„Fundierte Planung ist das A und O“

Mehren sich tödliche Unfälle in den Bergen?

In diesem Sommer sind bereits mehrere Menschen aus Baden-Württemberg im Gebirge ums Leben gekommen. Was sagt die Statistik – und steigt das Risiko durch den Klimawandel?

Die Bergwelt fasziniert viele – die Vorbereitung ist auch bei vermeintlich leichteren Touren wichtig.

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Die Bergwelt fasziniert viele – die Vorbereitung ist auch bei vermeintlich leichteren Touren wichtig.

Von Michael Bosch

Der tragische Tod von Laura Dahlmeier wirft ein Schlaglicht auf die Gefahren des Alpinismus. Auch Menschen aus Baden-Württemberg, die sich weit weniger großen Risiken ausgesetzt haben, sind zuletzt in den Bergen zu Tode gekommen.

Mitte Juli starb ein 54-Jähriger aus Tettnang (Bodenseekreis) am Zimbajoch in Österreich, während einer Wanderung. Er stolperte und stürzte vor den Augen seiner Begleiter in den Tod. Einige Tage zuvor ließ eine 56-jährige Lehrerin aus Tübingen bei einem Kletterunfall am Schmalstöckli in der Schweiz ihr Leben. Ende Juni war eine 29-Jährige bei Halblech (Kreis Ostallgäu) 40 Meter in die Tiefe gestürzt und gestorben.

85 Deutsche sterben in den österreichischen Alpen

Dass sich Unfälle in den Bergen mehren, geben Statistiken nur bedingt her. In den österreichischen Alpen kamen im vergangenen Jahr zwar so viele Menschen ums Leben, wie in den zehn Jahren zuvor nicht. Insgesamt starben laut Österreichischem Kuratorium für Alpine Sicherheit 309 Personen – 85 davon aus Deutschland. Der größte Teil der Verunglückten war Wandern oder Bergsteigen.

Anderseits schreibt der Deutsche Alpenverein (DAV), der in seiner „Bergunfallstatisitik“ Unfälle seiner Mitglieder registriert, aber von Todeszahlen auf „konstant niedrigem Niveau“. Im Jahr 2022 – aktuellere Zahlen gibt es nicht – sind demnach 35 Mitglieder gestorben. Die absoluten Unfallzahlen erreichen damals jedoch einen Höchststand.

Steinschlagrisiko hat teils deutlich zugenommen

Dass man derzeit vermehrt von Toten oder Unfällen beim Wandern und Bergsteigen höre, liege auch daran, dass jetzt Bergsteig- und Wandersaison sei, sagt Christian Ludwig, Sprecher der Sektion Stuttgart im Alpenverein. „Derzeit sind viele Leute draußen, von November bis April hört man dann wenig.“ Hinzu kommt: die Berge sind beliebt, in die Höhe zieht es immer mehr Urlauber und Sportler.

Dabei sei das Risiko zumindest in einem Punkt nicht geringer geworden, so Ludwig. „Wir beobachten schon, dass auf manchen Touren im Hochgebirge das Steinschlagrisiko deutlich zunimmt.“ Darauf weist auch der Dachverband in seiner Unfallstatistik hin. Der Trend hänge auch mit dem Klimawandel zusammen. Beispielsweise können sich Steine leichter lösen und zum tödlichen Geschoss werden, wenn der Permafrost im Hochgebirge taut. An warmen Tagen mit viel Sonneneinstrahlung steigt das Risiko zusätzlich.

Selbst für erfahrene Bergsteiger ist das Risiko von oben oft kaum abschätzbar. „Je steiler die Wand, je steiler der Berg, umso mehr besteht das Risiko, dass sich irgendwo ein Stein löst“, sagte Bergsteigerlegende Reinhold Messner dem BR. „Wenn viele Steine kommen, haben Sie keine Chance.“

Wetter auch vor der Tour in den Blick nehmen

Jeder, der sich in die Berge begibt, sollte sich der Gefahren dort bewusst sein. Oberstorf beispielsweise hat vor einiger Zeit einen sogenannten Bergsportbericht eingeführt, der die Gegebenheiten für Wanderer beleuchtet. Eigenverantwortung ist das entscheidende Stichwort. Auf der Homepage prangte der folgende Hinweis: „Inwieweit Du die Fähigkeiten besitzt, die angegebenen Wege sicher zu begehen, liegt ausschließlich in deiner Verantwortung. Grundsätzlich sollte man die eigenen Fähigkeiten nie über- und die alpinen Gefahren niemals unterschätzen.“

DAV-Sprecher Ludwig sagt dazu: „Es wird immer wichtiger, sich nicht nur anzuschauen, wie das Wetter bei der Tour wird, sondern auch, wie es in den Tagen zuvor war.“ Der Vergleichsweise heiße Juni sei ein aktuelles Beispiel. Ansonsten gilt schon immer: Das Wetter in den Bergen schlägt teils deutlich schneller um als im Flachland, entsprechend sollte man im Gebirge für möglichst alle Eventualitäten gerüstet sein.

Eine gute, fundierte Planung, sei das A und O, sagt Ludwig. Denn natürlich berge der Bergsport Risiken. „Die verteilen sich im Gelände unterschiedlich“, sagt der Experte. Heißt: nicht überall begibt man sich gleich in Todesgefahr, aber Risikofreude bei geringer Erfahrung können im Zweifel weniger glimpflich ausgehen als auf dem flachen Land.

Wer sich im und am Berg bewege, „braucht Wissen“, sagt Ludwig. Das gelte insbesondere für Bergsteiger – je schwieriger die Tour desto mehr Erfahrung ist nötig – aber auch für diejenigen, die vielleicht „nur“ einen Wanderurlaub planen und sich vielleicht einmal an anspruchsvollere Routen wagen. Ludwig verweist in diesem Zusammenhang auch auf die zahlreichen Schulungsangebote des Vereins.

Der DAV rät Einsteigern beispielsweise, dass zu Beginn ein Aufstieg von ungefähr 500 Höhenmetern als „ein gutes Programm für eine Tagestour“ reiche. Es sollte dabei viel Zeit für Pausen gelassen werden. Weitere Tipps für Einsteiger finden sich auf der Seite des DAV

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Erstellt:
31. Juli 2025, 14:52 Uhr

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