Land erwartet zwei Milliarden Euro zusätzlich

dpa/lsw Stuttgart. Was für eine Überraschung: Im neuen Landesetat hat Grün-Schwarz noch eine beachtliche Summe zu verteilen. Die Finanzministerin will Geld für schwere Zeiten zurücklegen. Aber es gibt viele Begehrlichkeiten.

Verschiedene Geldscheine liegen auf einem Tisch. Foto: Monika Skolimowska/zb/dpa/Archivbild

Verschiedene Geldscheine liegen auf einem Tisch. Foto: Monika Skolimowska/zb/dpa/Archivbild

Die grün-schwarze Landesregierung hat voraussichtlich zwei Milliarden Euro mehr für ihren neuen Doppelhaushalt zur Verfügung, als bislang eingeplant worden sind. Die Summe setzt sich aus voraussichtlichen Steuermehreinnahmen und erwarteten Einnahmen aus Diesel-Bußgeldern zusammen. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grünen) schlägt vor, davon rund eine Milliarde Euro in Rücklagen für Risiken zu stecken. Das geht aus einem Papier hervor, das sie zur Sitzung der Haushaltskommission am Montagabend in Stuttgart mitbrachte und das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die Kommission fasste keine Beschlüsse, da die CDU-Landtagsfraktion Beratungsbedarf hat. Sie möchte weniger Geld zurücklegen, dafür aber mehr Geld in Themen wie innere Sicherheit, Digitalisierung und Klimaschutz stecken. „Ich bin nicht dafür, über eine Milliarde Euro nur in eine Rücklage zu stecken. Wir müssen auch gestalten“, sagte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart. Er hält zum Beispiel an Plänen für eine Klimaschutzstiftung fest, obwohl die Grünen diese nicht wollen. Die Idee: Für seine eigenen CO2-Emissionen könne das Land Geld in die Stiftung einzahlen. Dieses Geld solle dann genutzt werden, um in Klimaschutzmaßnahmen im Südwesten zu investieren.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) bekräftigte am Dienstag, er könne nicht erkennen, dass so eine Stiftung den Klimaschutz relevant vorantreiben könnte. Zum einen könne so eine Stiftung allenfalls nur gemeinnützige Projekte fördern. Zum anderen müsse sie, um vernünftig arbeiten zu können, mit einem deutlich höheren Stiftungsvermögen ausgestattet werden, als Geld zur Verfügung stehe.

Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) versuchte, allzu große finanzielle Begehrlichkeiten zu dämpfen. „Es gibt Handlungsspielräume, aber man muss auch ein bisschen vorsichtig sein.“ Er verwies auf die sich eintrübende Wirtschaftsentwicklung - die Steuerschätzungen seien mit Vorsicht zu genießen. „Ich bin mit der Finanzministerin einig, dass wir eine hohe Risikorücklage machen müssen, um diesen konjunkturellen Risiken zu begegnen.“ Aber auch die Hochschulen, der Klima- und Artenschutz bräuchten noch mehr Geld.

Sitzmann bringt den neuen Haushalt an diesem Mittwoch in den Landtag ein, wo er in den kommenden Wochen diskutiert und ergänzt werden soll. Am 18. Dezember soll das Parlament ihn mit den Stimmen der grün-schwarzen Regierungsfraktionen beschließen. Der Doppeletat sieht bislang Ausgaben in Höhe von insgesamt 102,5 Milliarden Euro vor.

Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, forderte eine bessere Bezahlung der Polizisten, aber auch mehr Tarifbeschäftigte und Verwaltungsbeamte. „Es geht schon lange nicht mehr um die Frage der Attraktivität der Polizeiarbeit, sondern um die Funktionsfähigkeit der Polizei“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Freie Gelder sollten in die personelle Stärkung der Polizei und eine höhere Bezahlung der Überstunden fließen.

Seine Kritik richtete Kusterer nicht an Innenminister Thomas Strobl (CDU), der sich in einigen Bereichen in der Haushaltskommission durchgesetzt habe, sondern direkt an Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Aktuell seien mehr als zehn Prozent der Haushaltsstellen der Polizei in den regionalen Präsidien im Polizeivollzug nicht besetzt, wodurch das Land im Jahr 2019 allein 50 Millionen Euro spare. „Das wollen wir zurück.“ Abzüglich der Steuern bekomme der Polizeibeamte „nicht sehr viel mehr als den Mindestlohn“.

Auf mehr Geld hofft aber auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Der geltende Hochschulfinanzierungsvertrag läuft Ende 2020 aus - es muss ein neuer Vertrag bis zum Jahr 2025 her. Die bislang eingeplanten Summen sind den Hochschulen viel zu wenig.

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Erstellt:
5. November 2019, 15:47 Uhr

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