Mehr tödliche Unfälle am Bau - IG BAU: zu wenig Kontrollen

dpa Berlin/Frankfurt. Für die Arbeiter auf den Baustellen in Deutschland ist Homeoffice keine Option. Anders sieht das bei den Behörden aus, die für die Arbeitssicherheit sorgen sollen. Die IG BAU fürchtet tödliche Folgen.

Ein Polizeibeamter untersucht eine Baustelle im bayerischen Denklingen. Vier Arbeiter sind dort beim Einsturz einer Betondecke getötet worden, ein Arbeiter wurde bei dem Unfall leicht verletzt. Foto: Matthias Balk/dpa

Ein Polizeibeamter untersucht eine Baustelle im bayerischen Denklingen. Vier Arbeiter sind dort beim Einsturz einer Betondecke getötet worden, ein Arbeiter wurde bei dem Unfall leicht verletzt. Foto: Matthias Balk/dpa

Auf den Baustellen in Deutschland hat es in den ersten neun Monaten dieses Jahres deutlich mehr tödliche Unfälle gegeben.

Nach aktuellen Zahlen der Berufsgenossenschaft Bau kamen zwischen Januar und September 87 Arbeitnehmer ums Leben, 20 mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Gewerkschaft IG Bauen Agrar Umwelt (IG BAU) beklagte am Mittwoch, dass einige Bundesländer die Kontrollen zur Arbeitssicherheit wegen der Corona-Pandemie ausgedünnt hätten. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke-Gruppe berichtet.

Die Ämter für Arbeitsschutz hätten in weiten Teilen auf Homeoffice umgestellt, kritisierte IG-BAU-Chef Robert Feiger. „Wenn die, die sich professionell um den Infektionsschutz am Arbeitsplatz kümmern, dies nicht mehr machen dürfen und zu Hause bleiben müssen, dann ist das geradezu absurd. Schützen ist schließlich ihr Job“, erklärte er in Frankfurt. Bei weiterhin vollem Betrieb auf den Baustellen und steigender Infektionsgefahr müssten eigentlich mehr Kontrollen stattfinden als sonst, verlangte der Gewerkschafter.

Die Berufsgenossenschaft Bau hat in den neun Monaten vorläufig 74 tödliche Arbeitsunfälle und 13 tödliche Wegeunfälle registriert. Häufigste Ursache auf den Baustellen waren Abstürze vom Dach, Gerüst oder Leiter. Ein Jahr zuvor waren es 51 bei der Arbeit und 16 auf den Wegen dorthin. Im Gesamtjahr 2018 hatte es sogar 124 Todesfälle gegeben.

Die Zahl sämtlicher meldepflichtiger Arbeitsunfälle einschließlich der nicht tödlichen Fälle ist bei reger Bautätigkeit zuletzt leicht gestiegen auf 115.325 im Jahr 2019, wie die BG weiterhin berichtete. Von 1000 Beschäftigten waren 52 in dem Jahr von einem Arbeitsunfall betroffen. Das ist zwar die höchste Quote in den unterschiedlichen Gewerbebereichen, liegt aber auch deutlich unter den 110 Fällen pro 1000 Arbeiter, die es noch im Jahr 1995 gab.

Auf Anfrage der Funke-Zeitungen bestätigte der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, dass der Außendienst zu Beginn der Corona-Pandemie im März und April „auf dringende Unfalluntersuchungen und Fälle mit Gefahr in Verzug“ beschränkt worden sei. Trotz widriger Umstände hätten aber rund 80 Prozent der Besichtigungen stattgefunden.

© dpa-infocom, dpa:201202-99-542788/2

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Erstellt:
2. Dezember 2020, 11:40 Uhr

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