Zug entgleist bei Riedlingen

Landwirt war als einer der Ersten vor Ort – „habe sofort zwei Tote gesehen“

Am Sonntagabend hört Landwirt Johannes Figel einen Knall. Der 36-Jährige fährt mit seinem Traktor los – und ist als einer der Ersten am Ort des schweren Zugunglücks.

Landwirt und Ersthelfer: Johannes Figel

© Florian Dürr

Landwirt und Ersthelfer: Johannes Figel

Von Michael Bosch und Florian Dürr

Das beschauliche Riedlingen-Zell (Kreis Biberach) war bis zum Sonntagabend selbst in Baden-Württemberg vielen kein Begriff. Am Montagmorgen war der Ort im Südosten Baden-Württembergs deutschlandweit in den Nachrichten. Der Grund ist ein tragischer: Dort hat sich ein schweres Zugunglück ereignet. Drei Menschen kamen ums Leben – es gab zahlreiche Verletzte.

Das Örtchen, das zu trauriger Berühmtheit gelangte, ist die Heimat von Johannes Figel. Der Landwirt war am Sonntagabend mit seinem Traktor unterwegs – und als einer der Ersten am Unfallort. „Den Knall habe ich jetzt noch in den Ohren“, sagt er am Montag, als die Bergung des Zuges in vollem Gange ist.

Nach Zugunglück: „Hat wie im Krieg ausgesehen“

Es habe wie im Krieg ausgesehen, „wie in der Ukraine“, sagt Figel, „nur halt nicht mit Häusern“. Es sei zunächst totenstill gewesen, dann habe sich die Rettungsmaschinerie in Gang gesetzt, er mittendrin. Ruckzuck seien sehr viele Rettungskräfte – zunächst die Freiwillige Feuerwehr, dann auch Polizei und andere – gekommen.

Spurlos sind die Ereignisse nicht an Figel vorbeigegangen. Das sieht man, als er über die Ereignisse vom Vorabend redet. „Ich habe sofort zwei Tote gesehen“, erzählt der 36-Jährige, es sei „sehr, sehr schlimm gewesen“. Er hat trotzdem sofort angepackt. Sieben Hubschrauber seien kurz nach dem Unglück in der Luft über dem Örtchen gekreist, fünf der Fluggeräte seien auf einer Wiese gelandet, erinnert er sich. Auch Drohnen seien unterwegs gewesen und hätten gefilmt.

Landwirt als Ersthelfer ist „stolz“ und erschöpft

Für Figel sei es eine „sehr kurze Nacht gewesen“, sagt er am Morgen danach. Vorbereitet sei er nicht gewesen, er habe dann geholfen, umgestürzte Bäume zu zersägen und wegzuschaffen. Die Bedingungen seien schwer gewesen, die Räder seines Fahrzeug seien durchgedreht, als er versucht habe einen schweren Baum von den Gleisen zu ziehen. Dass er nur seinen „kleinen Traktor“ mit 115 PS dabei gehabt habe, sei nicht hilfreich gewesen.

Die Bilder der Nacht beschäftigen Figel. Der Zug sei teilweise gar nicht mehr zu erkennen gewesen: überall Trümmerteile und Öl, der Motorblock weggeflogen, eine Achse komplett herausgerissen.

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Die Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr und sonstigen Rettungskräften habe sehr gut funktioniert, sagt Figel. „Alle waren sehr nett, das hat super geklappt“, sagt er. Auch Seelsorger seien schnell vor Ort gewesen – und hätten auch bei ihm nachgefragt. Schon in der Nacht habe ihm ein Polizist geraten, möglichst nicht auf die Leichen zu achten: „Schau nach oben, nach unten oder senkrecht. Guck nicht, was alles passiert ist“, habe er ihm gesagt, erinnert sich Figel.

Er sei „stolz, dass er einen Beitrag geleistet“ habe und etwas helfen konnte, sagt Figel. Auch wenn es eine Tragödie sei, das „Leben geht weiter“. Einen Ratschlag für seine Mitmenschen in Zell und anderswo hat der Landwirt auch noch: „Haltet zusammen und ‚schwätzet’ miteinander – das ist das allerwichtigste.“

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Erstellt:
28. Juli 2025, 17:06 Uhr
Aktualisiert:
28. Juli 2025, 18:09 Uhr

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