Luca Schüle startet mit seinem Küchenkönnen durch

Erfolgsgeschichte eines 22-Jährigen aus Waldrems: Vom Berufsbildungswerk zum Weltmarktführer für Reinigungstechnik

Wie schneidet man eine Ananas auf? Solche Handgriffe lernt man in der Ausbildung zum Fachpraktiker Küche. BBW-Ausbilder Holger Wahl schaut Luca Schüle dabei über die Schulter. Foto: privat

Wie schneidet man eine Ananas auf? Solche Handgriffe lernt man in der Ausbildung zum Fachpraktiker Küche. BBW-Ausbilder Holger Wahl schaut Luca Schüle dabei über die Schulter. Foto: privat

BACKNANG/WAIBLINGEN (pm). In der Großküche des Berufsbildungswerks Waiblingen herrscht Hochbetrieb: Gleich ist die Feierstunde zu Ende, in der die Absolventen ihre Abschlusszeugnisse erhalten. Und jeden Moment kommen die Gäste und Grußwortredner zum gemeinsamen Abendessen in den Speisesaal – dann muss alles fertig sein. Luca Schüle weiß, was in diesen Minuten in den Köpfen des Küchenpersonals vor sich geht, kennt die Anspannung, wenn mehrere Hundert Portionen pünktlich auf dem Tisch stehen müssen. Doch heute steht er nicht selbst an den Töpfen. Heute kann er sich an einen der geschmackvoll gedeckten Tische setzen, sich entspannt zurücklehnen und auf seine Ausbildung zum Fachpraktiker Küche zurückblicken.

Welcher Beruf ist der richtige? Als Luca vor vier Jahren ins BBW Waiblingen kam, war ihm noch nicht bewusst, dass er sein berufliches Glück in der Küche finden würde. Eigentlich war sich der damals 18-Jährige überhaupt nicht sicher, was er einmal werden wollte. Der junge Mann war schüchtern und zurückhaltend. Er nutzte eine elfmonatige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB), um sich in den BBW-Werkstätten in unterschiedlichen Berufen auszuprobieren. „Mein Papa und mein Bruder arbeiten im Metallbereich, also habe ich dieses Berufsfeld getestet“, blickt Luca zurück. Schnell habe er gemerkt, dass Feilen und Schleifen nichts für ihn sei.

Beim Praktikum in der BBW-Küche sah es schon anders aus. „Kochen hat mir mehr Spaß gemacht“, sagt der junge Mann, der in Waldrems zu Hause ist. Nachdem die Agentur für Arbeit für die Finanzierung grünes Licht gegeben hatte, begann er im Herbst 2016 im BBW Waiblingen eine dreijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Fachpraktiker Küche. In diesem Beruf kontrolliert man Waren, erledigt Vorbereitungsarbeiten für die Herstellung von Gerichten, bereitet einfache Speisen, Suppen und Soßen zu, stellt Gebäck und Süßspeisen her und bedient und hält Arbeitsgeräte und Gebrauchsgegenstände instand. „Damals war Luca scheu und hat nicht viel gesprochen“, erinnert sich Ralf Winter, Sozialpädagoge am BBW Waiblingen. Erst in regelmäßigen Gesprächen habe Luca gelernt, seine Bedürfnisse in Worte zu fassen und selbstsicherer zu werden. Die sozialpädagogische Begleitung ist ein wichtiges Standbein der Ausbildung am BBW. Auch dank dieser Unterstützung hat Luca schnell in der Ausbildungsgruppe Fuß gefasst, sei akzeptiert und integriert worden. Bei Ausbilderin Hiltrud Hochstraß und Ausbilder Holger Wahl lernt Luca nicht nur das Einmaleins des Kochens, sondern auch, wie wichtig Hygienevorschriften und das schöne Anrichten der Speisen sind. „Das, was ich kann, kann ich durch sie“, zollt Luca Schüle seinen Ausbildern Dank. Mittlerweile bekocht er seine ganze Familie – am liebsten mit schwäbischen Gerichten. „Mir gefällt es, wenn man für andere etwas Gutes tun kann und es ihnen schmeckt.“

Ein Praktikum in der Kantine der Firma Kärcher hat den heute 22-Jährigen in seiner Berufsentscheidung bestärkt und ihm eine Tür in den Arbeitsmarkt geöffnet. „Mensch Luca, komm doch wieder“, hieß es am Ende aus dem Kollegenkreis. Und so fasst sich der junge Waldremser ein Herz und schreibt eine Bewerbung an die Alfred Kärcher SE&Co. KG. Als er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, kann er sein Glück kaum fassen – und ist total aufgeregt. Luca bekommt einen Zweijahresvertrag: „Ich war so stolz! Es war wie ein Sechser im Lotto!“ Dann kommen die Prüfungen – und die Prüfungsangst. Eigentlich gibt es keinen Grund dafür. Immerhin hat Luca neben seiner Ausbildung sogar den Führerschein gemacht. Und trotzdem ist sie da. Lucas Eltern, die ihren Sohn von Beginn an in seinem Berufswunsch unterstützen, finden eine außergewöhnliche Lösung. Vor der schulischen Prüfung verreisen Papa Horst Schüle und Luca. Die gemeinsamen Tage sind geprägt von einem Mix aus Lernübungen und Freizeitgestaltung. Das gibt dem Azubi zusätzlich Sicherheit und lässt ihn diesen Prüfungsteil erfolgreich bestehen. Als schließlich der Praxistest ansteht, drückt die komplette Kärcher-Kantinenmannschaft die Daumen. In drei Stunden müssen Luca und drei weitere Kochprüflinge aus dem BBW eine Minestrone, Tomate-Mozzarella auf Rucola und ein Kalbsragout mit Spätzle auf den Tisch bringen. Sie schaffen es.

Kalbsragout mit Spätzle gibt es nach der Zeugnisausgabe im BBW nicht, aber Kartoffelsalat und verschiedene Varianten Grillspieße lassen sich Luca und seine Eltern, die ihn an diesem wichtigen Tag begleiten, schmecken. Sie sind mächtig stolz und freuen sich über die enorme Entwicklung ihres Sohnes. Luca wird für einen Moment nachdenklich: „Das BBW Waiblingen hat mir sehr geholfen. Wer weiß, was gewesen wäre, wenn ich die Ausbildung nicht hier gemacht hätte.“

Ringsum herrscht ausgelassene Stimmung. Immerhin hat mehr als die Hälfte der jungen Frauen und Männer schon einen Arbeitsplatz in der Tasche. So wie Luca. Doch während sich die anderen Absolventen auf ein paar Tage Ferien freuen, hat Luca nur seinen neuen Job im Visier und zählt schon die Tage, bis es endlich mit der Arbeit für ihn losgeht.

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Erstellt:
21. August 2019, 11:30 Uhr

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