Zurückweisung von Flüchtlingen
Konstanzer Anwalt zeigt Innenminister Dobrindt an
Wegen der Zurückweisungen von Asylsuchenden zeigt ein Konstanzer Anwalt für Strafrecht Bundesinnenminister Alexander Dobrindt sowie den Präsidenten der Bundespolizei an.

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Der Anwalt Andreas Hennemann (links) wirft Innenminister Dobrindt vor, sich mit den Zurückweisungen von Asylsuchenden über geltendes Recht hinwegzusetzen.
Von Florian Dürr
Der Konstanzer Anwalt Andreas Hennemann legt sich sowohl mit Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) als auch mit dem Präsidenten der Bundespolizei, Dieter Romann, an: Angesichts der aktuellen Zurückweisungen von Asylsuchenden aus einem sicheren Drittstaat hat der SPD-Stadtrat Strafanzeige gegen die beiden Männer erstattet. Dieser Schritt erschien ihm „wegen des Verdachts, Untergebene zur Begehung rechtswidriger Taten im Amt im Sinne des § 357 Abs. 1 StGB. verleitet zu haben“ nötig. So heißt es in dem zugehörigen Schreiben an die Staatsanwaltschaft Berlin, das Hennemann kürzlich auf seiner Instagram-Seite geteilt hat. Zuerst hatte der „Südkurier“ darüber berichtet.
Anwalt bezeichnet Alexander Dobrindts Begründung als „hohl“
„Diese Zurückweisungen verletzen geltendes Recht“, schreibt der Fachanwalt für Strafrecht in seinem Instagram-Beitrag und fordert: „Wer wissentlich rechtswidriges Verhalten anordnet, muss dafür rechtlich zur Verantwortung gezogen werden.“ Der Jurist verweist auch auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin, das Anfang Juni Zurückweisungen von drei somalischen Asylsuchenden für rechtswidrig erklärt hatte. „Das Gericht stellte klar, dass die Bundesrepublik gemäß der Dublin-III-Verordnung verpflichtet gewesen sei, die Schutzgesuche entgegenzunehmen und das reguläre Zuweisungsverfahren durchzuführen“, erklärt Hennemann.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Andreas Hennemann (@andreashennemann_ra)
Der 44-Jährige kritisiert: „Trotz der bindenden Wirkung dieser Entscheidungen erklärte Minister Dobrindt öffentlich, es handele sich um Einzelfallentscheidungen und bekräftigte die Fortsetzung der Praxis. Auch der Präsident der Bundespolizei, Dr. Romann, ließ erkennen, dass die Zurückweisungen weitergeführt würden.“ Im Gespräch mit unserer Zeitung bezeichnet der Konstanzer Anwalt Dobrindts Begründung als „hohl“: Gerichtsurteile seien immer Einzelfälle, für Hennemann war die Entscheidung der Berliner Richter „exemplarisch und übertragbar auf andere Fälle“.
Hennemann fehlt der Aufschrei der Gesellschaft
Ihm gehe es aber nicht darum, die Migrationspolitik der Bundesregierung generell zu kritisieren, sondern um den seiner Wahrnehmung nach fehlenden Aufschrei in Deutschland, wenn sich „ein Innenminister über das Gesetz stellt“, sagt Hennemann: „Das ist doch ein denkwürdiger Vorgang.“
Dass Dobrindt am Ende strafrechtlich verurteilt wird, ist eher unwahrscheinlich – und das sei auch nicht das Ziel der Strafanzeige, bekräftigt Hennemann. Aber der Anwalt sieht seine Aktion nicht als völlig aussichtslos an, „dann hätte ich es nicht gemacht“, sagt er. Und wenn es doch bis zur Verurteilung des Innenministers kommt? „Dann“, so Hennemann in Richtung des Innenministers, „muss er halt zurücktreten“.