Kriegsgefangener half Holzsäger bei der Arbeit

Vom Güterbahnhof zum Galgenberg (4): Einblicke in das Archiv des Backnangers Peter Wolf mit historischen Fotos

Wenn die mobile Bandsäge knatterte und Karl Bacher (auf dem Bild mit Hut) seine Aufträge in Backnang ausführte, war 1944 und 1945 auch der Franzose Pierre (rechts) dabei. Repro: P. Wolf

Wenn die mobile Bandsäge knatterte und Karl Bacher (auf dem Bild mit Hut) seine Aufträge in Backnang ausführte, war 1944 und 1945 auch der Franzose Pierre (rechts) dabei. Repro: P. Wolf

Von Ingrid Knack

BACKNANG. Einige Backnanger dürften sich noch an ihn erinnern: den Holzsäger Karl Bacher (1896 bis 1994), der bis Anfang der 1980er-Jahre mit seiner fahrbaren Bandsäge aus dem Hause Kaelble in Backnang unterwegs war. Wohn- und Firmensitz war in der Marienstraße. Ab dem Jahr 1938 verdiente Karl Bacher sein Geld mit Sägearbeiten, nur während des Zweiten Weltkriegs lag die Arbeit eine kurze Zeit lang still.

Anlässlich von Bachers 90. Geburtstag im Jahr 1986 stand in unserer Zeitung: „Geboren ist Karl Bacher in Tamm bei Ludwigsburg. 1924 ließ er sich dann in der Gerberstadt nieder und betrieb ein Fuhrgeschäft. Ein Jahr später heiratete er. Von 1927 bis 1932 pachtete er das ,Goldene Lamm‘ in der Schillerstraße, das heute nicht mehr existiert und neuen Bauten zum Opfer fiel. Anschließend widmete sich Karl Bacher bis 1938 wieder dem Fuhrgeschäft. Heute freut sich Bacher über die drei Pferde, die noch in seinem Stall stehen und die er als sein Hobby anschaut. Und natürlich ist er auch stolz auf seinen Urenkel, der unlängst getauft wurde. Daneben gehören zu seiner Familie ein Sohn, eine Tochter und zwei Enkelkinder.“

In seine Serie „Backnang im Zeitspiegel“ hat der Backnanger Hobbyhistoriker und Fotodesigner Peter Wolf auch eine Aufnahme aufgenommen, die Einblicke in das Leben und Arbeiten der Familie Bacher zum Ende des Zweiten Weltkriegs hin gewährt. Die Fotografie aus dem Jahr 1944 oder 1945 bekam er von Ulrich Olpp, dem Enkel von Karl Bacher, zur Verfügung gestellt.

In der Holzsägerei half der Kriegsgefangene Pierre mit, dessen Nachname, Beruf und genaue Herkunft nicht bekannt sind. Pierre wurde nach getaner Arbeit abends von der damals 18-jährigen Anneliese Bacher (Tochter von Karl Bacher, später verheiratete Olpp und Ulrich Olpps Mutter) in den Gasthof „Engel“ gebracht, wo weitere 10 bis 15 Gefangene wohnten. Dort lieferte sie ihn bei zwei SA-Leuten ab, die für die Kriegsgefangenen zuständig waren. In dem Gasthof bekamen diese Frühstück und Abendessen. Das Wochenende war frei, Pierre und die anderen Kriegsgefangenen bekamen dann ihre komplette Verpflegung im „Engel“. Während der Arbeitswoche saß Pierre bei der Familie Bacher mit am Tisch, wenn es Mittagessen gab. Das ging von 1944 bis Kriegsende so. Als die Amerikaner einmarschierten, ging Pierre in seine Heimat nach Frankreich zurück. Nach dem Kriegsende war Karl Bacher mit seiner Kaelble-Bandsäge plötzlich verschwunden. Der Grund: Er brachte seine wertvolle Bandsäge in dem Backnanger Ortsteil Horbachhof bei Waldrems in Sicherheit. Dort versteckte er sie unter Heu. Nicht ausgeschlossen ist, dass Karl Bacher befürchtet hatte, Pierre würde das wertvolle Stück als Reparationsleistung mit nach Frankreich nehmen, hat Peter Wolf von den Nachfahren Bachers erfahren.

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Erstellt:
2. April 2020, 16:00 Uhr

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