Kunst mit Spucke und Gesang: Isländische Video-Schau

dpa/lsw Stuttgart. Er wird bespuckt, er singt, schwimmt und trinkt. Wieder und wieder. Lange Videosequenzen mit sich wiederholenden Elementen haben den isländischen Künstler Ragnar Kjartansson über seine kleine Heimat hinaus bekanntgemacht. Nun widmet ihm das Stuttgarter Kunstmuseum die bislang umfassendste Ausstellung. Unter dem provokant erscheinenden Titel „Scheize - Liebe - Sehnsucht“ verteilen sich 26 Exponate, darunter 6 raumgreifende Installationen, auf drei Stockwerke im Glaskubus in der Innenstadt.

Ragnar Kjartansson, Performance-Künstler aus Island. Foto: Bernd Weissbrod/Archivbild

Ragnar Kjartansson, Performance-Künstler aus Island. Foto: Bernd Weissbrod/Archivbild

Der Werksüberblick, dessen Titel die drei deutschen Lieblingswörter Kjartanssons zitiert, präsentiert unter anderem die im Jahr 2000 begonnene Videoserie „Me and My Mother“, in der sich der Künstler im Fünf-Jahres-Rhythmus von seiner Mutter bespucken lässt. Auf im Kreis aufgestellten großen Leinwänden entwirft Kjartansson zudem in „Death is Elsewhere“ (2019) ein 360-Grad-Panorama einer isländischen Landschaft, in der zwei musizierende Paare von einem Schirm zum nächsten schunkeln.

Eindringlich kommt auch die Performance „Tod einer Dame“ (2019) daher: Eine vermeintliche Leiche, eine blutende Wunde am Leib, liegt niedergestreckt auf dem Museumsboden, Schnee rieselt auf den leblosen Körper hinab. Alle zwei Stunden wird die Schauspielerin ausgewechselt, die die Leiche mimt. „Die Idee hatte ich beim Lesen einer ähnlichen Szene im Puschkin-Roman „Onegin““, erzählt Kjartansson. „Sie ist brutal, zärtlich und verbindet alle Klischees.“

Auch in den meisten anderen Arbeiten spielt der 1976 geborene Kjartansson mit Musik und Literatur, bildender und darstellender Kunst sowie der zeitgenössischen Populärkultur, mit ins Extreme gedehnter Spieldauer und Wiederholungen. „Das Prinzip dieser Loops macht einen wesentlichen Teil meiner Kunst aus“, erklärt der 1976 geborene Isländer. „Für mich sind diese Videos wie Gemälde. Man kann sie kurz anschauen und verpasst nichts weiter. Oder man vertieft sich in sie und findet immer wieder Neues.“

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Erstellt:
18. Juli 2019, 13:58 Uhr

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