Apothekenreform

Medikamente ohne Rezept: Ärzte warnen vor Warkens Apothekenplan

Ärzteverbände schreiben einen offenen Brief. Ihr Vorwurf: Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) überschreite eine rote Linie.

Zieht sich den Ärger der Ärzteschaft zu: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

© Britta Pedersen/dpa

Zieht sich den Ärger der Ärzteschaft zu: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

Von Norbert Wallet

Die Absicht von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), Apothekern zu erlauben, bestimmte verschreibungspflichtige Medikamente auch ohne ärztliches Rezept an Patienten abzugeben, hat eine ebenso intensive wie kritische Debatte ausgelöst.

Mehr Kompetenzen für Apotheker

Die Ministerin hatte zu Wochenbeginn die Inhalte einer von ihr geplanten Apothekenreform vorgestellt: Warken will damit den Apotheken mehr Kompetenzen und Eigenverantwortung einräumen. Die Reform umfasst Maßnahmen, um die Bürokratie im Alltag einzudämmen. Zudem sollen die Apotheken stärker in die Gesundheitsvorsorge eingebunden werden, etwa bei Impfungen und Vorsorge-Tests. Der brisanteste Punkt ist aber die neue Möglichkeit zur Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne ärztliche Verordnung. Als Beispiel nannte Warken Mittel für chronisch kranke Patienten. Auch bei einer Reihe von grundsätzlich unkomplizierten Erkrankungen sollen Apotheker künftig eigenverantwortlich bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben können. Als Beispiel nannte Warken unkomplizierte Harnwegsinfekte.

Apothekern fehle „die notwendige fachliche Qualifikation“

In der Ärzteschaft sorgt diese Ankündigung für Empörung. Eine Reihe ärztlicher Spitzenverbände hat sich in einem offenen Brief an die Ministerin gewandt. Darin heißt es, der Plan überschreite „eine rote Linie“. Werde die Trennung von Diagnose und Abgabe aufgehoben, „drohen fehlerhafte und damit gefährliche Arzneimitteltherapien“ und ein „Verlust an Patientensicherheit“. Apotheker könnten „nicht zuverlässig erkennen, ob ein vermeintlich unkomplizierter Harnwegsinfekt nicht doch gerade einen komplizierten Verlauf nimmt oder eine andere ernsthafte Erkrankung dahintersteckt“. Sie verfügten nicht „über die notwendige fachliche Qualifikation, eine solche Einschätzung vorzunehmen.“

Die Grünen warnen vor „gefährlichem Irrweg“

Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen, teilt diese Sicht und spricht von einem „gefährlichen Irrweg“. Dahmen sagte: „Wer Medikamente verkauft, sollte nicht zugleich über deren Abgabe entscheiden – das untergräbt Patientensicherheit und öffnet Tür und Tor für Fehlanreize.“

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Christos Pantazis, sagte unserer Zeitung, mehr Verantwortung bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten für Apotheken könne sinnvoll sein. Entscheidend sei, „dass es eine präzise Definition der Bedingungen gibt, unter denen eine Abgabe ohne Rezept erfolgen darf“. Zudem brauche es „verpflichtende und finanzierte Weiterqualifizierungen im Bereich Diagnostik, Beratung und Umgang mit Komplikationen“, sowie Regeln zur Qualitätssicherung und Verfahren zur Rückmeldung an die Ärzte. Auch die Linke hält mehr Eigenverantwortung der Apotheker bei der Versorgung für eine „grundsätzlich gute Idee“, sagt der linke Gesundheitspolitiker Ates Gürpinar.

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Erstellt:
19. September 2025, 16:28 Uhr

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