Kreisumlage soll auf 32,3 Prozent sinken

Landrat und Finanzdezernent legen den Entwurf für den Kreisetat 2020 vor – Verwaltung soll bis 2030 CO2-neutral arbeiten

Landrat Richard Sigel will im Kreishaushalt 2020 den Städten und Gemeinden entgegenkommen: Der Großteil des Steuerzuwachses soll vor Ort bleiben und die Kreisumlage von derzeit 34,0 auf 32,3 Prozent sinken. Zudem hat Sigel im Kreistag neue Klimaziele ausgegeben: Die Kreisverwaltung soll bis zum Jahr 2030 CO2-neutral arbeiten.

Der Landkreis finanziert seine Ausgaben fast zur Hälfte aus der Kreisumlage, die er von den Städten und Gemeinden holt. Bei den Aufwendungen fließt der Löwenanteil in den Sozialbereich.

Der Landkreis finanziert seine Ausgaben fast zur Hälfte aus der Kreisumlage, die er von den Städten und Gemeinden holt. Bei den Aufwendungen fließt der Löwenanteil in den Sozialbereich.

Von Armin Fechter

PLÜDERHAUSEN. Sigel und Finanzdezernent Peter Schäfer präsentierten dem Kreistag bei dessen gestriger Sitzung in Plüderhausen den Entwurf für den Kreishaushalt 2020. Eine Kernbotschaft richtete sich an die Städte und Gemeinden: Die Kreisumlage, die der Landkreis bei ihnen erhebt, soll sinken. Wobei in den vergangenen Wochen in den Waiblinger Amtsstuben noch kräftig gerechnet wurde, wie weit der Hebesatz reduziert werden kann. Erst war von 33,0 Prozent die Rede, dann von 32,5 Prozent und gestern schließlich von 32,3 Prozent. Ob es dabei bleibt, werden die Beratungen der nächsten Wochen zeigen. Immerhin verbliebe so der größte Teil des Steuerzuwachses bei den Städten und Gemeinden. Und: Der Hebesatz liegt damit so niedrig wie zuletzt vor über 20 Jahren.

In seiner Haushaltsrede appellierte Sigel an den Rems-Murr-Spirit, den der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper schon bei der konstituierenden Sitzung des Kreistags beschworen hatte: „Ich bin überzeugt, dass es insbesondere auf das Miteinander ankommt“, sagte Sigel nicht zuletzt mit Blick auf die unruhigen Zeiten in der Weltpolitik. Gemeinsam habe man ein tragfähiges Medizinkonzept für die Kliniken erarbeitet, große Investitionspakete geschnürt, etwa für Straßen, Radwege und bezahlbaren Wohnraum, gemeinsam habe man die Finanzen konsolidiert, Schulden abgebaut und Rücklagen gebildet und überdies ein Klimaschutzhandlungsprogramm verabschiedet, das unter dem Motto „Mitmachen“ stehe. Weil aber das bislang formulierte Ziel für den Kreis, bis 2050 klimaneutral zu werden, „wachsweich“ sei, nannte Sigel zwei konkrete Punkte: Erstens, die Landkreisverwaltung, die Kreisbaugruppe und die Abfallwirtschaft sollen bis 2030 weitgehend CO2-neutral arbeiten. Zweitens, angestrebt wird für die Kreisverwaltung, die Kreisbaugruppe und die Abfallwirtschaft bis spätestens 2030 ein in der Gesamtbetrachtung CO2-neutraler Immobilienbestand.

In der Gesundheitsversorgung lenkte Sigel den Blick auf medizinische Versorgungszentren. Dass sich das Klinikum Stuttgart in Schorndorf einen Arztsitz geschnappt hat, „können wir nicht widerspruchslos akzeptieren“. Es gelte, stetig in die Zukunftsfähigkeit zu investieren, wobei die Belastung für den Kreishaushalt nicht erneut steigen dürfe. Laut Finanzdezernent Schäfer sollen die Zuweisungen an die Kliniken im kommenden Jahr auf 12,8 Millionen Euro zurückgehen, nachdem sie vor fünf Jahren noch fast 30 Millionen Euro betrugen.

Beim öffentlichen Personennahverkehr zeige die millionenschwere Tarifzonenreform des VVS Wirkung: Die Fahrgastzahlen schnellen nach oben. Nachdem auch das Busangebot neu aufgestellt wurde, rückt die Wieslauftalbahn in den Fokus: Sigel hofft, dass künftige Züge mit Wasserstoffantrieb rollen. Bei den Radwegen strebt der Landrat, wie er sagte, nach dem Gelben Trikot: Ehrgeizige Investitionen, unter anderem in Schnellwege, sollen das Netz verbessern. Zudem wird der Landkreis eine von drei Pilotregionen der Initiative „Sicher E-Biken“ im Land. Geplant ist ferner ein Projekt mit Aktionstagen an Grundschulen, um die Kinder zu Radhelden zu machen. Zudem suchen Landkreis und Polizei nach Flächen für einen Verkehrsübungsplatz.

Sechs Millionen Euro fließen jährlich in die Erhaltung des Kreisstraßennetzes. Mittel stellt der Landkreis aber auch für den Wohnungsbau bereit – 80 bezahlbare Wohnungen sind bereits realisiert. Und: In Backnang muss, wie sich gezeigt hat, die Tiefgarage auf dem früheren Klinikgelände grundlegend saniert werden. Geschätzte Kosten: vier Millionen Euro.

16 Millionen Euro Rücklagen und die Verschuldung auf einem Tiefstand: Da sei es „keine Gefahr für unseren Konsolidierungskurs, wenn wir in einer Nullzinsphase investieren“ – aber schrittweise, wie Sigel hinzufügte. So soll der geplante Verwaltungsneubau in der Waiblinger Rötestraße nicht, wie ursprünglich vorgesehen, über die Kreisbau abgewickelt und dann angemietet, sondern direkt über den Kreishaushalt finanziert werden. Grund: Der Landkreis kann zinslose Darlehen generieren, die Kreisbau könnte das nicht.

Tauziehen um Flüchtlingskosten birgt weiterhin ein Haushaltsrisiko

Ein Haushaltsrisiko sieht Sigel nach wie vor bei den Flüchtlingskosten. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wer für geduldete Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung aufkommt. Ob das Land die Kosten erstattet, ist offen.

Die Digitalisierung erlebbar machen, das ist eine weitere Idee, die Sigel verfolgt. Angedacht ist eine mobile Experimentierstation. Namhafte Firmen würden, so Sigel, als Sponsoren mitmachen.

Finanzdezernent Schäfer legte ferner ein dreistufiges Modell vor, wie mit positiven Rechnungsergebnissen künftig umgegangen werden soll. Ziel ist dabei neben der Schuldenvermeidung eine Schuldenobergrenze von 130 Millionen Euro.

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Erstellt:
22. Oktober 2019, 06:00 Uhr

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