Mehr Frauen in Toppositionen öffentlicher Unternehmen

dpa Berlin. Seit 2016 müssen große Unternehmen Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzen. Durch die Quotenregelung ist der Frauenanteil zwar gestiegen. Neue Zahlen zeigen aber, dass es bei dem Thema keine allzugroße Bewegung gibt - auch nicht bei Unternehmen mit Staatsbeteiligung.

Im Ländervergleich liegen die öffentlichen Unternehmen in Berlin, Brandenburg und Hamburg bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen vorn. Foto: Jan-Philipp Strobel/dpa

Im Ländervergleich liegen die öffentlichen Unternehmen in Berlin, Brandenburg und Hamburg bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen vorn. Foto: Jan-Philipp Strobel/dpa

Der Anteil an Frauen in den Top-Jobs großer öffentlicher Unternehmen ist leicht gestiegen. Das hat die Organisation „Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAR) in einer Studie ermittelt, die heute vorgestellt wird.

Demnach waren zum Stichtag 1. Januar 2020 in den obersten Managementetagen der Unternehmen 22 Prozent Frauen vertreten - ein Plus von vier Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. In den Aufsichtsgremien der Unternehmen gab es eine geringe Steigerung von 1,4 Prozentpunkten auf 32,2 Prozent.

Damit liegen öffentliche Unternehmen bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten mit Frauen weiterhin gleichauf mit der Privatwirtschaft. Bei Vorstandsposten ist der Unterschied größer: Im Vergleich zu den 22 Prozent Frauen in der obersten Führungsebene öffentlicher Unternehmen, sind in den Top-Positionen der Privatwirtschaft nur knapp 11 Prozent Frauen vertreten. Die Zahlen zu privaten Unternehmen hatte die Organisation bereits im Juni veröffentlicht.

Untersucht wurden für die aktuelle Studie die 262 größten öffentlichen Unternehmen in Deutschland. Konkret sind das Betriebe mit Bundes- oder Landesbeteiligung, etwa Wasserbetriebe, Lotto-, Verkehrs- oder Wohnungsbaugesellschaften oder Energiewerke.

Firmen ab einer bestimmten Größe - in der Regel ab 2000 Beschäftigten - müssen seit Anfang 2016 frei werdende Aufsichtsratsposten mit Frauen neubesetzen, bis mindestens ein Frauenanteil von 30 Prozent erreicht ist.

Vorgaben zur Besetzung von Vorständen gibt es bisher nicht. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatten dazu zwar einen Gesetzentwurf vorgelegt, der liegt aber auf Eis. Nach Giffeys Angaben gibt es von den unionsgeführten Ministerien keine Zustimmung. Im Koalitionsausschuss war Ende August vereinbart worden, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, um den Konflikt zu entschärfen.

Nach Ansicht von FidAR hat die Dynamik zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen großer öffentlicher Unternehmen „spürbar nachgelassen“. 14 Unternehmen hätten eine komplett frauenfreie Führungsetage und von den 123 Unternehmen, die eigentlich Zielgrößen vorgeben müssten, hätten 46 keine Planungen für die Erhöhung des Frauenanteils vorgelegt. FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow sprach von einem Alarmsignal.

Die Unternehmen des öffentlichen Sektors müssten mit gutem Beispiel vorangehen, sagte Giffey anlässlich der Zahlen. Ziel sei es, in den wichtigsten Firmen mit Bundesbeteiligung bis Ende 2025 einen Frauenanteil von 50 Prozent in den Leitungspositionen zu erreichen. „Dafür ist aber deutlich mehr Engagement notwendig. Es ist nicht hinnehmbar, dass so viele öffentliche Unternehmen keine oder kaum ambitionierte Zielgrößen veröffentlichen.“

Im Ländervergleich liegen die öffentlichen Unternehmen in Berlin, Brandenburg und Hamburg bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen erneut vorn. Bayern, Saarland und Sachsen liegen ebenfalls wie im Vorjahr hinten. FidAR verweist darauf, dass es in allen Ländern der Spitzengruppe Richtlinien zur guten Unternehmensführung mit entsprechenden Empfehlungen für mehr Gerechtigkeit bei der Postenvergabe gibt - in den Ländern der Schlussgruppe dagegen nicht oder erst seit kurzem.

© dpa-infocom, dpa:200909-99-484434/2

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Erstellt:
9. September 2020, 04:55 Uhr

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