Mit der Biene auf Du und Du

Meike Höfliger hat sich in den vergangenen Jahren als Imkerin einen Namen gemacht. Doch es geht ihr nicht nur um den Honig. Der Natur- und Bienenpädagogin ist es ein Herzensanliegen, Kindern die Natur nahezubringen.

Imkerin Meike Höfliger zeigt den jungen Besucherinnen und Besuchern der Grundschule in Kirchberg das Innenleben eines Bienenstocks. Ebenfalls interessiert guckt Schuldiakon Eckhard Vörding zu. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Imkerin Meike Höfliger zeigt den jungen Besucherinnen und Besuchern der Grundschule in Kirchberg das Innenleben eines Bienenstocks. Ebenfalls interessiert guckt Schuldiakon Eckhard Vörding zu. Foto: Tobias Sellmaier

Von Simone Schneider-Seebeck

Allmersbach im Tal. Die Kirchberger Grundschülerinnen und Grundschüler wissen schon so einiges über Bienen. Und Angst haben sie auch fast keine vor den fliegenden Nützlingen, wie sich nach einer Frage von Imkerin Meike Höfliger herausstellt. Dennoch gibt es durchaus noch Wissenslücken zu füllen, wie sich an diesem Vormittag herausstellt. Denn die Ferienbetreuung mit Schuldiakon Eckhard Vörding und Kernzeitbetreuerin Angelika Goullet findet an diesem leider etwas regnerischen Tag im „Naturreich“ von Meike Höfliger in Allmersbach im Tal statt.

Zunächst einmal gibt es nach Anreise und Fußmarsch eine Vesperpause in der Halle, die zart nach Bienenwachs und Honig duftet. Zufrieden betrachtet die pädagogische Mitarbeiterin Angelika Goullet die wettergerechte Kleidung der Kinder. Denn die sollen den Vormittag nicht nur in der Halle verbringen, sondern auch nach draußen gehen. Während der erste Hunger gestillt wird, gibt es schon ein paar Infos über Bienen. In leicht verträglichen Häppchen, „Mini-Inputs“, wie Meike Höfliger das nennt, denn wie sie weiß: „Die Kinder wollen nicht wie in der Schule sitzen und sich einen Vortrag anhören.“

Die meisten Wildbienen leben in der Erde

Auch wenn die Schülerinnen und Schüler schon so einiges wissen, manches ist für sie neu. So erfahren sie nun etwa, dass Wildbienen im Gegensatz zu Honigbienen zu etwa 90 Prozent nicht im Bienenstock, sondern in der Erde leben und eher Einzelgänger sind. Wie solche Erdlöcher aussehen, demonstriert Meike Höfliger mit einem Wildbienenhaus, in das Glasröhrchen eingesetzt worden sind.

Angst vor einem Stich der Tierchen nimmt sie ebenfalls: „Vor Wildbienen braucht ihr gar keine Angst zu haben. Der Stachel ist so klein, dass er gar nicht durch die Haut geht“, erklärt sie. Für das Aufstellen von Bienenunterkünften gibt es auch wichtige Tipps. So sollten diese nicht aus Ton oder Backstein bestehen, das Material ist zu rau für die empfindlichen Flügel der Insekten. Bei Unterkünften aus Holz ist darauf zu achten, dass die Lochränder peinlich genau abgefeilt sind. Mit einem Wattestäbchen lässt sich das leicht prüfen: Einfach in das gebohrte Loch einführen, mehrfach drehen, dann wieder herausziehen. Wenn das Wattestäbchen noch genauso aussieht wie zuvor, sind die Gänge richtig.

Drei kleine Augen auf der Stirn

Als Nächstes wird gemalt. Mit Bunt- und Wachsstiften soll jedes Kind eine Biene zu Papier bringen. Da erfährt man auch wieder so einiges. Etwa, dass Bienen eigentlich gelb-braun und nicht gelb-schwarz sind. Letztere Farbkombination gibt es nur bei Hornissen und Wespen. Oder dass die Tierchen vier Flügel, sechs Beine, zwei Fühler und neben den beiden großen Facettenaugen noch drei kleine Augen auf der Stirn haben. Je nachdem ergänzen die Kinder entsprechend ihre Kunstwerke.

Wie es sich mit Facettenaugen schaut, das dürfen die Jungen und Mädchen auch noch mit einer speziellen Brille ausprobieren. So manchem wird dabei gar schwummrig. Hören können Bienen übrigens nicht über Ohren, sondern mit ihren Knien, damit nehmen sie Erschütterungen wahr.

Zu zeigen gibt es auch vieles. Meike Höfliger zeigt etwa, wie ein Bienenkasten aufgebaut ist. Mithilfe einer Art Wabenschablone gibt der Imker die Größe der Waben vor, die die Arbeiterinnen anlegen, und steuert so auch, welche Arten von Bienen heranwachsen sollen. Fasziniert betrachten die Kinder eine Wabe, in der noch eine männliche Biene übrig geblieben ist. Und was vermutlich auch keiner gedacht hätte – würden Bienen in der Natur bauen, dann verliefen die Wabenkonstruktionen in einem ganz eigenen Muster. Fast sieht das Beispiel, das in einer Trinkwanne von Bienen angelegt wurde, aus wie ein Labyrinth.

Die Scheu vor der Natur verlieren

Dass Bienen, Hornissen und Wespen nicht aus Boshaftigkeit angreifen, erfahren die Grundschüler ebenso wie dass rund 25 Kilogramm Futter notwendig sind, um die Bienenvölker durch den Winter zu bekommen. Und dass man keine Glassteine in Insektentränken legen soll, sondern lieber Holz oder normale Kiesel, da diese sich nicht so stark aufheizen in der Sonne.

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Es nieselt weiterhin, doch das macht keinem etwas aus, als es für die nächsten Attraktionen nach draußen geht, auf das Gelände nebenan. Dort zu entdecken gibt es Bienenlöcher, die beiden Eselstuten, die die Hühner gegen Fressfeinde bewachen sollen, die Wachteln, die hübsch gemusterte Eier legen, und das große Biotop, in dem Kaulquappen schwimmen und sogar der eine oder andere Frosch für geduldige Augen zu sehen ist.

Die Kinder sollen die Scheu vor der Natur verlieren

Es ist Meike Höfliger sehr wichtig, Kindern den Umgang mit der Natur nahezubringen. Zunächst waren hauptsächlich Allmersbacher Kinder zu Besuch, mittlerweile kommen sie schon von weiter her, wie eben die Kirchberger, denen es sehr gut gefällt.

„Kinder sollen die Scheu vor der Natur verlieren“, wünscht sich die Erziehungswissenschaftlerin und Naturpädagogin. Denn diese Scheu gibt es selbst auf dem Land, wo man eigentlich mitten in der Natur lebt.

Vor allem die beiden Eselstuten, die unter Aufsicht auch gestreichelt, gestriegelt und gefüttert werden dürfen, kommen bei Kindern gut an. Vor den Hühnern haben sie dagegen eher ein bisschen Angst, ist Meike Höfliger aufgefallen.

„Kinder haben nicht mehr so viel Kontakt zur Natur“, hat sie beobachtet, das selbstständige Erforschen komme immer seltener vor. Dazu gehört beispielsweise auch, sich dreckig zu machen. Das werde heutzutage weniger toleriert als früher, ist ihre Erfahrung.

Ein festes Programm hat sie für ihre Naturerlebnisse nicht, das Wichtigste für sie ist, dass die Kinder Spaß haben, die Natur mit allen Sinnen erleben und nach Möglichkeit auch die ein oder andere Furcht überwinden können. Deshalb geht sie spontan und individuell auf die Gruppen ein. Allerdings, um eins kommt niemand herum: Eine Biene zu malen, ist für alle Pflicht.

„Imkerei am Turm“

Anfänge Vor etwa 14 Jahren hat die Unternehmerin Meike Höfliger ihre Liebe zur Imkerei entdeckt. Vor acht Jahren wurde daraus eine eigene Firma, die ihren Sitz im stillgelegten Richtfunkturm in Allmersbach bezogen hat – daher auch der Name „Imkerei am Turm“.

Vergrößerung Nachdem der Turm 2008 stillgelegt worden war, kaufte Meike Höfligers Mann Markus Höfliger das zwei Hektar große Gelände. Bald zeigte sich, dass die Räumlichkeiten nicht ausreichten. 2022 wurde dann der Neubau direkt nebenan eröffnet, mit großer Lagerhalle, einem wunderschön gestalteten Hofladen und einem Staudenbeet wie aus dem Pflanzenprospekt. Mit mittlerweile 150 Bienenvölkern, die überall im Landkreis verteilt sind, und etwa zwölf Tonnen Honig im Jahr gehört Meike Höfligers Imkerei zu den größten des Landes.

Nebenan Auf dem dazugehörigen Gelände – einem verwunschen anmutenden, blühenden Paradies – leben Wachteln, Hühner und zwei Eselstuten. In einem Folientunnel werden Tomaten angebaut, zudem gibt es eine große bepflanzte Kräuterspirale und Beeren. Nicht zu vergessen das Biotop, das unter anderem Libellen eine Heimat bietet.

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Erstellt:
25. Mai 2024, 11:00 Uhr

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