Phänomen am Nachthimmel
Leuchtende Wolken noch bis Ende Juli sichtbar
Silberne Schleier am Nachthimmel: Leuchtende Nachtwolken verzaubern den Sommer von deutschen Nachtschwärmern – ein Naturphänomen.

© wetteronline.de
Bänder, Wellen oder Wirbel ziehen sich über den Horizont.
Von Michael Bosch
Ein seltenes Naturschauspiel erhellt derzeit die kurzen Sommernächte: Bis Ende Juli können aufmerksame Beobachter mit etwas Glück silbrig-blaue Schleier am Nordhorizont entdecken – die sogenannten Leuchtenden Nachtwolken. Diese faszinierenden Gebilde tauchen meist in den späten Abendstunden bis Mitternacht und wieder ab etwa 3 Uhr morgens auf.
Meteorologe Niklas Weise von WetterOnline erklärt: „Leuchtende Nachtwolken erscheinen, wenn die Sonne bereits untergegangen ist, aber die höchsten Atmosphärenschichten noch schräg beleuchtet.“ Besonders eindrucksvoll sind die feinen, faserigen Strukturen, die sich als Bänder, Wellen oder Wirbel in schimmerndem Blau oder blassem Gelb über den Himmel ziehen.
Leuchtende Nachtwolken: Eisige Geheimnisse in extremer Höhe
Diese ungewöhnlichen Wolken entstehen in einer Höhe von 80 bis 85 Kilometern, in der Mesosphäre, einer der kältesten Regionen unserer Atmosphäre. Hier herrschen Temperaturen von unter minus 130 Grad Celsius. Die Wolken selbst bestehen aus winzigen Eiskristallen, sind extrem dünn und daher tagsüber unsichtbar.
Im Gegensatz zu den unteren Luftschichten kühlt sich die obere Atmosphäre im Sommer sogar ab. Dies liegt daran, dass die Troposphäre, die Schicht, in der unser Wetter stattfindet, wie eine isolierende Decke wirkt und den Wärmetransport nach oben behindert. Dadurch wird die Mesosphäre kälter und dünner – ideale Bedingungen für die Bildung dieser seltenen Eiskristallwolken.
Leuchtende Nachtwolken: Klimawandel befördert das Phänomen?
Wissenschaftler beobachten seit Jahren eine Zunahme von Leuchtenden Nachtwolken, sowohl in ihrer Häufigkeit als auch in ihrer Ausbreitung nach Süden. Der Klimawandel könnte hier eine Rolle spielen: Während sich die Erde am Boden erwärmt, kühlt die Mesosphäre durch komplexe Wechselwirkungen mit Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan ab.
Zusätzlich verändert Methan die chemische Zusammensetzung der hohen Atmosphäre. Es reagiert unter anderem zu Wasser, einem wichtigen Bestandteil für die Wolkenbildung in diesen extremen Höhen, wo Wasser eigentlich Mangelware ist. Auch die Mesosphäre selbst schrumpft messbar, um bis zu 200 Meter pro Jahrzehnt.
Leuchtende Nachtwolken: Wie sieht man sie am besten?
Die genauen Ursachen für die Entstehung und die zunehmende Häufigkeit von Leuchtenden Nachtwolken sind noch nicht vollständig geklärt. Fest steht jedoch, dass dieses spektakuläre Naturschauspiel nicht nur ein ästhetischer Höhepunkt des Sommers ist, sondern auch ein sensibler Indikator für tiefgreifende Veränderungen in unserer Atmosphäre.
Wer die Leuchtenden Nachtwolken selbst erleben möchte, sollte sich an klaren Abenden einen Ort mit freiem Blick nach Norden suchen und die stillen Botschaften der Atmosphäre auf sich wirken lassen.