Micky Maus muss draußen bleiben

Maske und Gästeregistrierung sind in Coronazeiten Pflicht für Gastronomen und ihre Gäste geworden. Die Umsetzung klappt gemeinhin sehr gut, wie eine Nachfrage bei der zuständigen Behörde in Backnang ergab. Einfach für die Wirte ist es aber nicht.

Glücklich damit ist sie nicht, aber es geht eben nicht anders: Simone Hilt vom Löwen in Backnang muss wie alle Gastronomen darauf achten, dass ihre Gäste beim Besuch des Lokals ihre Kontaktdaten hinterlassen und die Regeln zum Maskentragen beachten. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Glücklich damit ist sie nicht, aber es geht eben nicht anders: Simone Hilt vom Löwen in Backnang muss wie alle Gastronomen darauf achten, dass ihre Gäste beim Besuch des Lokals ihre Kontaktdaten hinterlassen und die Regeln zum Maskentragen beachten. Foto: J. Fiedler

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG. Über Sinn und Unsinn der Maßnahmen zur Coronaprävention wird weiterhin viel gestritten, doch auch und gerade in der Gästebewirtung sind sie in Zeiten von Corona gesetzlich bindend und werden auch zumeist vorbildlich umgesetzt. Neben dem Tragen des Mund-Nasen-Schutzes gehört zu diesen Maßnahmen auch die Registrierung der Kunden, die dafür ihre Kontaktdaten hinterlassen müssen (siehe Infokasten). Wir haben dazu uns einmal bei lokalen Branchenakteuren umgehört.

„Alle Gäste müssen sich eintragen. Die Formulare werden von uns vier Wochen aufbewahrt und dann vernichtet. Wir hatten bislang keine Probleme damit“, bekundet Simone Hilt, die seit Mai das Lokal mit Terrasse gegenüber dem Backnanger Rathaus betreibt . Auch das Ordnungsamt der Stadt Backnang hat laut Hilt seinerzeit bereits im Löwen vorbeigeschaut und dabei einen Tisch auf der Terrasse genau beobachtet, ob die Bedienabläufe dort coronagemäß korrekt sind. Anschließend überprüften die Ordnungsamtsleute, ob sich alle Gäste an dem Tisch vorschriftsmäßig in die Listen eingetragen hatten. Das Ganze mache freilich mehr Arbeit, aber müsse eben sein. Ein weitaus leidigeres Thema sind die Masken. So musste Simone Hilt vom Löwen in Backnang schon häufiger mal den einen oder anderen Kunden darauf hinweisen, dass der Mund-Nasen-Schutz im Gästebereich Pflicht ist und erst am Platz abgenommen werden darf. Ein Gast sei gegangen, weil er der Maskenpflicht nicht Folge leisten wollte, so Hilt.

„Das muss alles sein, aber hält auch viele Kunden davon ab, ins Geschäft zu kommen.“

Das mit der Maske sei schon übel, besonders aber für Brillenträger, wie sie selbst eine ist. Bei sommerlichen Temperaturen schwitze man darunter. Im Winter werde es wahrscheinlich auch nicht besser, wenn dann die Brille durch den Atem beschlägt. Hilt: „Wir haben eine Abzugsanlage für die Abluft. Mal sehen, wie das im Winter läuft mit der Maske.“

Dass sich Gäste bewusst mit einem falschen Namen in die Formulare eingetragen hätten, habe sie bislang noch nicht in ihrem Restaurant erlebt, auch wenn sie immer einen Blick auf die Listen werfe. „Wenn sich jemand als Micky Maus einträgt, sähe man das. Aber wenn da Karin Müller steht, kann ich das nicht weiter nachvollziehen, ob das stimmt.

Für Fritz-Ulrich Kühnle von der gleichnamigen Metzgerei in Backnang sind die Maßnahmen zur Coronaprävention für gastronomische Betriebe ebenfalls ein Thema. Die Maske im Geschäft kann er seinen Kunden nicht ersparen. Und Gäste, die dort etwas zu essen bestellen und sich im Schnellrestaurant im ersten Stock niederlassen, um es dort zu verzehren, müssen die Maske tragen, bis sie an ihrem Platz sitzen. Auf ihrem Tablett findet sich dann auch ein Kontaktformular zu Abfrage ihrer Kontaktdaten. „Wir machen das seit März. Die Zettel werden abgeheftet und für den Bedarfsfall vorgehalten. Die Kunden halten sich daran, die Formulare auszufüllen“, so Kühnle. Probleme mit Leuten, die sich dem verweigern, habe es bislang nicht gegeben. Die Maßnahmen seien letztlich richtig, aber dennoch problematisch, sagt er. „Das muss alles sein, aber es hält viele ab, ins Geschäft zu kommen“, schildert Kühnle die coronabedingte Situation in seinem Beruf.

„Das läuft hervorragend. Die Leute sehen ein, dass es sinnvoll ist“, berichtet Jürgen Schäfer, der Wirt vom Sulzbacher Hof in Sulzbach an der Murr. Es sei ja schließlich auch kein Aufwand, sich in eine solche Liste einzutragen, meint der Gastronom. Im ganzen Haus, also sowohl im Hotel wie auch im Restaurant und im Café der Sulzbacher Einrichtung gilt zudem die Maskenpflicht. Den Vorfall von vor einer Woche sieht er nicht als exemplarisch an. Da hatten sich einige Teilnehmer einer rund 25-köpfigen Gruppe, die sich in seinem Lokal versammelte, offenbar nicht an die Coronaverordnungen halten wollen (wir berichteten). Auch von Beschimpfungen gegen ihn war die Rede. Nachdem er die Polizei gerufen hatte und diese mit mehreren Streifenwagen dort erschienen war, wurde die Gruppe von den Ordnungshütern hinauskomplimentiert. Schäfer wertet das aber als eine im Vorfeld geplante Aktion einer politisch motivierten Gruppe und somit als Ausnahme.

Schäfer hat sich damit ganz korrekt und gesetzeskonform verhalten, wie ein Anruf bei der Stadt Backnang nahelegt. Denn wenn die Gäste sich weigern, die Coronaverordnungen zu befolgen, dürfen die Gastronomen sie nicht bedienen. Sie haben das Hausrecht und müssen von den Gästen verlangen, dass sie sich in die Kontaktformulare eintragen. „Tun die Gäste das nicht, so sind sie gemäß Paragraf 6 Absatz 4 der entsprechenden Landesverordnung von der Bewirtung oder der Teilnahme an einer Veranstaltung auszuschließen“, wie Gisela Blumer als Leiterin des Backnanger Rechts- und Ordnungsamts erklärt. Die Befugnis, sich den Ausweis der Gäste zeigen zu lassen, haben die Gastronomen oder Veranstalter indessen nicht. Eine Plausibilitätsprüfung der Kontaktlisten werde aber vorausgesetzt, also eine Prüfung, ob sich jemand bewusst mit falschem Namen eingetragen hat.

Das Coronateam der Stadt habe die Wirte über die Coronaverordnungen informiert und deren Methoden zur Kontaktverfolgung geprüft. Im Zuge der Coronaalarmstufe zwei, die nun von der Landesregierung ausgerufen wurde, würden die Kontrollen der Gastrobetriebe intensiviert. Im Einzugsgebiet ihrer Behörde habe es bislang keinen nachweisbaren Verstoß gegen die Kontaktverfolgung gegeben, so Blumer. Bislang habe auch noch keine Infektionskette nachverfolgt werden müssen. Darüber sei man sehr froh, und das zeige auch, dass die Wirte im Stadtgebiet gut mit dem Thema umgehen. Es habe aber Mitteilungen etwa von Cafés gegeben, wo Gäste sich nicht in die Listen eintragen wollten und dann unschöne Diskussionen zum Teil mit Aushilfen anfingen.

Worauf derzeit in der Gastronomie zu achten ist

Die Vorgaben für die Öffnung der Gastronomie in Baden-Württemberg gelten für Betriebe des Gaststättengewerbes und für Beherbergungsbetriebe.

Demnach müssen Beschäftigte bei direktem Kundenkontakt immer eine Maske tragen, unabhängig davon, ob sie in der Innen- oder Außengastronomie bewirten.

Entscheidend für die Pflicht zum Tragen einer Maske ist einzig und allein der Umstand, ob direkter Kundenkontakt besteht.

Seit 30. September gilt eine Maskenpflicht auch für die Gäste in Gaststätten, wenn diese sich nicht am Platz befinden.

Die Registrierungspflicht der Gästedaten umfasst Vor- und Nachname, Anschrift, Datum und Zeitraum der Anwesenheit, wobei der ungefähre Zeitraum reicht, also zum Beispiel „vormittags“, „mittags“ oder „abends“. Es muss also nicht die genaue Uhrzeit erfasst werden.

Soweit vorhanden soll ebenso die Telefonnummer von den Gästen eingetragen werden. Deren E-Mail-Adresse darf seit dem 6. August nicht mehr abgefragt werden.

Der Aufbewahrungszeitraum der Formulare zur Nachverfolgung einer etwaigen Infektionskette beträgt vier Wochen. Bei Betriebskantinen muss eine Datenverarbeitung nur bei externen Gästen erfolgen.

(Quelle: www.dehoga-corona.de)

Zum Artikel

Erstellt:
8. Oktober 2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Die Konfirmandenarbeit hat sich sehr verändert

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Konfirmandenarbeit stark verändert. Beispiele aus der Region zeigen, dass der Unterricht längst nicht mehr als reine Unterweisung mit Auswendiglernen gesehen wird.

Stadt & Kreis

Backnang will Kiffen auf dem Straßenfest verbieten

Die Stadtverwaltung in Backnang plant, das Rauchen von Cannabis auf dem Straßenfest zu untersagen. Auch andernorts wird das Kiffen trotz Teillegalisierung verboten bleiben, beispielsweise in Freibädern. Viele Gastrobetreiber wollen keine Joints in ihren Außenbereichen.

Stadt & Kreis

Saskia Esken stellt sich wütenden Fragen in Weissach im Tal

Die Bundesvorsitzende der SPD nimmt auf Einladung des Ortsvereins Weissacher Tal auf dem Roten Stuhl Platz. Die Besucherinnen und Besucher diskutieren mit ihr über die Themen Wohnungsbau, Ukrainekrieg, Verkehr und die Politik der Ampelkoalition.