Mit scharfem Essen für Abkühlung bei Hitze sorgen

Chilis können ins Schwitzen bringen. Trotzdem ist es bei sommerlicher Hitze keine schlechte Idee, die Gerichte schärfer zu würzen. Und nebenbei macht das sogar glücklich, weiß Chililiebhaber Gerd Ihle. Eine Backnangerin hat sich sogar zu einer Schärfeweltmeisterschaft gewagt.

Die Schärfe der Nachtschattengewächse Chili, Peperoni und Paprika kommt von dem Stoff Capsaicin. Foto: Adobe Stock/photocrew

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Die Schärfe der Nachtschattengewächse Chili, Peperoni und Paprika kommt von dem Stoff Capsaicin. Foto: Adobe Stock/photocrew

Von Anja La Roche

Backnang/Murrhardt. Heute ist der Tag des scharfen Essens. Zwar nicht in Deutschland, aber in den USA. Das könnte für Verwirrung sorgen, denn es gibt auch einen internationalen Tag des scharfen Essens am 16. Januar. Aber dass die Amerikaner der Schärfe gerade im Hochsommer einen Tag widmen, ist nicht weit hergeholt. Gerade in besonders heißen Ländern werden die Speisen besonders scharf gewürzt. Und wenn es in unseren Breitengraden im Sommer auch mal etwas heißer wird, kann scharfes Essen für ein klein wenig Abkühlung sorgen.

Mit Chili im Essen kennt sich Thai-Köchin Suphin Rauschmaier aus. Foto: Anja La Roche

Mit Chili im Essen kennt sich Thai-Köchin Suphin Rauschmaier aus. Foto: Anja La Roche

Besonders scharf genießen etwa die Bewohner des tropischen Thailands ihr Essen. Wer dort aufwächst ist das gewohnt. So auch Suphin Rauschmaier, die seit 2017 das Restaurant Lanna-Thai in Backnang betreibt. Ursprünglich kommt die 60-Jährige aus dem Norden Thailands, der Provinz Lamphun. Dort werde jeden Tag scharf gegessen, erzählt sie, und zwar morgens, mittags und abends. Sie habe sich schon als Kind daran gewöhnt. „Ohne Schärfe fehlt etwas“, sagt Rauschmaier.

Die Köchin hat bereits eine Chiliweltmeisterschaft mitgemacht

Bei sommerlicher Hitze sei das kein Problem. „Es wird nur im Bauch heiß“, so die gebürtige Thailänderin. Und gut für den Körper sei es obendrein, besonders zum Abnehmen. Mit den Backnangern sei es hingegen schwierig, was das Vertragen von Schärfe angeht, gibt Rauschmaier zu. Das trifft vermutlich besonders auf das schärfste Gericht auf ihrer Speisekarte zu, das rote Curry. Mit Suphin Rauschmaier in Sachen Schärfe mitzuhalten dürfte unmöglich sein. Sie erzählt, sie habe 2006 bei den Weltmeisterschaften im scharf Essen in Thailand teilgenommen. 56 Gramm rote Chili aus den USA habe sie damals verspeist.

Die Thailänderin isst 56 Gramm Chili bei der Weltmeisterschaft 2006. Foto: privat

Die Thailänderin isst 56 Gramm Chili bei der Weltmeisterschaft 2006. Foto: privat

Danach habe es Eiscreme zur Abkühlung gegeben. Das hilft gegen das brennende Gefühl im Mund, genauso wie kühle Milch. Das Lieblingsessen von Rauschmaier ist – wenig überraschend – rotes ThaiCurry.

Scharfe Gerichte können kühlende Wirkung haben

Ist es nicht widersprüchlich, bei Hitze scharf zu essen? Unter anderem das Bundeszentrum für Ernährung erklärt, warum scharfe Gerichte sogar eine kühlende Wirkung entfalten können: Das in Paprika- und Chilischoten enthaltene Capsaicin sorgt für das brennende Gefühl, denn es dockt an Nervenrezeptoren an, die unserem Gehirn eine Verbrennung oder Verletzung melden. Daraufhin weiten sich die Blutgefäße und der Körper wird stärker durchblutet. Die Körpertemperatur steigt und man fängt an zu schwitzen. Wenn der Schweiß auf der Haut verdunstet, wird dem Körper Wärme entzogen.

Der Ernährungswissenschaftler Uwe Knop formulierte das im Gespräch mit dem Nachrichtenportal Focus online so: „Wenn wir Chili zu uns nehmen, setzen wir eine Kühlreaktion des Körpers auf die Phantomhitze in Gang.“ Dass vor dem ersehnten Frischekick das Gefühl von Hitze in uns aufwallt, lässt sich übrigens auch dem Englischen Wort „hot“ entnehmen. Denn das bedeutet zugleich „heiß“ und „scharf“.

Chililiebhaber empfinden die Schärfe als erfrischend

Auch wenn ein Abkühlungseffekt durch scharfes Essen entsteht, muss das nicht die Ursache dafür sein, dass in heißen Länder meist besonders scharf gegessen wird. Eine Studie aus dem Jahr 2021 kann keinerlei Zusammenhänge nachweisen. Auch nicht bezüglich einer anderen These, dass Bewohner tropischer Gegenden oft wegen der antibakteriellen Wirkung von Chili scharf essen würden. Diese These geht davon aus, dass der Mensch aufgrund evolutionsbiologischer Prozesse Gewürze als lecker empfindet, wegen ihrer Fähigkeit, schädliche Bakterien abzutöten.

Für die meisten Chililiebhaber sind diese Überlegungen allerdings sowieso zweitrangig. Ob Sommer oder Winter – Hauptsache, es ist scharf. So geht es auch Gerd Ihle aus Murrhardt, der in seiner Freizeit Chilis anbaut, sie zu Soßen weiterverarbeitet und verkauft; dieses Jahr sollen es etwa 800 Produkte werden. „Die Schärfe tut einfach gut, das ist erfrischend“, so der 63-Jährige. Ob diese ihm bei Hitze Abkühlung verschafft, kann er allerdings nicht sagen, denn er esse das ganze Jahr über scharf – wenn auch in milder Variante im Vergleich zur thailändischen Küche.

Gerd Ihle

© Jörg Fiedler

Gerd Ihle

Und dann könnte man auch noch zum wahren Grund vorstoßen, warum manche Menschen von scharfem Essen nicht genug bekommen: Die Schmerzempfindung soll einen Endorphinkick auslösen. Auf der Webseite von Ihles Chilimanufaktur Chilma ist das so beschrieben: „Das Gefühl, wenn die Augen zu tränen beginnen und sich die ersten Schweißperlen auf der prickelnden Kopfhaut bilden, macht regelrecht süchtig.“

Foto: Jörg Fiedler
Die Dosis macht das Gift

Gewohnheit Wie gut man mit Schärfe zurechtkommt ist Sache der Gewohnheit. So essen laut dem Chemischen Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe die Bewohner Mexikos und Thailands täglich etwa 25 bis 200 Milligramm Capsaicinoide pro Person. In Mitteleuropa soll die durchschnittliche Aufnahme hingegen nur 1,5 Milligramm pro Tag betragen (Stand 2011). Anfänger sollten mit geringer Dosis beginnen.

Zu viel schadet Zu viel des brennenden Stoffs kann gesundheitsschädigend sein. Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt vor einer Aufnahme von mehr als fünf Milligramm Capsaicin pro Kilogramm Körpergewicht bei einer Mahlzeit. Das entspricht 300 Milligramm bei 60 Kilogramm Körpergewicht. Eine 20 Gramm schwere Chilischote könnte bis zu 300 Milligramm enthalten.

Überdosis Das Bundesinstitut für Risikobewertung berichtet, dass bei übermäßig hohem Verzehr von Chili ernst zu nehmende gesundheitliche Beeinträchtigungen beobachtet wurden, darunter Symptome wie Schleimhautreizungen, Übelkeit, Erbrechen oder Bluthochdruck. Besonders empfindlich seien Kinder, bis hin zu schwerwiegenden Vergiftungen.

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Erstellt:
19. August 2022, 06:00 Uhr

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