Linke Aktivisten von Polizei abgeführt

Beamte der Bundespolizei haben am Sonntagabend zwei Personen am Flughafen festgenommen. Linke Aktivisten werfen den Polizisten „Unverhältnismäßigkeit“ vor.

Von Michael Bosch

Stuttgart - „Maßlos, unverhältnismäßig und völlig überzogen“ – So bewerten linke Aktivisten zwei Festnahmen am vergangenen Sonntag am Stuttgarter Flughafen. Laut der Solidaritätsnetzwerk Augsburg, zu dem zumindest eine der Personen gehört, wurde diese und eine Begleitung kurz vor der Passkontrolle abgefangen und abgeführt.

Laut den Aktivisten hat die Polizei beabsichtigt, die Festnahme möglichst „still und heimlich“ über die Bühne zu bringen. Das hätten sie aber nicht zugelassen. „So wurden die rund 200 Mitpassagiere des Fluges durch laute Ansprachen der Aktivisten und Aktivistinnen darüber in Kenntnis gesetzt, warum sie hier abgefangen und festgenommen werden“, heißt es in einer Mitteilung der Gruppe. Die Mitglieder seien von der Bundespolizei wie Terroristen abgeführt“worden, beklagen sie. Die Polizei bestätigt zwei Festnahmen. Die Aktivisten seien in die Diensträumlichkeiten der Bundespolizei verbracht worden.

Ein Sprecher der Bundespolizei zeichnet ein anderes Bild von dem, was am Sonntagabend am Flughafen geschah. Das Vorgehen der Kollegen am Flughafen sei aufgrund eines Gerichtsbeschlusses erfolgt und „stelle im Allgemeinen alltägliche polizeiliche Maßnahmen dar“.

Womöglich stand die Festnahme im Zusammenhang mit Zusammenstößen zwischen der Gruppe und Anhängern des Rechtsextremisten Martin Sellner Anfang Juni in der Nähe von Augsburg. Die Stadt hatte gegen den Vordenker der Rechten und Kopf der Identitären Bewegung ein Betretungsverbot ausgesprochen. Ärger gab es dennoch. Mutmaßlich griffen die Linken die Sellner-Unterstützer an. Die Polizei schritt ein. Gegen die Angreifer wird nun ermittelt; ihnen wird schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen.

Zuletzt hatte es auch Razzien gegen acht Mitglieder der Gruppe gegeben, darüber berichtete die „Augsburger Allgemeine“. „Die Kriminalpolizei Augsburg hat mehrere Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts wegen des Verdachts des besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs vollzogen“, zitiert die Zeitung eine Sprecherin.

Laut der Gruppe gab es zuletzt acht Hausdurchsuchungen in Augsburg, der neunte Aktivist wurde „wohl nicht angetroffen“, weil er im Urlaub war und wurde „schließlich auf seiner Rückreise aus dem Urlaub am Flughafen Stuttgart aufgegriffen“, berichtet das Solidaritätsnetzwerk Augsburg.

Die Bundespolizei bestätigt die Vermutung der Aktivisten, dass sie mit den Behörden in Augsburg zusammenarbeiteten. „Grund für die Mitnahme zur Dienststelle der Bundespolizei war ein Beschluss des Amtsgerichts Augsburgs zur Beschlagnahme von Beweisgegenständen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens“, teilt ein Sprecher auf Nachfrage mit. Es seien Beweismittel beschlagnahmt worden.

Was die Polizei beschlagnahmte, teilen die Aktivisten selbst mit: elektronischen Geräte. Die Durchsuchung dauerte laut den Festgenommenen bis tief in die Nacht. Auch die zweite Person, die den neunten Aktivisten begleitete, wurde wohl durchsucht. „Da die Bundespolizei jedoch wusste, dass dies keinerlei rechtliche Grundlage hat, da sie nicht als Beschuldigte zählt, wurden ihr ihre Gegenstände wieder überlassen“, heißt es.

Das Solidaritätsnetzwerk beklagt in Augsburg eine „Zuspitzung der Repression“. Bereits wegen „kleinster Dinge, wird in Augsburg besonders hart gegen Aktivisten und Aktivistinnen vorgegangen“, heißt es. Aus Sicht der bayrischen Behörden ist das auch begründet.

Die Gruppe taucht im aktuellen Bericht des bayerischen Verfassungsschutzes auf. Konkret geht es im Kapitel zu „Linksextremismus“ um eine Kundgebung anlässlich der Bundeskanzler-Wahl von Friedrich Merz. Dabei soll das „Solidaritätsnetzwerk“ auf eine Stellungnahme der „Föderation Klassenkämpferischer Organisationen“ (FKO) verwiesen haben, in der gegen das politische und wirtschaftlich System der Bundesrepublik Deutschland, das die Szene „kategorisch ablehnt“, gewettert werde.

Zum Artikel

Erstellt:
8. August 2025, 22:10 Uhr
Aktualisiert:
9. August 2025, 21:55 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen