Mit Böllern aufs Stuttgarter Fanfest?

Ordner haben im Sommer 2024 möglicherweise Schlimmeres verhindert. Vor dem Spiel zwischen der Türkei und Portugal nahmen sie einem 20-Jährigen Feuerwerkskörper ab. Er wurde nun verurteilt.

Die sichergestellten Böller sind nur etwas für geschulte Pyrotechniker.

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Die sichergestellten Böller sind nur etwas für geschulte Pyrotechniker.

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Gerade als Hakan Çalhanoğlu und Cristiano Ronaldo bei der Fußball-Europameisterschaft 2024 den Rasen des Dortmunder Signal Iduna Parks betraten, haben aufmerksame Sicherheitskräfte beim Fanfest auf dem Stuttgarter Schlossplatz möglicherweise Schlimmeres verhindert. Ein 20 Jahre alter Mann soll mit hochexplosiven Böllern versucht haben, das Areal zu betreten. Er wurde beim Einlass jedoch kontrolliert und gestoppt. Das Amtsgericht Stuttgart hat ihn Ende April wegen Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt.

Der Vorfall soll sich am 22. Juni 2024 ereignet haben. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der junge Mann gegen 18.15 Uhr, also rund eine Viertelstunde vor dem Anpfiff des Gruppenspiels zwischen der Türkei und Portugal, an einem Eingang zum Fanfest auf dem Schlossplatz insgesamt vier pyrotechnische Knallkörper vom Typ „Big Bang 5G“ bei sich hatte. Sie generieren laut den vollmundigen Ankündigungen in verschiedenen Internetshops „einen blendenden Blitz und massive Titan-Detonation“. Aus Sicherheitsgründen wird nach der Zündung ein Sicherheitsabstand von mindestens zehn Metern empfohlen. Man mag sich die Auswirkungen nicht ausmalen, wäre solch ein Böller mitten auf dem gut gefüllten Schlossplatz abgefeuert worden: von der Massenpanik über viele Schwerverletzte bis hin zu Toten.

Mit einer Nettoexplosivstoffmasse von circa fünf Gramm pro Knallkörper sind die sichergestellten Böller in der höchsten Gefährlichkeitsstufe F 4 eingestuft. In dieser Kategorie – unterschieden wird zwischen Kleinst-, Klein-, Mittel- und Großfeuerwerk – sind laut der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Feuerwerkskörper zu finden, die eine große Gefahr darstellen können und besondere Anwenderkenntnisse erfordern. Zum Erwerb und zur Verwendung benötigt man einen Fachkunde-Nachweis bei einem Pyrotechniker oder es bedarf einer behördlichen Erlaubnis. Außerdem muss das Abbrennen von Produkten der Kategorie 4 vom Ordnungsamt genehmigt werden.

Zum Erwerb von solchen Feuerwerkskörpern muss man mindestens 21 Jahre alt sein, um eine geistige Reife sicherzustellen. Das erforderliche Mindestalter hatte der Berufsschüler zwar noch nicht, das Gericht hat bei dem 20-jährigen Heranwachsenenden jedoch die erforderliche Reife erkannt, um das Erwachsenenstrafrecht anzuwenden. Im Rahmen der Strafzumessung sei insbesondere gewertet worden, dass die Böller in die höchste Kategorie gehören, so ein Sprecher des Amtsgerichts.

Der Angeklagte hat in dem Prozess den objektiven Sachverhalt zwar eingeräumt. Er gab jedoch an, dass er die Feuerwerkskörper auf dem Fanfest nicht anzünden wollte. Er habe sie bei einem Familienausflug auf einem Markt in Tschechien gekauft und dann auf dem Schlossplatz eine Jacke angezogen, in der er die Knallkörper vergessen habe. Mit der Verurteilung zu der Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 15 Euro wäre der junge Mann vorbestraft, außerdem würde ein Eintrag im Führungszeugnis folgen. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig, der Angeklagte hat Berufung eingelegt. Es ist davon auszugehen, dass der Fall bald am Landgericht neu aufgerollt wird.

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Erstellt:
13. Mai 2025, 22:04 Uhr
Aktualisiert:
13. Mai 2025, 23:57 Uhr

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