„Manches wurde auch verschlimmbessert“

Jobcenter-Chef Gunnar Schwab begrüßt Diskussion über HartzIV

Das Jobcenter Rems-Murr zieht eine positive Bilanz der Entwicklung in diesem Jahr. Die gute wirtschaftliche Lage habe auch auf die Klientel des Jobcenters durchgeschlagen, sagte Geschäftsführer Gunnar Schwab im Sozialausschuss des Kreistags. Die konjunkturellen Risiken nähmen allerdings zu, gab er zu bedenken, man müsse daher mit einer gewissen Skepsis nach vorne schauen. Aber: „Im Moment läuft’s gut.“

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Die Arbeitslosigkeit befinde sich auf einem historischen Tiefstand. Von dieser guten Entwicklung profitierten auch Langzeitarbeitslose, sagte Schwab, ihre Zahl sei ebenfalls so niedrig wie noch nie. Rückgänge verzeichnet das Jobcenter ferner bei der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften und der erwerbsfähigen Leistungsbezieher. Dennoch werden nach wir vor über 18000 Menschen vom Jobcenter betreut, darunter mehr als 8000, die trotz der guten Arbeitsmarktlage seit über zwei Jahren ununterbrochen Leistungen der Grundsicherung beziehen. Sorge bereitet, dass vor allem die Zahl der Kinder in Bedarfsgemeinschaften unverändert hoch bleibt. „Kinderarmut bleibt ein Thema“, sagte Schwab angesichts der Zahl von 5500 Kindern, die im Kreis auf Hilfegelder angewiesen sind. Das Jobcenter hat sich deshalb – neben dem Schwerpunktthema Teilhabe am Arbeitsleben – schon verstärkt den Familien zugewandt. Dieser familienzentrierte Beratungsansatz, in dem es auch um Fragen der Kinderbetreuung, der schulischen Leistungen und des Unterstützungsbedarfs im Alltag geht, soll deshalb konsequent weiterverfolgt werden, kündigte Schwab an. Damit nehme das Jobcenter den präventiven Gedanken stärker auf. Ferner bleibe die Arbeitsmarktintegration Geflüchteter ein Schwerpunktthema. Dabei rückten verstärkt diejenigen in den Fokus, die beim Spracherwerb Schwierigkeiten haben. Gleichzeitig will Schwab die Mitarbeiterqualifizierung intensivieren und an den internen Abläufen arbeiten.

Erfreut zeigte sich der Geschäftsführer darüber, dass über die Hartz-IV-Regelungen diskutiert wird. In den 15 Jahren ihres Bestehens habe es neun Änderungsgesetze gegeben, manches, so beklagte Schwab, sei dabei auch verschlimmbessert worden. „Wir haben auf viele Themen hingewiesen“, fügte er aus Sicht der Jobcenter an und nannte als Beispiel die Zuverdienstregelungen, die seiner Meinung nach großzügiger gestaltet werden sollten. Bedauerlich findet er zugleich, wenn die Arbeit im Jobcenter „in ein schiefes Licht gerückt“ werde, wenn etwa von „Schikane“ gegenüber der Kundschaft die Rede sei. Schwab unterstrich: „Wir wollen Hilfe leisten.“

In der anschließenden Diskussion wies Heinz Franke (SPD) darauf hin, dass viele Menschen mit der normalen Förderung nicht an Arbeit herankommen. An spezifischen Fördermöglichkeiten für Menschen mit Einschränkungen bestehe ein Mangel: „Da hapert’s.“ Angesichts des derzeit herrschenden Fachkräftemangels sei es, so Bernd Messinger (Grüne), wirklich an der Zeit, grundsätzlich über HartzIV nachzudenken. Es gelte, mehr Menschen zu qualifizieren. Seine Fraktionskollegin Ulrike Sturm hakte wegen der Bonuscard nach, die in Stuttgart ausgegeben wird: Den Bewohnern der Landeshauptstadt gehe es dadurch besser als den Menschen an Rems und Murr. Das mochte Gunnar Schwab allerdings nicht so stehen lassen. Im Kreis seien rund 4000 aktive Karten für das Bildungs- und Teilhabepaket im Umlauf. Damit würden etwa 70 bis 75 Prozent des berechtigten Personenkreises abgedeckt.

„Manches wurde auch verschlimmbessert“

© Alexandra Palmizi

Zum Artikel

Erstellt:
3. Dezember 2018, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Jugendliche wollen in 72 Stunden die Welt verbessern

In einer bundesweiten Sozialaktion ruft der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Kinder und Jugendliche dazu auf, für 72 Stunden gemeinnützige Projekte anzugehen. Die katholische Kirche Backnang und die Kirchengemeinde St. Michael Kirchberg nehmen teil.

Stadt & Kreis

Die Konfirmandenarbeit hat sich sehr verändert

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Konfirmandenarbeit stark verändert. Beispiele aus der Region zeigen, dass der Unterricht längst nicht mehr als reine Unterweisung mit Auswendiglernen gesehen wird.