Kreissparkasse montiert Briefkästen ab

In 13 Bankfilialen gibt es seit 1. Oktober keine Mitarbeiter, sondern nur noch Automaten. Auch der Einwurf von Überweisungsträgern ist seitdem vor Ort nicht mehr möglich. Die Backnanger Seniorenvertretung sieht darin eine Benachteiligung älterer Kunden.

Plötzlich ist der Briefkasten weg: Wie hier in der Stuttgarter Straße in Backnang kann man in 13 Filialen der Kreissparkasse neuerdings keine Überweisungsträger mehr einwerfen. Foto: Kornelius Fritz

Plötzlich ist der Briefkasten weg: Wie hier in der Stuttgarter Straße in Backnang kann man in 13 Filialen der Kreissparkasse neuerdings keine Überweisungsträger mehr einwerfen. Foto: Kornelius Fritz

Von Kornelius Fritz

Rems-Murr. Karl Wurst aus Auenwald war verwundert, als er kürzlich die Sparkasse in Unterbrüden betrat. Dass die Filiale ab Oktober nicht mehr mit Personal besetzt sein würde, hatte der Kunde mitbekommen, und er kann diese Entscheidung sogar nachvollziehen. Aber er wollte ja auch nur eine Überweisung einwerfen. Überrascht musste er allerdings feststellen, dass auch das nicht mehr möglich ist. Dort, wo bisher der Briefkasten stand, fand er nur noch ein Schild, auf dem zu lesen ist, dass die Nutzung des Briefkastens ab 1. Oktober „aus Sicherheitsgründen“ nicht mehr möglich sei. Stattdessen könne man seine Überweisungen „gerne online in Auftrag geben“.

So wie ihm erging es nicht nur Sparkassenkunden in Unterbrüden, sondern auch in Althütte, Oppenweiler, Allmersbach im Tal und Kirchberg an der Murr. In Backnang sind die Standorte in der Stuttgarter Straße und der Sulzbacher Straße betroffen. Insgesamt 13 Filialen hat die Kreissparkasse Waiblingen zum 1. Oktober auf Automatenservice umgestellt. Zuletzt seien in diesen Geschäftsstellen im Schnitt nur noch zwei Kunden pro Stunde gezählt worden, hatte Vorstandsmitglied Vincenzo Giuliano im Juli erklärt (wir berichteten). 90 Prozent der Kundschaft erledige die Bankgeschäfte mittlerweile online oder an Selbstbedienungsterminals.

Davon, dass in diesem Zuge auch die Briefkästen abmontiert werden, war damals allerdings keine Rede. Und vor allem ältere Kunden, die ihre Überweisungen noch immer am liebsten auf Papier ausfüllen, fragen sich, welche „Sicherheitsgründe“ denn dagegen sprechen, diese auch weiterhin vor Ort in den Briefschlitz zu werfen. Schließlich werden die Räume ja nach wie vor von der Sparkasse genutzt.

Sparkasse verweist auf unzureichende Sicherung der Briefkästen

Die Kreissparkasse will sich auf Nachfrage nur schriftlich äußern. „Es gibt immer wieder Versuche, Überweisungen aus Briefkästen zu entwenden, um diese dann zu manipulieren oder Kontodaten auszuspähen. Wenn keine Mitarbeitenden vor Ort sind, ist es uns nicht möglich, die Briefkästen ausreichend zu überwachen und regelmäßig zu leeren“, teilt eine Sprecherin der Bank mit.

Für Karl Wurst klingt das nach einer Ausrede: „Nachts und an den Wochenenden waren die Filialen ja bisher auch nicht besetzt“, sagt der BKZ-Leser. Außerdem müsse es doch möglich sein, einen Briefkasten so zu sichern, dass Unbefugte nicht einfach reingreifen und die Post herausziehen können. Die Sprecherin der Bank nennt noch einen anderen Grund: Da die Briefkästen in Filialen ohne Personal nicht so häufig geleert würden, bestehe die Gefahr, dass dringliche Überweisungen nicht rechtzeitig ausgeführt werden.

Die Backnanger Seniorenvertreterin Irene Baum kann auch dieses Argument nicht verstehen: „Ich denke, es wäre kein so großer Aufwand, die Briefkästen einmal am Tag zu leeren.“ Sie sieht in der Entscheidung der Kreissparkasse „eine Benachteiligung derjenigen, die nicht online unterwegs sind“. Und das seien nun mal in erster Linie ältere Menschen. „Gerade die Kreissparkasse hat hier in meinen Augen eine größere Verantwortung als ein privates Unternehmen“, findet die Seniorenvertreterin.

Individuelle Hilfestellungen für Betroffene

.Die Kreissparkasse teilt dazu mit: „Uns ist bewusst, dass dies gerade für ältere Kundinnen und Kunden eine Umstellung bedeutet.“ Man biete den Betroffenen aber „individuelle Hilfestellungen“ an. So könnten sich die Kunden in den Geschäftsstellen, in denen es noch Mitarbeiter gibt, den Umgang mit den Automaten erklären lassen. Außerdem gebe man auf Anfrage auch frankierte Rückumschläge aus, mit denen man Überweisungsträger per Post schicken könne. „Viele unserer Kundinnen und Kunden stellen auch eine Vollmacht für eine Vertrauensperson aus, die sich dann um die Überweisungen kümmert.“ Karl Wurst aus Auenwald überzeugt das alles nicht: „Wofür bezahle ich Kontoführungsgebühren?“, fragt der Sparkassenkunde und denkt darüber nach, die Bank zu wechseln. „Wenn es vor Ort keinen Service mehr gibt, kann ich auch zu einer Direktbank gehen.“

Kommentar
Zulasten der Älteren

Von Kornelius Fritz

Die Kreissparkasse ist zwar eine „Anstalt öffentlichen Rechts“, trotzdem muss die Bank natürlich wirtschaftlich handeln. Niemand kann daher erwarten, dass sie dauerhaft Personal für Filialen abstellt, die kaum noch genutzt werden. Dass sie mit der Umstellung auf Selbstbedienungsterminals auch gleich noch die Briefkästen abmontiert, geht aber zu weit. Die Gründe, die dafür angeführt werden, sind fadenscheinig: Wären die Briefkästen tatsächlich so unsicher, dass sie nur bei ständiger Bewachung vor unbefugtem Zugriff geschützt sind, wäre die Nutzung außerhalb der Geschäftszeiten auch bisher hochriskant gewesen.

Vielmehr scheint es der Sparkasse darum zu gehen, die für sie aufwendigen Transaktionen auf Papier weiter zu reduzieren und noch mehr Kunden zum Onlinebanking zu drängen. Dabei gibt es gerade in der älteren Generation noch immer viele, die ihre Bankgeschäfte am liebsten mit dem Kugelschreiber auf Papier erledigen. Entweder weil sie gar keinen Internetzugang haben oder aus Sorge vor Betrügereien, die es im Netz ja reichlich gibt. Schon heute kostet eine Überweisung auf Papier bei der Kreissparkasse Waiblingen eine Gebühr von 1,50 Euro, online sind es maximal 30 Cent. Wer bereit ist, diesen stolzen Preis zu bezahlen, hat dasselbe Recht auf guten Service wie alle anderen Kunden.

k.fritz@bkz.de

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Erstellt:
19. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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