Maas will bei Nord Stream 2 hart bleiben

dpa Berlin. Die Bundesregierung blickt dem Machtwechsel im Weißen Haus mit großer Vorfreude entgegen. Eine Charmeoffensive für einen Neustart in den transatlantischen Beziehungen ist bereits in Vorbereitung. Es gibt aber auch Konflikte, die bleiben werden.

Heiko Maas: „Die Bundesregierung wird ihre Haltung zu Nordstream 2 nicht verändern.“. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Heiko Maas: „Die Bundesregierung wird ihre Haltung zu Nordstream 2 nicht verändern.“. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Außenminister Heiko Maas will im Streit mit den USA um die Ostseepipeline Nordstream 2 auch nach dem anstehenden Machtwechsel im Weißen Haus nicht einlenken.

„Wir brauchen nicht über europäische Souveränität zu reden, wenn dann darunter verstanden wird, dass wir in Zukunft alles nur noch machen, wie Washington es will“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die für den 20. Januar geplante Ablösung von US-Präsident Donald Trump durch Joe Biden. „Die Bundesregierung wird ihre Haltung zu Nordstream 2 nicht verändern.“

Die zwei Mal 1200 Kilometer lange Gasleitung von Russland nach Deutschland ist zu 94 Prozent fertig gebaut. Die USA versuchen sie trotzdem noch mit Sanktionen zu stoppen und drohen auch deutschen Unternehmen. Die Amerikaner begründen ihre Ablehnung des Projekts mit zu großer Abhängigkeit ihrer europäischen Partner von russischem Gas. Pipeline-Befürworter werfen den USA dagegen vor, nur ihr Flüssiggas in Europa besser verkaufen zu wollen.

Biden lehnt Nord Stream 2 wie Trump ab. Maas sagte dazu, es werde auch künftig Themen geben, bei denen man unterschiedlicher Auffassung mit den USA sei. „Wichtig ist, dass wir in den zentralen strategischen und geopolitischen Fragen eine gemeinsame Linie haben, auf der gleichen Seite des Feldes stehen.“

In der vierjährigen Regierungszeit Trumps waren die deutsch-amerikanischen Beziehungen wegen zahlreicher Streitthemen auf einen Tiefpunkt abgesackt. Der „America First“-Präsident hat die stärkste Wirtschaftsmacht Europas nicht wie einen Verbündeten, sondern wie einen Gegner behandelt, den er in einem Atemzug mit China und Russland nannte und sogar mit Sanktionen traktierte.

Die Bundesregierung wirbt nun für einen Neuanfang, Maas spricht von einem „New Deal“. Es wird eins seiner wichtigsten außenpolitischen Projekte im kommenden Jahr werden. Vor allem hofft man in Berlin auf eine deutliche bessere Zusammenarbeit bei internationalen Themen wie dem Klimaschutz, dem Atomstreit mit dem Iran oder der Zusammenarbeit in den Vereinten Nationen.

Schwieriger wird es bei einer Reihe bilateraler Themen, bei denen Biden Deutschland wahrscheinlich mit einer ähnlichen Erwartungshaltung konfrontieren wird wie Trump. Nord Stream 2 ist bei weitem nicht das einzige.

- VERTEIDIGUNGSAUSGABEN: Wie Trump wird wohl auch Biden darauf pochen, dass die europäischen Verbündeten sich an das Ziel halten, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ins Militär zu investieren. Deutschland hat als wirtschaftsstärkstes Nato-Land nach den USA seinen Anteil 2020 zwar im Vergleich zum Vorjahr von 1,36 auf 1,57 Prozent gesteigert. Das liegt aber vor allem an dem Konjunktureinbruch wegen der Corona-Pandemie.

Der SPD-Politiker Maas bekannte sich im dpa-Interview zwar zu dem Nato-Ziel, das in seiner eigenen Partei umstritten ist. Er betonte aber auch, dass im Zuge der Corona-Krise alle Staaten ihre Finanzen neu ordnen müssten. „Danach wird man darüber reden müssen, was bedeutet das für den eingeschlagenen Pfad und für das Ziel insgesamt.“

- US-ATOMBOMBEN IN DEUTSCHLAND: Im rheinland-pfälzischen Büchel in der Eifel sollen noch etwa 20 US-Atombomben lagern, für deren Abzug immer wieder auch führende SPD-Politiker plädieren. Im Ernstfall sollen die Bomben von Bundeswehr-Kampfjets abgeworfen werden. Das nennt man in der Nato „nukleare Teilhabe“.

Maas äußerte zwar Verständnis für die Vorbehalte in seiner Partei gegen die Lagerung der Bomben in Deutschland. Allerdings müsse man dabei auch die Sicherheitsbedürfnisse der Nachbarstaaten berücksichtigen. „Das kommt mir in der ganzen Debatte etwas zu kurz. Wenn man sagt, wir wollen als Deutschland aus der nuklearen Teilhabe aussteigen, muss man auch berücksichtigen, was das für unsere Partner bedeutet.“ Gemeint sind damit Länder wie Polen und die baltischen Staaten, die an Russland grenzen und sich von dem hochgerüsteten Nachbarland bedroht fühlen.

- MILITÄRISCHES ENGAGEMENT IN KRISENGEBIETEN: Da werden die Amerikaner auch unter Biden erwarten, dass die Europäer sich stärker um Frieden und Stabilität in der Nachbarschaft kümmern - vor allem in Nordafrika und im Nahen Osten. Das tun die Europäer auch schon, die Bundeswehr zum Beispiel in Mali, mit der Marine im Mittelmeer vor der afrikanischen Küsten oder im Irak. Aber was passiert, wenn irgendwo wieder ein Kampfeinsatz wie zuletzt in Afghanistan im Rahmen der Nato ansteht?

„Wenn man in einem Bündnis ist, muss man natürlich auch die Entscheidungen eines Bündnisses mittragen“, sagte Maas dazu. „Da gibt es nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Und die muss man dann auch ernst nehmen.“ Ziel von Diplomatie müsse es aber immer sein zu verhindern, dass Kampfeinsätze überhaupt erst nötig werden. „Mir ist deshalb wichtig, dass wir auch international viel mehr für die Prävention von Konflikten tun.“

Wann Maas in die USA reisen wird, um über alle diese Fragen zu reden, steht noch nicht fest. Es ist davon auszugehen, dass er - wenn die Corona-Lage es erlaubt - möglicht bald nach der Vereidigung Bidens und dem Amtsantritt seines designierten Außenministers Antony Blinken nach Washington aufbrechen wird.

© dpa-infocom, dpa:201228-99-827144/5

Rohre für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 werden auf dem Gelände des Hafens Mukran bei Sassnitz gelagert. Der Hafen auf Rügen gilt als wichtigster Umschlagplatz für den Bau der Pipeline, deren Fertigstellung die USA unterbinden wollen. Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa

Rohre für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 werden auf dem Gelände des Hafens Mukran bei Sassnitz gelagert. Der Hafen auf Rügen gilt als wichtigster Umschlagplatz für den Bau der Pipeline, deren Fertigstellung die USA unterbinden wollen. Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa

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Erstellt:
28. Dezember 2020, 04:48 Uhr

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