Kulturverein Althütte: Eine Ortschronik der anderen Art

Rolf Rau liebt alte Geschichten über seinen Ort. Als Mitglied des Heimat- und Kulturvereins Althütte sammelt er wahre Begebenheiten und veröffentlicht diese in kleinen Büchern. Demnächst erscheint der zweite Band. Er soll noch vor Weihnachten fertig sein.

Nett und lustig sollen die Erzählungen aus dem Büchlein „Geschichten-Erzähler“ sein und sie sollen unterhalten, finden Rolf Rau (links) und Markus Frank vom Heimat- und Kulturverein. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Nett und lustig sollen die Erzählungen aus dem Büchlein „Geschichten-Erzähler“ sein und sie sollen unterhalten, finden Rolf Rau (links) und Markus Frank vom Heimat- und Kulturverein. Foto: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Althütte. Ältere Herrschaften haben viel zu erzählen. Und es ist ein Jammer, wenn diese Erzählungen nicht bewahrt werden, dachte sich Rolf Rau. Er ist Mitglied im Althütter Posaunenchor, der unter anderem den älteren Einwohnern der Gemeinde ein Ständchen zum Geburtstag bringt. „Da wird man dann auch oft eingeladen und bekommt ein Häppchen und hört interessante Geschichten“, erinnert er sich. Und so kam dem ehemaligen Mitarbeiter der Backnanger Kreiszeitung der Gedanke: „Das könnte man mal festhalten.“

Im Jahr 2016 gründete sich, ganz unabhängig davon, der Heimat- und Kulturverein in Althütte. Zu den neuen Mitgliedern gehörte Rolf Rau, zudem gut bekannt mit dem Ersten Vorsitzenden des Vereins Markus Frank. Eines der geplanten Projekte sollte ein Buch über Althütte sein, aber nicht in Form einer Chronik. Und so fiel Rolf Raus Idee auf fruchtbaren Boden.

Rolf Rau musste häufig erst Überzeugungsarbeit leisten

Vollkommen unbedarft sei er damals an die Umsetzung der Buchidee herangegangen, so Rolf Rau. Unterstützt habe ihn dabei seine damalige Kollegin bei der Backnanger Kreiszeitung. „Wir haben zuerst wahllos Leute angesprochen und ihnen gesagt, wir wollten Geschichten von früher“, berichtet er. Viele hätten abgelehnt, sie hätten nichts zu erzählen. Ob man trotzdem mal vorbeikommen könne? Oft seien die potenziellen Gesprächspartner der Meinung gewesen, ihre Erlebnisse und Erinnerungen seien nicht interessant genug für ein Buch. Im Gespräch konnte Rau ihnen dann aber doch die ein oder andere Anekdote entlocken. Mit maßgebender Unterstützung seiner Lebensgefährtin Sonja Burgel entstand schließlich das Buch „Geschichten-Erzähler. Bilder, Erstaunliches, Alltägliches, Witziges, Unglaubliches“.

„Das sind alles nette Geschichten“, findet Rolf Rau. Und Markus Frank ergänzt: „Wir wollten etwas Lustiges haben und unterhalten.“ Deshalb kämen Erzählungen aus der Zeit des Dritten Reiches nicht vor.

Aktuell arbeiten Rolf Rau und Markus Frank am zweiten Buch

Mittlerweile wird bereits am zweiten Buch gearbeitet. Darin geht es um Althütter Bürger, die etwas Herausragendes geleistet haben. So nennt Rolf Rau etwa einen Motocrossfahrer, der sogar beinahe Weltmeister geworden wäre, einen besonderen Billardspieler, einen Boxer und einen Marathonläufer und einen Zehnjährigen, der die Hauptrolle in einem Musical gespielt hat – alles einzigartige Persönlichkeiten aus dem Ort. Noch vor Weihnachten wird das Buch fertig sein, an dem auch die Mitglieder des Heimat- und Kulturvereins Petra Schweizer und Daniela Hertler mitgewirkt haben. Es ist eine Buchausstellung im Heimatmuseum geplant.

Themen gibt es noch genug. Vielleicht ja sogar mal darüber, wie die Althütter zu ihrem Spitznamen „Rechenspitzer“ kamen? Denn im 19. Jahrhundert hatte sich hier ein florierendes Rechenhandwerk entwickelt, wie Markus Frank zu berichten weiß. Hatte es 1829 in Althütte noch 17 Betriebe gegeben, die Rechen herstellten, waren es 28 Jahre später schon mehr als doppelt so viele. Im Jahr 1855 wurden 40000 Stück hergestellt. Bis hinunter an den Bodensee wurden die Althütter Rechen vertrieben. Wahrlich ein Original.

„Ist denn mein Geld noch da, das ich immer so fleißig abgeliefert habe?“

Eine Kostprobe aus „Geschichten-Erzähler“, erzählt von der ehemaligen Gemeinderätin Sybille Engel: „Robert Eisenmann war Zweigstellenleiter der Kreissparkasse, die damals noch im Rathaus untergebracht war. Das kleine Mädchen Anja kam zu ihm und schüchtern, wie sie war, traute sie sich nicht so recht zu sagen, was sie will. Herr Eisenmann fragte sie: ‚Na, was hast du denn für ein Anliegen?‘ Sie legte ihm ihr Sparbüchlein hin und fragte ihn: ‚Ist denn mein Geld noch da, das ich immer so fleißig abgeliefert habe?‘ Damit er das Mädchen beruhigen konnte, nahm er Geld aus seiner Kasse und zählte es ihr genau hin. Jetzt war die kleine Anja überzeugt, dass das Geld tatsächlich vorhanden und nicht nur eine Zahl im Sparbüchle war. Beruhigt und fröhlich ging sie wieder nach Hause.“

Buchpräsentation Das zweite Buch, der Folgeband von „Geschichten-Erzähler“, wird am Freitag, 18. November, im Heimatmuseum Althütte vorgestellt. Der Eintritt ist zu der Veranstaltung frei.

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Erstellt:
30. September 2022, 11:30 Uhr

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