Mindestens sechs Tote nach Explosion in Kabul

dpa Kabul. Nach mehreren ruhigen Monaten zündet ein Selbstmordattentäter seine Sprengstoffweste in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Der Anschlag passiert kurz vor dem nächsten Abschiebeflug aus Deutschland.

Soldaten sichern in Kabul eine Straße in der sich zuvor eine Explosion ereignet hatte. Foto: Rahmat Gul/AP/dpa

Soldaten sichern in Kabul eine Straße in der sich zuvor eine Explosion ereignet hatte. Foto: Rahmat Gul/AP/dpa

Nach mehreren Monaten relativer Ruhe sind bei einem Anschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen.

Ein Selbstmordattentäter habe sich in der Nähe der Marschall-Fahim-Militärakademie im Westen der Stadt in die Luft gesprengt, teilte das Innenministerium mit. Dabei seien mindestens 13 weitere Menschen verletzt worden.

Unter den Getöteten seien vier Soldaten und zwei Zivilisten, hieß es weiter. Lokale Medien berichteten, der Attentäter habe seine Sprengstoffweste an einer Bushaltestelle gezündet, die von Kadetten wie Zivilisten genutzt werde. Angaben des Innenministeriums zufolge haben Sicherheitskräfte zudem eine Autobombe in der Gegend entdeckt und entschärfen können.

Bisher bekannte sich niemand zu dem Angriff. Der Sprecher der militant-islamistischen Taliban, Sabiullah Mudschahid, sagte in einer Sprachnachricht über WhatsApp, die Aufständischen hätten nichts mit dem Angriff zu tun. Im Vorjahr hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein Selbstmordattentat am Eingang der Marschall-Fahim-Akademie für sich reklamiert.

Es war der erste größere Anschlag in Kabul seit November. Im Vorjahr waren bei größeren Anschlägen in der Hauptstadt mehr als 250 Menschen getötet und mehr als 1100 verletzt worden.

Der Anschlag ereignete sich kurz vor dem nächsten Abschiebeflug aus Deutschland nach Afghanistan. Der Flug mit abgelehnten afghanischen Asylbewerbern solle am Donnerstagmorgen in Kabul eintreffe, sagte ein afghanischer Behördenvertreter am Dienstag. Seit der ersten Abschiebung im Dezember 2016 sind insgesamt 837 Männer in 31 Flügen von den deutschen Behörden zurück nach Afghanistan geschickt worden. Die Abschiebungen sind umstritten.

Seit Mitte November waren die Anschläge in Kabul deutlich zurückgegangen. Beobachter sehen darin einen Ausdruck des Interesses der Taliban, ein Abkommen mit den USA über Wege zu Frieden in Afghanistan zu erzielen. Nach dem Abbruch der USA-Taliban-Gespräche durch US-Präsident Donald Trump im September waren sie im Dezember wieder aufgenommen worden. Vor allem in den ländlichen Gebieten allerdings gibt es weiter täglich Gefechte zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften. Auch die USA greifen weiter Taliban-Stellungen vor allem aus der Luft an.

Zum aktuellen Verhandlungsstand gibt es keine offiziellen Mitteilungen. Ein USA-Taliban-Abkommen soll einen Zeitplan des Abzugs der internationalen Truppen sowie Taliban-Garantien enthalten, dass von Afghanistan aus keine Terroranschläge geplant werden. Es soll auch den Weg für innerafghanische Friedensgespräche bereiten.

Am Dienstag wurden vom US-Generalinspekteur für den Wiederaufbau in Afghanistan (Sigar) zudem bekanntgegeben, dass US-Bemühungen um den „Wiederaufbau in Afghanistan“ seit 2002 mehr als 2200 Menschen das Leben gekostet haben. Darunter waren fast 1600 Afghanen und 248 US-Bürger. Weitere mehr als 2900 Menschen seien verletzt und fast 1200 entführt worden oder verschwunden.

Für den Bericht trug Sigar Zahlen der Opfer zusammen, die nicht mit Kampfhandlungen, sondern primär mit Wiederaufbau und Stabilisierung beauftragt waren. Dies solle den politischen Entscheidungsträgern ein vollständiges Bild der tatsächlichen Kosten der Bemühungen in Afghanistan liefern, heißt es in dem Bericht.

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Erstellt:
11. Februar 2020, 14:18 Uhr

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