Verpackungsgipfel

Land lässt Städten bei Einweg-Steuer freie Hand

Beim Verpackungsgipfel wirbt die Landesumweltministerin für die neue Steuer auf Einwegverpackungen. Landesweit möchte sie diese aber nicht einführen.

 

© IMAGO/Michael Gstettenbauer

 

Von Eberhard Wein

Das Land Baden-Württemberg will es weiterhin seinen Städten und Gemeinden überlassen, ob sie eine Verpackungssteuer auf ihrem Gebiet einführen wollen oder nicht. „Unsere Kommunen wissen selbst am besten, wie sie steigende Müllmengen in den Griff bekommen“, sagte die Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) beim ersten Verpackungsgipfel, zu dem das Ministerium Vertreter von Einzelhandel, Gaststättengewerbe, Kommunen und Entsorgungsbetrieben nach Stuttgart eingeladen hatte.

Damit kritisierte sie indirekt das Nachbarland Bayern. Die dortige Landesregierung hatte vor kurzem klar gestellt, dass sie keine Genehmigungen für kommunale Verpackungssteuern erteilen werde. Die Steuer sei zu kompliziert und ein zu großer Aufwand für die Betriebe, hieß es. Allerdings ist die Rechtslage in Bayern auch eine andere. Im Südwesten benötigen die Kommunen für die Einführung von Steuern überhaupt keine Erlaubnis der Landesregierung. Das Bundesverfassungsgericht hatte im November 2024 die Verpackungssteuersatzung der Stadt Tübingen für zulässig erklärt und eine Klage von McDonald’s zurückgewiesen.

Kommunen fordern Müllverursacher zur Kasse, Land zögert

„Die Kommunen klagen über stark steigende Entsorgungskosten. Auf diesen Summen bleibt die Allgemeinheit sitzen“, sagte Walker. „Wir sollten die Verursacher des Mülls stärker in die Pflicht nehmen.“ Die landesweite Einführung einer Verpackungssteuer plant das Land bisher aber nicht. Es sei besser, wenn den Städten viele unterschiedliche Werkzeuge zur Verfügung stünden.

Unklar ist, ob sich Bayern oder Baden-Württemberg bei der Mehrweg-Politik auf dem Sonderweg befinden. Nach Darstellung des Stuttgarter Umweltministeriums wird die Einführung der Einwegsteuer in immer mehr Städte auch außerhalb von Baden-Württemberg geprüft. Tatsächlich geschehen ist das bisher aber nur in Konstanz, wo ähnlich wie in Tübingen 50 Cent pro Tasse, Essenschale oder Eisbecher fällig werden, was vor allem Touristen verwirrt. In Freiburg soll die Steuer vom 1. Januar 2026 an erhoben werden. In Ludwigsburg und Aalen wollen die Gemeinderäte im Laufe des Jahres darüber beraten. Viele andere Städte setzen hingegen weiter auf Freiwilligkeit.

Plastikmüll-Alarm: Einwegbecher-Flut in Deutschland stoppen

Professor Henning Wilts, Leiter der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut, wies in einem Eingangsreferat darauf hin, dass sich in den vergangenen 30 Jahren die Menge der Kunststoffverpackungsabfälle pro Kopf verdoppelt habe. In Deutschland würden jede Stunde rund 320 000 Einwegbecher weggeschmissen. Der Kampf gegen den Plastikmüll sei nur zu gewinnen, wenn sich das Verhalten ändere, sagte Wilts.

Doch allein mit Freiwilligkeit komme man oft nicht weiter. Seit 2023 müssen Schnellrestaurants Mehrwegalternativen anbieten. Die Mehrwegquote bei Getränken sei dadurch aber nur minimal von vier auf sieben Prozent gestiegen. Der Mehrzahl der Kunden seien die Mehrwegangebote überhaupt nicht bekannt, zitierte er aus einer Studie. Die Angebotspflicht sei zwar „nicht nutzlos, aber absolut nicht ausreichend“, sagte Wilts.

Allerdings sei auch Mehrweg kein Selbstzweck. Momentan sei der CO2-Ausstoß für die Wiederverwendung einer Mehrweg-Glasflasche höher als bei einer Pet-Einwegflasche. Sinnvoll seien Mehrweglösungen nur, wenn bei Reinigung und Transport auf erneuerbare Energien umgestellt werde. Zudem brauche es einen hohen Grad an Standardisierung, also möglichst einheitliche Flaschen oder Tassen. Bis 2045 sollten Mehrwegsystem flächendeckend etabliert sein. Doch das komme nicht von allein.

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Erstellt:
25. Juni 2025, 15:22 Uhr
Aktualisiert:
25. Juni 2025, 17:14 Uhr

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