Lieber in den eigenen vier Wänden gruseln

Im Zuge der Coronapandemie müssen die Halloweenfans doppelt starke Nerven haben. Umherziehen ist nämlich nicht angesagt.

Diese witzigen Mumienlichter stehen ganz im Zeichen des angloamerikanischen Kulturimports Halloween. Foto: T. Sellmaier

© sellmaier

Diese witzigen Mumienlichter stehen ganz im Zeichen des angloamerikanischen Kulturimports Halloween. Foto: T. Sellmaier

Von Simone Schneider-Seebeck

BACKNANG. Hat man sich im vergangenen Jahr noch gemeinsam auf Partys gegruselt und Stunden vor dem Spiegel verbracht, um sich ein möglichst schauriges Aussehen zu geben, fällt Halloween in diesem Jahr schlichtweg flach.

Schon zu Wochenbeginn hatte sich sogar Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha eingeschaltet und die Bevölkerung dazu aufgerufen, die beliebten Klingeltouren zu unterlassen. Der Kanzlerinnenappell vom Mittwoch hat diesen Aufruf nochmals auf eine ganz andere Ebene gehoben. Auch Richard Sigel, der Landrat des Rems-Murr-Kreises, lässt sich mit mahnenden Worten vernehmen: „Von Tür zu Tür ziehen und Süßigkeiten sammeln, ist dieses Jahr fehl am Platz. Die Gefahr, sich mit dem Coronavirus anzustecken oder es zu verbreiten, ist zu groß. Bleiben Sie bitte mit Ihrer Familie zu Hause und feiern Sie dort Halloween. Jeder und jede von uns muss jetzt verantwortungsvoll handeln – auch wenn es manchmal schwerfällt. Happy Halloween.“

Gesundheitsminister Lucha betont: „Natürlich wird niemand kontrollieren, ob ein paar Nachbarskinder bei Ihnen klingeln und Gummibärchen erpressen. Aber es ist ganz sicher nicht die Zeit, zu zehnt um die Häuser zu ziehen oder gar richtige Umzüge zu veranstalten.“ Schließlich bestehe immer die Gefahr, bei Menschen zu klingeln, die krank sind oder die sich gerade in Quarantäne befinden. Doch damit die Kleinen und nicht ganz so Kleinen nicht allzu enttäuscht sind, haben sich manche Eltern ein Ersatzprogramm einfallen lassen. Denn Verkleiden und Süßigkeiten gehören mittlerweile einfach dazu. So berichtet eine Mutter, dass sie mit ihren Kindern zwar eine Tour durch den Ort machen möchte, doch nur „zu Mamis, mit denen es vorher abgesprochen ist und die wahrscheinlich ihre Süßigkeiten vor die Haustür stellen“. Denn: „So ganz ohne geht es nicht, die Kids mussten dieses Jahr schon auf so vieles verzichten.“ Süßis schnappen, ohne klingeln zu müssen, das scheint eine Alternative zu sein.

Seit einiger Zeit leuchten wieder freundliche und schaurige Fratzen auf Balkonen und in Fenstern.

Immerhin können sich die Kleinen dann wenigstens verkleidungsmäßig austoben und diejenigen, die dem ursprünglich irischen Fest sowieso eher kritisch gegenüberstehen, bekommen gar nichts davon mit. Wenn so natürlich auch der Reiz abhanden kommt, ob sich wohl die Tür beim Klingeln wohlwollend öffnen wird oder ob die Streichekiste geöffnet werden darf. Eine andere Mutter plant, mit ihren Kindern verkleidet eine Runde außerhalb des Orts zu drehen, ohne Party und ohne Besucher, und die Leckereien zu verstecken. Gewissermaßen Ostern im Herbst. Das hat im Dunkeln bei Mondenschein auch etwas schön Schauriges, und niemand muss sich hinterher über Zahncreme an der Türklinke ärgern. Wenn man bei Google Maps „Halloween Kirchberg“ eingibt, kann man schauen, wo es dort Süßigkeiten für die kleinen Geister gibt.

In Kindergärten ist Halloween kein großes Thema. Das Schnitzen von Kürbisgeistern ist beliebt, wenn auch eher allgemein auf die Jahreszeit Herbst bezogen. Und so leuchten abends schon seit einiger Zeit wieder freundliche, aber auch schaurige Fratzen auf Balkonen und an Hauseingängen. Übrigens soll das der irischen Legende nach an Jack O’Lantern erinnern, der zu Lebzeiten so böse gewesen sein soll, dass nicht einmal der Teufel ihn bei sich in der Hölle haben wollte. Der Höllenfürst schenkte ihm jedoch aus Mitleid ein Stück glühende Kohle. Mit der leuchtenden Kohle in einer ausgehöhlten Rübe geistert Jack O’Lantern nun immer in der Zeit um Allerheiligen durch die dunklen Nächte.

Unsere nicht repräsentative Umfrage hat gezeigt: Man ist kreativ und lässt sich etwas einfallen. Eingefleischte Halloweenfans lassen sich sowieso nicht davon abbringen, ihre Wohnstätte in eine Gespenstervilla zu verwandeln. So steht etwa in Leutenbach ein Haus, das sich jedes Jahr wieder in eine Stätte des Grauens verwandelt. Das weibliche Familienoberhaupt der Familie lässt sich immer wieder etwas ganz Besonderes für diese eine Nacht einfallen – von schauerlichen Geräuschen, die zu hören sind, sobald man sich der Tür nähert, über eine fantasievoll geschmückte Fassade bis zu entsprechend angerichteten Leckereien, die den erwarten, der sich an diesem Abend überhaupt noch ins Haus traut.

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Erstellt:
31. Oktober 2020, 11:30 Uhr

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