Krisen werden gemeinsam bewältigt

Landrat Richard Sigel will die Städte und Gemeinden im Rems-Murr-Kreis für ein gemeinsames Starkregen-Risikomanagement gewinnen. Dazu ist die Einrichtung eines kommunalen Pegelmessnetzes geplant. Mit Geld vom Bund kommt zudem die Sirene als Warnmittel zu neuen Ehren.

Im Rems-Murr-Kreis, insbesondere auch im Raum Backnang, hat man schon einige Krisenerfahrung im Umgang mit Hochwasser gewonnen. Unser Foto zeigt die Backnanger Schillerstraße, wie sie sich am 13. Januar 2011 präsentierte.  Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Im Rems-Murr-Kreis, insbesondere auch im Raum Backnang, hat man schon einige Krisenerfahrung im Umgang mit Hochwasser gewonnen. Unser Foto zeigt die Backnanger Schillerstraße, wie sie sich am 13. Januar 2011 präsentierte. Foto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

Rems-Murr. „Die tragischen Ereignisse dieses Sommers haben uns ganz deutlich vor Augen geführt, dass wir jetzt vorausschauend handeln müssen, um für einen möglichen Ernstfall gerüstet zu sein“, sagt Landrat Richard Sigel. Es wurde von den Kommunen und vom Landkreis bereits vieles getan, aber der Kreischef betont: „Wir müssen alle noch mehr machen, um uns für Hochwasser und Starkregenereignisse zu wappnen.“

Für den Hochwasserschutz als staatliche Aufgabe haben sich in erster Linie die Städte und Gemeinden zu Zweckverbänden zusammengeschlossen. Unterstützt und beraten werden sie dabei von den Landratsämtern, genauer: vom Amt für Umweltschutz. Daher haben Landkreis und Kommunen dieses wichtige Thema in den Mittelpunkt der jüngsten Bürgermeisterkreisversammlung gestellt. Ziel ist es, sich immer wieder neu gemeinsam möglichst gut auf potenzielle Krisenszenarien vorzubereiten.

Dazu besuchte die Versammlung auch das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Aalen, das für die Landkreise Rems-Murr, Schwäbisch Hall und Ostalb zuständig ist. Zu den Vorbereitungen, die der Landrat meint, gehört auch ein kreisweites Konzept zur Warnung der Bevölkerung. Am effektivsten ist laut Experten ein Warnmix: Warn-Apps wie beispielsweise Nina, Funkzellenwarnungen, Radio, Fernsehen sowie Online- und Printmedien – und nicht zuletzt Sirenen (wir berichteten). „Ganz konkret wollen wir das Förderprogramm des Landes nutzen und gemeinsam mit den Kommunen das Sirenennetz wieder aufbauen. Das geht nicht von heute auf morgen – schließlich sollen alle Maßnahmen ineinandergreifen und sich sinnvoll ergänzen“, so der Landrat.

Der Welzheimer Bürgermeister Thomas Bernlöhr – als Sprecher der Bürgermeister im Rems-Murr-Kreis – formuliert eine Erkenntnis, die nicht erst seit Corona gelte: „Was wir als Normalität verstehen, also die Abwesenheit von Krisen, wird in Zukunft immer seltener der Fall sein.“ Starkregen und Hochwasser, pandemische Bedrohungen, die Gefahr von lang anhaltenden Stromausfällen und vieles andere erfordern eine neue Ausrichtung der kommunalen Arbeit im Hinblick auf Robustheit und kurzfristige Krisenbewältigung, ist sich Bernlöhr sicher. Hierbei sei es richtig, wenn Städte und Gemeinden mit dem Landkreis gemeinsam die Schwerpunkte definieren und die Umsetzung angehen. „Viele Aufgaben stellen sich flächendeckend. Ein Flickenteppich wäre da kontraproduktiv. Die Umsetzung vor Ort bringt immer wieder auch Konflikte und Einschränkungen – Stichwort technischer Hochwasserschutz“, so der Sprecher der Bürgermeister. Die Basis für die neuen Herausforderungen seien die Rettungs- und Hilfsorganisationen, da sie die tägliche Gefahrenabwehr bewältigen. Bernlöhr: „Haupt- und Ehrenamtliche wie auch die Bürgerschaft müssen mit neuen Untersuchungen, Schutzmaßnahmen und auch der Einübung von Lagen immer wieder flankiert werden.“ Die Kreisverwaltung Rems-Murr schlägt den Kommunen vor, gemeinsam ein sogenanntes Starkregen-Risikomanagement zu starten und ganz konkret ein kommunales Pegelmessnetz einzurichten.

Und das funktioniert laut Kreisverwaltung folgendermaßen: „Für Starkregenereignisse stellen die Gemeinden und die Hochwasserverbände in einem ersten Schritt Risikokarten auf, wie es sie für Hochwasserereignisse bereits gibt. Auf Grundlage dieser Pegeldaten können über das Pegelmessnetz die Bürgerinnen und Bürger bei lokalen Starkregenereignissen – die meist erst kurz vorher absehbar sind – schnell und gezielt gewarnt werden.“ In einigen Kommunen seien diese Karten bereits in Arbeit, bestätigt das Landratsamt.

Darauf aufbauend sollen dann kreisweite Hochwasser- und Starkregenkonzepte erstellt und bestehende Konzepte aktualisiert werden. „In diesem Zuge werden zukünftige Hochwasserschutzeinrichtungen mit Nachdruck vorangebracht werden und bestehende Anlagen regelmäßig überprüft werden“, kündigt die Kreisverwaltung an. Das Amt für Umweltschutz steht den Kommunen dabei beratend zur Seite. Diese Behörde, bei der das Thema Hochwasserschutz angesiedelt ist, hat sich in den vergangenen Monaten neu aufgestellt, um den Herausforderungen besser gewachsen zu sein, heißt es aus dem Waiblinger Kreishaus. Nun will die Kreisverwaltung dem Kreistag in den kommenden Haushaltsberatungen Vorschläge machen, die auf den erarbeiteten Konzepten beruhen, um den Bereich Hochwasserschutz zu stärken.

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Erstellt:
30. September 2021, 06:00 Uhr

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