Merz wollte vor heimischem Publikum den ersten Punkt machen und sorgt stattdessen für Durcheinander. Ausgerechnet bei einem rechtlich komplizierten und emotional aufgeladenen Thema versucht er sein großspuriges Auftreten aus dem Wahlkampf in Regierungshandeln umzusetzen – und scheitert mit einem nationalen Alleingang.

Aus dem Fehlstart muss er Lehren ziehen. Frieden und Freiheit des Kontinents sind von Russland bedroht. Die USA fallen als verlässlicher Partner aus, die EU muss sich neu positionieren. Merz hat betont, dass Deutschland kraftvoll dazu beitragen wird. Europa erwartet, dass er sein Versprechen hält.

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Erstellt:
9. Mai 2025, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
10. Mai 2025, 21:56 Uhr

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