Manches Kind schleppt mehr als nötig

Wie schwer sind die Schulranzen der Grundschüler? – An der Backnanger Mörikeschule haben wir den Test gemacht

Orthopäden raten: Der Schulranzen sollte nicht mehr als zehn Prozent des eigenen Körpergewichts wiegen, bei einem Grundschüler also ungefähr drei Kilogramm. Tatsächlich schleppen viele Kinder aber wesentlich mehr mit sich herum, wie unser Test an der Backnanger Mörikeschule zeigt. Oft liegt das allerdings auch an den Schülern selbst.

Schön bunt, aber manchmal auch ziemlich schwer sind die Ranzen der Grundschüler (von links): Mina, Mia, Elif, Valerie, Kati, Batuhan, Hüsna, Jaden, Viktor, Sali und Emilia. Fotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Schön bunt, aber manchmal auch ziemlich schwer sind die Ranzen der Grundschüler (von links): Mina, Mia, Elif, Valerie, Kati, Batuhan, Hüsna, Jaden, Viktor, Sali und Emilia. Fotos: J. Fiedler

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Früher waren Schulranzen aus schwerem Leder, heute bestehen sie meist aus extra leichtem Kunststoff. Trotzdem haben die Kinder oft viel zu schleppen. Wie viel genau, das wollten wir bei einem Test an der Backnanger Mörikeschule herausfinden. Mit einer Kofferwaage haben wir stichprobenartig die Ranzen von elf Grundschülern von der ersten bis zur vierten Klasse gewogen. Um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, wussten Schüler und Eltern vorher nichts von der Aktion, nur Rektorin Karin Moll und Stufenleiterin Julia Volzer-Kienzle waren eingeweiht.

Auf die Frage, wer denn glaubt, einen besonders schweren Ranzen zu haben, schnellt gleich der Arm von Hüsna nach oben. „Meine Eltern sagen immer, dass mein Ranzen so schwer ist“, erzählt die Drittklässlerin. Wir machen den Test und hängen ihren Ranzen an die Waage: 4,08 Kilo erscheint auf der digitalen Anzeige.

Das ist nicht wenig, wird aber von zwei anderen Schultaschen noch getoppt: Der Ranzen von Jaden wiegt 5,13 Kilo, und Mia trägt sogar 5,93 Kilo auf dem Rücken – für eine Drittklässlerin ist das eindeutig zu viel. Aber warum sind die Ranzen so schwer? Wir werfen zusammen mit den Kindern einen Blick in ihre Taschen. In Jadens Ranzen finden sich ein Schirm, ein schweres Lesebuch und jede Menge Hefte: Deutsch, Englisch, Sachkunde – alles ist drin, obwohl an diesem Tag nur Mathe, Religion und Musik auf dem Stundenplan stehen. „Da sollte ich mal ausmisten“, räumt der Viertklässler selbstkritisch ein. In der Seitentasche findet sich auch noch eine sogenannte Powerbank fürs Handy. „Die gehört meinem Bruder. Der wollte damit gestern sein Handy aufladen und hat sie dort reingesteckt“, erzählt Jaden.

Auch in Hüsnas Ranzen sind Dinge verstaut, die dort nicht unbedingt sein müssten, zum Beispiel ein Malbuch („Das habe ich da reingelegt, aber ich weiß nicht mehr warum.“) oder ein noch original verpacktes Radiergummi-Set mit Bauernhof-Motiven („Das habe ich zum Geburtstag bekommen.“).

Gleich drei Vesperboxen finden sich in Mias Schulranzen („Die hatte ich in der Schule vergessen.“). Für das Gewicht sind bei ihr aber vor allem zwei schwere Lesebücher aus dem Deutschunterricht verantwortlich. „Die muss ich mitnehmen, weil wir als Hausaufgabe lesen müssen“, erklärt die Drittklässlerin.

Es gibt aber auch Schüler mit wesentlich leichteren Schulranzen: Bei fünf Kindern liegt das Gewicht zwischen drei und vier Kilo, drei Schüler müssen sogar weniger als drei Kilo schleppen: Der Ranzen von Valerie ist mit 2,48 Kilo der leichteste. Auch da wollen wir natürlich mal reinschauen und finden genau drei Hefte: Mathe, Deutsch und Religion – die Fächer, die heute auf dem Stundenplan stehen. Dazu noch zwei Mäppchen und eine Vesperbox – mehr nicht. „Die Bücher lasse ich immer in der Schule“, verrät die Zweitklässlerin.

Um so einen leichten Ranzen zu haben, muss man sich allerdings möglichst schon am Abend vorher überlegen, was man am nächsten Tag in der Schule braucht. Frage in die Runde: Wer macht das? Außer Valerie meldet sich nur noch Batuhan, bei den Erstklässlern sind fürs Packen noch die Mütter zuständig.

Bücher können im

Klassenzimmer bleiben

Für die Lehrerinnen bestätigt unsere Stichprobe, was sie täglich erleben: Es gibt Kinder, die ihren Schulalltag schon gut selbst organisieren, aber auch solche, bei denen das noch gar nicht klappt. „Ich hatte schon Schüler, die noch Hefte vom letzten Schuljahr im Ranzen hatten“, erzählt Julia Volzer-Kienzle, die auch jede Menge Spielzeug in den Schultaschen findet. Ihr Appell: „Die Kinder sollten ihren Ranzen selbst packen, aber die Eltern sollten es hinterher noch mal kontrollieren und ab und zu alles raustun, was nicht reingehört.“

Schwere Bücher müssten die Grundschüler in aller Regel nicht schleppen, ergänzt Rektorin Karin Moll. Die könnten im Klassenzimmer in Fächern deponiert werden. Wobei sie auch Eltern kennt, die darauf bestehen, dass ihre Kinder jeden Tag alles mit nach Hause bringen.

Die Rektorin findet das unnötig. Und sie hält auch nichts von der Lösung, dass Eltern – wie sie es manchmal beobachtet – ihren Kindern den Ranzen bis vors Klassenzimmer tragen. Schließlich sollen und wollen Kinder an der Schule Selbstständigkeit lernen: „Die Eltern tun den Kindern damit keinen Gefallen.“

Rekord bei unserer Stichprobe: Der Ranzen von Drittklässlerin Mia wiegt fast sechs Kilogramm.

Rekord bei unserer Stichprobe: Der Ranzen von Drittklässlerin Mia wiegt fast sechs Kilogramm.

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Erstellt:
14. November 2018, 06:00 Uhr

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