Der Kanzler auf der IAA
Merz redet die Autoindustrie stark
Friedrich Merz präsentiert sich auf der IAA als Autokanzler. Dessen Ziel ist es, den Standort Deutschland so schnell wie möglich stark zu machen.

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Bundeskanzler Friedrich Merz steht bei der Eröffnung der IAA am Dienstag im Mittelpunkt.
Von Peter Stolterfoht
Wie stark sich der Blick des amtierenden Kanzlers auf die deutsche Autoindustrie von dem seines Vorgängers unterscheidet, wird bei der Eröffnung der IAA Mobility in München deutlich. Bei deren letzten Ausgabe vor zwei Jahren war der Blick von Olaf Scholz (SPD) unmittelbar nach einem Joggingunfall durch eine Augenklappe etwas eingeschränkt. Die perfekte Sicht hat diesmal sein Nachfolger Friedrich Merz, die er auch seiner beachtlichen Körpergröße von 1,98 Metern zu verdanken hat.
Die Auftritte unterschieden sich aber vor allem dadurch, dass CDU-Chef Merz in München den Schulterschluss mit den deutschen Herstellern und Zulieferern betont, während der distanzierte Scholz ihnen nicht so weit entgegenkommen wollte. Merz streicht in seiner Rede am Dienstag zunächst die Bedeutung der Branche heraus: „Die Autoindustrie ist eine Schlüsselindustrie, die 770 000 Menschen in Deutschland einen Arbeitsplatz bietet und unseren Wohlstand ermöglicht.“
In diesem Zusammenhang nimmt der Kanzler seine Bundesregierung in die Pflicht, indem er es als deren große Aufgabe ansieht, die politischen Rahmenbedingungen für einen anerkannten Standort zu schaffen. „Die Welt soll nicht mit Verwunderung auf Deutschland schauen, sondern mit Bewunderung“, so Merz, der betont, „dass wir daran auch von Beginn unserer Amtszeit an arbeiten“. Er nannte in diesem Zusammenhang etwa Steuererleichterungen und den festen Willen, auf diplomatischem Weg wieder Handelserleichterungen mit den USA und China zu erreichen.
Söders Forderung ist deutlicher
Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Dienstag die komplette Abkehr des von der EU geplanten Verbrennerverbots 2035 forderte, wollte sich Merz nicht so explizit dazu äußern. Er sprach von „Technologieoffenheit“, anstatt sich ausschließlich auf den Elektroantrieb zu konzentrieren, von „Flexibilität“ im Gegensatz zu einer „Überregulierung“.
Merz’ Forderung an die Autoindustrie lautet, den Wandel zu gestalten und ihm nicht hinterherlaufen. Er fordert „Innovation, Qualität und eine nachhaltige Produktion“ und sieht die Industrie in dieser Hinsicht „auf einem guten Weg“. Als Beispiel nannte er das autonome Fahren, ein Bereich in dem Deutschland Weltspitze sei.
Um noch einmal zu verdeutlichen, dass das Ziel, wieder automobiler Weltmarktführer zu werden, aus seiner Sicht nur im Zusammenspiel von Politik und Industrie zu erreichen ist, sprach Merz noch einmal mit Nachdruck die Einladung zu einem baldigen Autogipfel aus.
Ein weiteres Ziel von Friedrich Merz lautet, „die nächsten drei Automobilausstellungen 2027, 2029 und 2031 auch als Kanzler zu eröffnen. Und wie ich sehe, klatscht da sogar Markus Söder gerade.“ Und Winfried Kretschmann. Baden-Württembergs Grünen-Ministerpräsident nutzte die IAA, um seinen heimischen Anbietern einen Besuch abzustatten. Kretschmanns Botschaft: „Es sollte hier keine Verbrennerdebatte geführt werden, vielmehr sollte man das Thema pragmatisch angehen und schauen, wo im Rahmen des Reviews nachjustiert werden muss. Wir dürfen die Industrie nicht überfordern, denn es geht um Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Deshalb müssen die Unternehmen flexibel auf dem Weltmarkt agieren können. Die Botschaft, die von der IAA dank vieler Innovationen ausgeht, lautet aber: der E-Antrieb ist die Zukunft.“
Bei Mercedes hatte zuvor auch schon Merz vorbeigeschaut. Dabei kam es zu Problemen vor den Augen des Bundeskanzlers: Mercedes-Chef Ola Källenius hatte mit dem ausgestellten Auto zu kämpfen. Der Manager wollte Merz den Kofferraum des elektrischen GLC vorne unter der Haube zeigen. Doch diese war versehentlich verriegelt.
Am Morgen schon hatten mehrere Klimaaktivisten eine Straße in München blockiert. Diese hätten sich teilweise festgeklebt, sagte ein Polizeisprecher. Die Aktivisten kritisierten die Automesse nach eigenen Angaben als „klimaschädliche Lobbyveranstaltung“. Für die Straßenblockade hatten sie die Landshuter Allee, eine Haupteinfallsstraße in die Innenstadt, ausgewählt.
Attac-Aktivisten haben zudem gegen eine aus ihrer Sicht nicht mehr zeitgemäße Autoindustrie protestiert. Im See vor der Messe war ein aus dem Wasser herausragendes Autodach und ein Dinosaurierkopf zu erkennen. Dieser „Autosaurus“ müsse untergehen, hieß es auf einem Banner. Ein weiterer Slogan: „Bus und Bahn statt Autowahn.“