Mit Bibelvers zum Silbercoup

Bei der Hallen-WM verpasst die Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye aus Mannheim nur um drei Zentimeter den Titel. Alina Kenzel wird Elfte.

Von dpa/sid

Glasgow - Eingehüllt in eine Deutschland-Fahne gratulierte Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye nach der ersten deutschen WM-Medaille unter dem Hallendach seit sechs Jahren freudestrahlend der nur um eine Winzigkeit besseren Weltmeisterin Sarah Mitton (Kanada). Mit ihrer um 62 Zentimeter gesteigerten persönlichen Bestleistung von 20,19 Metern fehlten der 25-jährigen Mannheimerin zum Auftakt der Weltmeisterschaften der Leichtathleten in Glasgow bei ihrem überraschenden Silbercoup nur drei Zentimeter zum Titelgewinn.

„Den Zentimetern zu Gold trauere ich gar nicht hinterher. Ich bin unglaublich dankbar, hier mit der Silbermedaille rauszugehen“, sagte die überglückliche Ogunleye nach ihrem ersten Stoß über 20 Meter. Ungläubig schlug die Athletin, die nach zwei Knieoperationen einst bereits vor dem Karriereende gestanden hatte, die Hände über ihrem Kopf zusammen: „Das ist so surreal, was hier gerade passiert ist.“ Alina Kenzel, die zweite deutsche Starterin vom VfB Stuttgart, wurde mit einer Weite von 17,80 Metern Elfte.

Fünf Monate vor den Olympischen Spielen setzte Ogunleye ihren atemberaubenden Aufstieg fort und avancierte damit zu einer deutschen Hoffnungsträgerin für Paris. Dabei stand sie vor nicht einmal zwei Jahren „vor einem Haufen von Zweifeln“ – jetzt bescherte sie dem zuletzt sowohl in der Halle als auch im Freien leer ausgegangenen Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) wieder eine WM-Medaille.

Wie stets in ihrem Leben, in dem der Glaube ihr „eine große Stütze“ ist, half ihr dieser auch in Schottland. „Ich bin heute Morgen aufgewacht, habe meine Bibel aufgeschlagen und einen Vers gelesen, der hieß: Sei mutig und stark, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir“, erzählte Ogunleye, „und mit diesem Vers bin ich in diese WM gegangen“. Dass sie jetzt zum Kreis der 20-Meter-Kugelstoßerinnen zählt (als erste Deutsche seit Christina Schwanitz 2016), soll nicht das Ende bedeuten. „Es gibt mir Freude und Zuversicht, diese Reise fortzusetzen“, sagte sie mit Blick auf den Olympia-Sommer, in dem zuvor noch die EM in Rom stattfindet.

Ogunleye gewann die erste Medaille einer deutschen Kugelstoßerin seit Silber von Schwanitz vor zehn Jahren. Die bisher letzte deutsche WM-Goldmedaille in der Halle hatte Andre Niklaus 2006 in Moskau im Siebenkampf gewonnen. Bei den Frauen liegen die bisher letzten Titel von Grit Breuer (400 Meter) und Nastja Ryjikh (Stabhochsprung) sogar schon 25 Jahre zurück.

Zum Artikel

Erstellt:
1. März 2024, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
1. März 2024, 23:58 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen