RKI empfiehlt frühe Impfung
Meningokokken-Infektion - die unterschätzte Gefahr
Meningokokken-Erkrankungen sind in Deutschland selten, können aber lebensbedrohlich und sogar tödlich sein. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur „Neisseria meningitidis“.
 
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Bakterien der Gruppe „Neisseria meningitidis“, auch Meningokokken genannt, verursachen eine eitrige Hirnhautentzündung (Meningitis), mitunter auch eine Blutvergiftung (Sepsis).
Von Markus Brauer/dpa
Für Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) beim Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlinab sofort eine Impfung gegen Meningokokken.
Ziel ist einerseits der Schutz einer der Altersgruppen mit dem höchsten Erkrankungsrisiko, andererseits soll dadurch die Verbreitung der Erreger in der gesamten Bevölkerung nachhaltig verringert werden, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin mitgeteilt hat. Die Impfempfehlung betrifft die vier Untergruppen der Meningokokken A, C, W und Y.
Was ist eine Meningokokken-Infektion?
Hierbei handelt es sich um eine schwere Erkrankung, die innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden und sogar tödlich enden kann. Bakterien der Gruppe „Neisseria meningitidis“, auch Meningokokken genannt, verursachen eine eitrige Hirnhautentzündung (Meningitis), mitunter auch eine Blutvergiftung (Sepsis).
Die Erkrankungen sind laut RKI in Deutschland zwar „sehr selten, verlaufen jedoch meist sehr schwerwiegend“. Die Todesfallrate betrage 7 bis 15 Prozent, viele Überlebende litten an schweren Langzeitfolgen.
Wie werden Meningokokken übertragen?
Die Bakterien werden am häufigsten durch Tröpfcheninfektion übertragen. Sie gelangen beim Sprechen, Husten oder Niesen in kleinen Tröpfchen aus dem Nasen-Rachen-Raum in die Luft und können aus kurzer Entfernung eingeatmet werden.
Die Erreger können auch durch Berührung des Nasensekret (etwa durch ein verschmutztes Taschentuch) übertragen werden. Außerhalb des menschlichen Körpers sterben sie schnell ab.
Wo leben Meningokokken?
Meningokokken bevölkern den Nasen-Rachen-Raum des Menschen und sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bei zehn Prozent der europäischen Bevölkerung nachweisbar. Die Mehrzahl der Erkrankungen wird durch Erreger der Gruppe B (65 bis 70 Prozent) und C (20 bis 25 Prozent) verursacht.
Wer ist besonders gefährdet?
Am häufigsten sind Säuglinge im ersten Lebensjahr, Kleinkinder und Jugendliche von einer Meningokokken-Infektion betroffen. Die Ansteckungsgefahr ist bei schlechten hygienischen Bedingungen, geschwächtem Immunsystem und beengten Wohnverhältnissen größer. Auch Rauchen und Virus-Erkrankung der Atemwege können die Gefahr einer Ansteckung erhöhen.
Welche Krankheitssymptome treten auf?
Laut RKI äußert sich die bakterielle Infektion als Meningitis – Hirnhautentzündung. In einem Drittel der Fälle kommt es zu einer Sepsis – Blutvergiftung.
Die Erkrankung wird begleitet von hohem Fieber, starken Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Schwindel, Schüttelfrost und Benommenheit. „Innerhalb weniger Stunden kann sich ein schweres, lebensbedrohliches Krankheitsbild entwickeln“, heißt es beim RKI. Rund ein Prozent der Erkrankten sterben an einer Meningokokken-Meningitis.
Wann bricht die Infektion aus?
Erste Beschwerden zeigen sich drei bis vier Tage nach der Ansteckung, in selteneren Fällen innerhalb von zwei bis zehn Tagen.
Welche Folgen kann eine Infektion haben?
Die Folgen der Erkrankung sind erheblich: Statistisch gesehen stirbt jeder zehnte Erkrankte. Bei weiteren zehn Prozent bleiben bleibende Schäden zurück wie – Lähmungen oder Krämpfe. Manche werden taub oder erlangen einen Gehirnschaden.
Wie werden Meningokokken behandelt?
Das Mittel der Wahl ist das Antibiotikum Penicillin sowie Breitband-Antibiotika aus der Gruppe der Cephalosporine wie Ceftriaxon. Die Erkrankten müssen isoliert werden, um andere nicht zu infizieren und sind 24 Stunden nach Beginn einer Antibiotika-Therapie nicht mehr ansteckend. Es kommt aber in sehr seltenen Fällen vor, dass der Patient trotz Antibiotika stirbt.
Was muss man bei einer Meningokokken-Infektion tun?
Eine Meningokokken-Infektion kann unbehandelt tödlich sein. Deshalb muss man bei Krankheitssymptomen (plötzlich auftretendes Fieber, Schüttelfrost, starke Kopfschmerzen) umgehend ins Krankenhaus gehen.
Bei Meningokokken-Infektionen gelten die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes. Kinder und Erwachsene dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Kindergärten vorübergehend nicht besuchen, sobald der Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung besteht. Das gilt auch für Kontaktpersonen der Erkrankten (Eltern, Geschwister).
Nach der Genesung können Betroffene die Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen. Ein ärztliches Attest ist nicht nötig.
Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko bei 15- bis 19-Jährigen?
Laut epidemiologischen Daten weisen Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren das höchste Risiko für invasive Meningokokken-Erkrankungen dieser Untergruppen auf, erläutert das RKI. Daher sollte vor dem Erreichen dieses Alters ein Immunschutz aufgebaut werden.
Die Impfung gegen Meningokokken der vier Untergruppen sei mit einer Kombi-Dosis möglich und könne etwa im Rahmen der routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung bei Jugendlichen (kurz J1) verabreicht werden, führt das RKI aus. Wer älter ist, kann eine Nachholimpfung bekommen - diese sollen laut Stiko junge Menschen bis 25. Geburtstag erhalten.
Gibt es Impfungen gegen Meningokokken?
Ja. Diese neue Empfehlung der Impfkommission sorgt für Anpassungen der Impfempfehlungen für Kleinkinder: Bisher gehörte der Schutz vor Meningokokken der Untergruppe C zu den Standardimpfungen für Kleinkinder ab dem zweiten Lebensjahr. Der Stiko-Rat zu dieser Impfung wie auch die empfohlene Nachholimpfung bis zum Alter von 18 Jahren entfällt nun.
„Die Zahl invasiver Erkrankungen durch Serogruppe C ist in den letzten Jahren in Deutschland kontinuierlich gesunken“, erläutert das RKI. Aktuell werden nur noch Einzelfälle beobachtet, „sodass der Nutzen einer Impfung im Kleinkindalter nach dem vollendeten ersten Lebensjahr als sehr gering eingeschätzt wird“.
Wie steht es um die Sicherheit von Säuglingen?
Bestehen bleibt die Empfehlung, Säuglinge ab einem Alter von zwei Monaten gegen Meningokokken B zu schützen. Sie sind dem RKI zufolge am häufigsten von Infektionen dieser Untergruppe betroffen.
Daher gehört der Schutz davor seit 2024 zu den Standardimpfungen von Kleinstkindern. Die Impfdosen sollten im Alter von 2, 4 und 12 Monaten verabreicht werden. Nachholimpfungen werden für Kinder bis zum fünften Geburtstag empfohlen.
Nach Einschätzung von Kinder- und Jugendärztin Julia Tabatabai, Mitglied der Ständigen Impfkommission, wird es noch ein paar Monate dauern, bis Arztpraxen tatsächlich die Impfung gegen Meningokokken A, C, W und Y anbieten und über die Krankenkassen abrechnen können. So müsse unter anderem auch noch die Kostenübernahme mit den Krankenkassen geregelt werden.
Ist eine Prophylaxe sinnvoll?
Mediziner empfehlen nach dem Kontakt mit einem Meningokokken-Infizierten zur Vorsorge so schnell wie möglich eine Antibiotika-Gabe. Nur so könne der Ausbruch der Erkrankung verhindert und die Übertragungsgefahr für andere vermindert werden.
Wo kann man sich über Therapien und Schutzmaßnahmen informieren?
Meningokokken-Infektionen sind meldepflichtig. Jedes Gesundheitsamt bietet Beratung und Information an. Ausführliche Informationen findet man auf den Seiten des Robert Koch-Institutes, Stichwort: Meningokokken sowie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

 
             
            