FDP-Parteitag in Potsdam
Lindner verhöhnt Habeck – und will mit Merz regieren
Schwarz-Grün dürfe es nicht geben, warnt FDP-Chef Christian Lindner. Die FDP werde nicht gemeinsam mit den Grünen regieren, sagt er beim Parteitag in Potsdam. Und hofft, so werde die FDP den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.

© dpa/Michael Kappeler
Klare Ansage beim Parteitag: FDP-Chef Christian Lindner will nicht mit den Grünen regieren.
Von Tobias Peter
Friedrich Merz oder Olaf Scholz? Darum geht es, glaubt man FDP-Chef Christian Lindner, bei dieser Bundestagswahl längst nicht mehr. Lindner oder der Grünen-Politiker Robert Habeck – wer wird dem nächsten Kabinett angehören? „Das ist die entscheidende Frage dieses Wahlkampfs“, ruft Lindner in die Reihen des FDP-Sonderparteitags in Potsdam. Dafür erhält er stehenden Applaus.
Zwei Wochen vor der Bundestagswahl steht das Schicksal der FDP auf der Kippe. In Umfragen liegt die Partei meist unter der Fünf-Prozent-Hürde. Lindner – seit Ende 2013 Vorsitzender der FDP und damit so lange an der Spitze der Partei wie kein anderer – setzt nun alles auf eine Karte.
Der entlassene Bundesfinanzminister hat eine Botschaft für die Wählerinnen und Wähler mitgebracht, die auf diesem Parteitag einstimmige Unterstützung erhalten wird. „Sobald die FDP dem Deutschen Bundestag angehört, ist allein schon rechnerisch eine schwarz-grüne Mehrheit ausgeschlossen“, sagt Lindner. Allein das sei schon ein Grund für die Wahl der FDP, fügt er hinzu. Der FDP-Chef donnert ins Mikrofon: „Nach der nächsten Bundestagswahl werden die Freien Demokraten keine Regierung gemeinsam mit den Grünen bilden.“
Die Kampfansage von Friedrich Merz
Lindner reagiert damit auch auf die Strategie des Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz, der zuletzt aggressiv um Stimmen von FDP-Wählern geworben hat. „Vier Prozent sind vier Prozent zu viel für die FDP und vier Prozent zu wenig für die Union“, hat der CDU-Chef gesagt. Es war eine Kampfansage. Ein Zeichen, dass Merz jede potenzielle Stimme für die Union gewinnen will – auch wenn das bedeutet, dass die FDP dem nächsten Bundestag nicht angehört. Die Botschaft der FDP ist nun: Ein Kanzlerwechsel reiche nicht aus – es brauche einen echten Politikwechsel. Und den gebe es nur mit der FDP. Merz habe gesagt, er könne sich einen Wirtschaftsminister Robert Habeck vorstellen. Lindner betont, das könne er nicht mehr. „Was macht Robert Habeck eigentlich beruflich?“, höhnt er. Für die Sorgen der Wirtschaft interessiere sich der Grünen-Politiker jedenfalls nicht genug.
Strategisch sieht die Sache so aus: Die Warnung vor Schwarz-Grün könnte Wechselwähler ansprechen, die zwischen Union und FDP schwanken. Gleichzeitig rechnen viele ohnehin eher mit einer Koalition aus Union und SPD – zumal CSU-Chef Markus Söder Schwarz-Grün ausschließt. Eine Regierungsbeteiligung der FDP wäre im Fall ihres Einzugs in den Bundestag in einer Deutschlandkoalition aus Union, SPD und FDP vorstellbar. Nach der Ampel sind aber Dreierbündnisse wenig beliebt. Und worum geht es inhaltlich? Lindner verspricht eine andere Wirtschaftspolitik mit niedrigeren Steuern für die Unternehmen und Bürokratieabbau. Das sei in der Ampel nicht möglich gewesen. Deshalb habe es keine andere Wahl gegeben, als diese zu beenden, betont der FDP-Chef. „Wir hätten unsere Ämter retten können“, sagt Lindner. „Wir hätten die Selbstachtung verloren und dem Land geschadet.“
Der 46-Jährige gilt als hervorragender Redner, der den Wechsel zwischen lauten und leisen Tönen beherrscht. Diesmal ist die ganze Rede druckvoll. Er ruft seine Sätze laut und stakkatoartig ins Mikrofon.
Die Abstimmungen zur Migration
Der persönliche Druck auf Lindner ist noch einmal gewachsen, weil die FDP im Bundestag bei den Abstimmungen über die Migrationspolitik ein gespaltenes Bild abgegeben hat. Die Mehrheit der Fraktion hat – wie auch der FDP-Chef selbst– dem Unionsantrag zur Migrationspolitik und dem Zustrombegrenzungsgesetz zugestimmt. Eine Mehrheit für das Gesetz ist aber auch deshalb nicht zustande gekommen, weil die Zahl der Abweichler aus Reihen der FDP sehr groß war. Diese FDP-Abgeordneten wollten nicht gemeinsam mit der AfD stimmen.
Lindner wirft dem Unionskandidaten Merz nun einerseits vor, dieser habe durch das Einbringen seines Antrags in der Endphase des Wahlkampfs den Fokus von der Wirtschaftspolitik weggenommen. Gleichzeitig lässt er an seiner inhaltlichen Zustimmung keinen Zweifel. „Die AfD macht man nicht klein mit Lichterketten“, ruft er den Delegierten zu. „Die AfD macht man klein, indem man die Probleme klein macht, die diese Partei einst groß gemacht haben.“