Minister verteidigt Messstation

Winfried Hermann beantwortet Anfrage von Gernot Gruber zur Luftqualität in Backnang

Von Kornelius Fritz

BACKNANG Der Standort der Stickoxid-Messstation in der Backnanger Eugen-Adolff-Straße ist in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert worden, unter anderem von Oberbürgermeister Frank Nopper. Dieser hatte mehrfach erklärt, die Messergebnisse an dieser Stelle seien in keiner Weise repräsentativ für die Luftqualität in Backnang. Vielmehr habe man es dort mit einer „krassen Sonder- und Ausnahmesituation“ zu tun. Die Messstelle befinde sich an einem Hang sowie in einer Häuserschlucht, in der die Luft kaum abziehen könne.

Die gemessenen Stickoxidwerte in der Eugen-Adolff-Straße sind seit Beginn der Messungen im Jahr 2016 zwar von
56 auf 49 Mikrogramm pro Kubikmeter gesunken, liegen aber nach wie vor über dem geltenden Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Der Backnanger SPD-Landtagsabgeordnete Gernot Gruber hat deshalb nun eine sogenannte „kleine Anfrage“ an die Landesregierung gestellt, in der er unter anderem wissen wollte, nach welchen Kriterien die Standorte für die Messstationen ausgewählt wurden. In seiner Antwort rechtfertigt Umweltminister Winfried Hermann (Grüne) die Standortwahl. Die Messpunkte seien systematisch ausgewählt worden, heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums. Bei landesweiten Voruntersuchungen habe man gezielt besonders hoch belastete Bereiche ermittelt, unter anderem in Backnang.

Die Eugen-Adolff-Straße sei ausgewählt worden, weil der Gesetzgeber Messungen in Bereichen vorschreibe, „in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich direkt oder indirekt über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der (...) signifikant ist“. Der Standort der Messsstelle müsse dabei nicht repräsentativ für die gesamte Stadt sein, sondern lediglich „für einen Straßenabschnitt von mindestens 100 Metern“. Diese Repräsentativität sei zu Beginn der Messungen im Jahr 2016 messtechnisch überprüft worden.

Die Standorte für die Messstellen werden laut Hermann von der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) nach Abstimmung mit dem Verkehrsministerium ausgewählt. Die Stadt Backnang wurde dabei nicht beteiligt, was sowohl OB Nopper als auch Gernot Gruber kritisieren: „Die mangelnde Einbeziehung der Kommunen führt zu Unverständnis in der Bevölkerung und zu einer sinkenden Akzeptanz von grundsätzlich richtigen Messungen von Schadstoffen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Abgeordneten. Fahrverbote in Backnang lehnt Gernot Gruber ab: „Das wäre unverhältnismäßig angesichts der positiven Entwicklung und der Unsicherheit über die Herleitung der Grenzwerte, zumal eine einzige Spotmessung nicht repräsentativ ist für die Luft in Backnang“, sagt der SPD-Politiker.

An der Messstelle in der Eugen-Adolff-Straße waren anfangs neben Stickoxid- auch Feinstaubwerte gemessen worden. Nachdem die Feinstaubbelastung im ersten Jahr deutlich unter den Grenzwerten lag, wurde diese Messung 2017 jedoch eingestellt. Dass seitdem nur noch die Stickoxid-Belastung ermittelt wird, kann Gruber nicht verstehen: „Mindestens so wichtig wäre die Messung des für die Klimaerwärmung verantwortlichen Treibhausgases Kohlendioxid.“ Solche Messungen führt die LUBW laut Ministerium aber nicht durch, „da es hierzu keine Messverpflichtung gibt.“ Eine Antwort, mit der sich Gruber nicht zufrieden gibt: „Das ist eine arg dünne Argumentation für eine Landesregierung, die sich gerne den Klimaschutz auf ihre Fahnen schreibt.

Verwundert zeigt sich Gernot Gruber auch darüber, dass an Straßen ein Stickoxid- Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter gilt, während an Arbeitsplätzen Werte von bis zu 950 Mikrogramm zulässig sind. Dazu schreibt das Ministerium, die Arbeitsplatzgrenzwerte lägen höher, da sie sich auf einen gesunden Arbeitnehmer bezögen, der dieser Belastung nur für höchstens
40 Stunden pro Woche ausgesetzt sei. Für die Einhaltung dieser Richtwerte sei im Übrigen nicht das Land, sondern der jeweilige Arbeitgeber verantwortlich. Kontrolliert würden diese von der staatlichen Gewerbeaufsicht und den Trägern der Unfallversicherung.

Einen ungewöhnlichen Vorschlag zur Schadstoffreduzierung macht derweil Friedrich Gehring, der im Mai mit den „Backnanger Demokraten“ bei der Gemeinderatswahl antreten will. In einem Brief an OB Frank Nopper schlägt er vor, mit Hilfe von Ventilatoren „ähnlich wie in Tunneln“, die belastete Luft durch die kurze Straßenschlucht zu blasen, um die Schadstoffkonzentration unter den Grenzwert zu verdünnen. Gehring empfiehlt Nopper, diesen Vorschlag von Experten prüfen zu lassen.

Minister verteidigt Messstation

„Mindestens so wichtig wäre die Messung
des Treibhausgases

Kohlendioxid“

Gernot Gruber

SPD-Landtagsabgeordneter

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Erstellt:
9. März 2019, 06:00 Uhr

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