„Luftbrücke Kabul“ bekräftigt Vorwürfe gegen Bundesregierung

dpa Berlin. Haben das Auswärtige Amt und das Innenministerium die Evakuierung von afghanischen Ortskräften durch eine private Rettungsinitiative aktiv blockiert? Die „Luftbrücke Kabul“ erhebt schwere Vorwürfe.

Außenminister Heiko Maas (l, SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU). Eine Rettungsinitiative macht den Ministerien der beiden schwere Vorwürfe. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Außenminister Heiko Maas (l, SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU). Eine Rettungsinitiative macht den Ministerien der beiden schwere Vorwürfe. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die Rettungsinitiative Luftbrücke Kabul hat ihre Vorwürfe gegen die Bundesregierung wegen fehlender Unterstützung und massiver Widerstände gegen private Evakuierungsflüge von Schutzbedürftigen aus Afghanistan bekräftigt.

„Die eigentliche Mutter aller Probleme im Zusammenhang mit dieser Evakuierungsmission ist ohne Zweifel das Bundesinnenministerium“, sagte Mitinitiator Ruben Neugebauer am Mittwoch in Berlin. Es habe „schlicht der politische Wille gefehlt“, möglichst viele Menschen aus Afghanistan zu retten.

Das Bundesinnenministerium wies die Kritik zurück. Der Sprecher des Ministeriums, Steve Alter, sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Ministerium habe vorab gar keine Kenntnis von dem geplanten Flug gehabt.

Die aus Aktivisten, Nichtregierungsorganisationen und Flüchtlingsinitiativen bestehende Rettungsmission hatte eine privat organisierte und mit Spenden finanzierte Chartermaschine nach Kabul geschickt. Insgesamt 350.000 Euro habe die Mission gekostet, an dessen Ende nur 18 gefährdete Ortskräfte unter „immensem Aufwand“ in Sicherheit gebracht worden seien - „dabei hätten es hunderte mehr sein können“, so die Initiatoren. Vor allem Dank der Unterstützung britischer und amerikanischer Truppen sei das Vorhaben am Ende noch erfolgreich gewesen.

Nach Darstellung der Aktivsten haben das Auswärtige Amt und das Innenministerium die Aktion hingegen „aktiv blockiert“. Das Erlebte mache sprachlos und wütend und zeige eine „bürokratische und politische Verhinderungstaktik“, erklärten die Initiatoren. „Es entsteht der Eindruck, dass man hier die Debatte nicht mehr vor der Bundestagswahl haben wollte, dafür ist man am Ende wahrscheinlich über Leichen gegangen“, sagte Neugebauer. „Man hätte die Zeit gehabt und man hätte die Möglichkeiten gehabt, die Leute rechtzeitig da rauszuholen.“

Das Auswärtige Amt wies Vorwürfe am Mittwoch erneut zurück und warnte vor Vereinfachungen bei der Beschreibungen einer Lage in Kabul, die sehr kompliziert gewesen sei. Das Ministerium habe das Projekt vielfach unterstützt und - anders als dargestellt - auch eine angeblich nicht geschickte Mail versandt, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Die Vorstellung, eine solche, tagelang geplante Operation könne wegen einer Mail abgeblasen werden, „entspricht wirklich nicht den Realitäten in einer solchen Situation“. Es habe keine Weigerung und keine Blockade gegeben. Der Initiative sei aber von Anfang an klargemacht worden, dass Kapazitäten zur Hilfe vor Ort begrenzt seien - wegen der laufenden staatlichen Evakuierungsoperation.

Die Initiative bekräftigte erneut ihre Forderungen nach sicheren Fluchtwegen, unbürokratischen Luftbrücken aus Nachbarländern sowie einer Öffnung der Evakuierungslisten und einem „Visa upon Arrival“-Verfahren, also der Vergabe eines Visums nach der Ankunft in Deutschland. Dies sei die einzige Möglichkeit jetzt noch selbstorganisiert aus Afghanistan herauszukommen, sagte Neugebauer.

© dpa-infocom, dpa:210901-99-53830/5

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Erstellt:
1. September 2021, 17:35 Uhr

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