Mehr als 1,5 Millionen Kinder auf Hartz IV angewiesen

dpa Berlin. Die Zahl der Kinder mit Hartz-IV-Leistungen ist in den vergangenen Jahren zwar zurückgegangen, aber nur leicht. Hartz-IV-Familien mit Kindern seien von der guten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt abgekoppelt.

Mehr als 1,5 Millionen Kinder in Deutschland sind auf Hartz IV angewiesen. Foto: Christian Charisius/dpa

Mehr als 1,5 Millionen Kinder in Deutschland sind auf Hartz IV angewiesen. Foto: Christian Charisius/dpa

Mehr als 1,5 Millionen Kinder in Deutschland sind auf Hartz IV angewiesen. Die Zahl ist innerhalb von drei Jahren leicht gesunken, allerdings ging sie deutlich langsamer zurück als die Zahl der Hartz-IV-Empfänger insgesamt.

Das zeigt eine Auswertung von Daten der Bundesagentur für Arbeit durch den Deutschen Gewerkschaftsbund (DBG). Die Auswertung lag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. DGB, Sozialverband Deutschland und Kinderschutzbund kritisierten die Entwicklung und forderten mehr staatliche Hilfen für Kinder.

Der DGB-Auswertung zufolge ging die Zahl der Kinder bis 14 Jahren in Hartz-IV-Bezug von 1,56 Millionen im Jahr 2016 auf 1,51 Millionen im vergangenen Jahr zurück (minus 3,1 Prozent). Dagegen sank die Zahl aller Personen mit Hartz IV um 10 Prozent. Im vergangenen September waren es insgesamt 5,65 Millionen, 2016 6,20 Millionen.

Die wirtschaftlich gute Lage und die günstige Entwicklung am Arbeitsmarkt hätten nicht dazu geführt, dass sich die Zahl von Kindern in Hartz-IV-Bezug spürbar reduziert habe, hieß es vom DGB. Haushalte mit Kindern seien von der relativ günstigen Entwicklung bei der Anzahl der Hartz-IV-Bezieher weitgehend abgekoppelt.

Die meisten der 1,5 Millionen betroffenen Kinder - rund 840.000 - leben in einem Haushalt, in dem zumindest ein Elternteil erwerbstätig ist. Darunter sind fast 500.000 Kinder, bei denen mindestens ein Elternteil sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte der dpa, niedrige Löhne machten es trotz Arbeit oftmals unmöglich, den eigenen Lebensunterhalt und den eines Kindes aus eigenen Mitteln zu decken. „Kinderarmut in einem reichen Land wie Deutschland ist und bleibt ein nicht hinnehmbarer Skandal.“ Buntenbach forderte ein Aktionsprogramm gegen Kinderarmut, eine Anhebung des Mindestlohns und eine Stärkung der Tarifbindung.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, begrüßte zwar die gesunkene Zahl der Kinder in Hartz IV. „Unterm Strich stehen aber immer noch viel zu viele Kinder, die in Armut aufwachsen“, sagte sie. Diesen Kindern fehle das Geld für Kino, Sportvereine oder beispielsweise den Gitarrenunterricht. Bentele forderte deutlich höhere Hartz-IV-Regelsätze für Kinder.

Im Moment liegen diese für Kinder unter sechs Jahren bei 250 Euro im Monat und bei 6- bis 13-Jährigen bei 308 Euro. Der DGB erläuterte, dass im Hartz-IV-Satz etwa für ein zehnjähriges Kind 4,09 Euro pro Tag für Essen und Trinken vorgesehen seien, monatlich 2,68 Euro für Bücher und monatlich 14,60 Euro fürs Sparen für Schuhe. Um Kindern eine ausreichende soziale Teilhabe zu ermöglichen, sei die Leistung zu niedrig.

Die Vizepräsidentin des Deutschen Kinderschutzbundes, Ekin Deligöz (Grüne), sagte, von der guten konjunkturellen Lage profitierten die Schwächsten der Gesellschaft am wenigsten. Sie erneuerte die Forderung des Kinderschutzbundes nach der Einführung einer eigenständigen und unbürokratischen Kindergrundsicherung. Neben den Grünen fordern das auch SPD und Linke. In der Kindergrundsicherung sollen verschiedene Familienleistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Hartz IV für Kinder und Teilhabeleistungen zusammengefasst werden.

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Erstellt:
6. Februar 2020, 05:23 Uhr

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