Land hält weitere Fahrverbote in Stuttgart für unvermeidbar

dpa/lsw Mannheim/Stuttgart. Im Streit um die Diesel-Fahrverbote in Stuttgart gibt sich das Land nach einer weiteren Niederlage vor Gericht geschlagen. Aber selbst die jetzt geplanten Maßnahmen reichen am Ende womöglich nicht.

Ein Fahrverbotsschild für Autos mit der Ergänzung „nur Diesel-Pkw bis einschließlich Euro 5“ steht an einem Straßenrand. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Ein Fahrverbotsschild für Autos mit der Ergänzung „nur Diesel-Pkw bis einschließlich Euro 5“ steht an einem Straßenrand. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Stuttgart kommt um neue Fahrverbote auch für Euro-5-Diesel ab Sommer wohl nicht mehr herum. Nach einer weiteren Niederlage vor dem Verwaltungsgerichtshof seien sie nun unvermeidbar, teilte das Verkehrsministerium am Freitag mit. „Wir müssen jetzt Verkehrsverbote für Euro-5/V-Diesel-Fahrzeuge ab 1. Juli 2020 vorbereiten“, sagte Amtschef Uwe Lahl. Die Mannheimer Richter hatten zuvor erneut eine Beschwerde des Landes gegen ein vom Stuttgarter Verwaltungsgericht verhängtes Zwangsgeld zurückgewiesen. Das Land muss 25 000 Euro an die Deutsche Kinderkrebsstiftung zahlen, weil es ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2017, das die Fahrverbote verlangt, immer noch nicht umgesetzt hat.

Der aktuelle Luftreinhalteplan für Stuttgart sieht Fahrverbote ab dem 1. Juli schon vor - allerdings mit der Einschränkung, dass darauf verzichtet werden kann, wenn der Stickstoffdioxid-Grenzwert in diesem Jahr auch auf andere Weise eingehalten werden kann. Weil eine solche Prognose wegen der Coronavirus-Pandemie derzeit schwierig sei, hatte das Land um Aufschub gebeten - was die Richter ebenfalls ablehnten.

Sie monierten zudem, dass die bisher im Luftreinhalteplan vorgesehene Lösung mit einer sogenannten kleinen Umweltzone, in der das Verbot gelten würde, nicht ausreiche, um die Vorgaben des Urteils zu erfüllen. Darin wird eine „große Umweltzone“ vorgegeben, die das gesamte Stadtgebiet umfasst und nicht nur Teile.

Das Land argumentiert bislang stets, dass die Luft immer besser werde und die schon umgesetzten und noch geplanten Maßnahmen daher ausreichten. Das sehen die Richter allerdings anders und pochen daher auf Einhaltung des Urteils von 2017. Ein flächendeckendes Fahrverbot für Diesel der Abgasnorm Euro 4 und schlechter sowie auf einzelnen Strecken auch für Euro 5 gibt es in Stuttgart bereits.

Um Einwände geltend zu machen und gegebenenfalls zu erreichen, dass auf bestimmte Maßnahmen verzichtet werden kann, müsse das Land eine sogenannte Abwehrklage einreichen, betonten die Richter. Und genau das will die grün-schwarze Regierung nun auch tun, wie das Ministerium weiter mitteilte. Die CDU reagierte unter Verweis auf die Klage „mit Befremden“ auf die Einschätzung des vom Koalitionspartner geführten Ministeriums. Weitere Fahrverbote seien nicht unvermeidbar, teilte der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Dörflinger, mit.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zeigte sich am Freitag allerdings überzeugt, dass die Fahrverbote auf das gesamte Stuttgarter Stadtgebiet ausgedehnt werden müssen. Die DUH hatte damals das Urteil und in der Folge auch mehrere Zwangsgelder gegen die Regierung erwirkt. „Wir erwarten ein Ende des rechtsstaatswidrigen Verhaltens der Landesregierung und eine termingerechte Umsetzung des Richterspruchs“, sagte DUH-Chef Jürgen Resch.

Eine Beschwerde der DUH, mit der diese noch schärfere Maßnahmen bis hin zur Zwangshaft gegen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verlangt hatte, lehnten die Richter allerdings ebenfalls als unbegründet ab. Der Beschluss des VGH ist nicht anfechtbar (10 S 461/20).

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Erstellt:
15. Mai 2020, 15:31 Uhr

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