Von Melanie Maier

ASPACH. Über zu wenig Platz konnten die Konzertbesucher sich nicht beschweren in der „Wir machen Druck“-Arena im Fautenhau am Rand von Großaspach. 2000 statt wie normalerweise 35000 Fans waren bei den vier Konzerten von Andrea Berg im Juli zugelassen, 999 waren es bei den Auftritten von Giovanni Zarrella (siehe Text unten) und der Bee-Gees-Coverband „Nightfever“ (wir berichteten). Alle sechs Musikabende, die im Rahmen des Modellversuchs von Landkreis, Gemeinde und Veranstalter AFM Consulting stattfanden, waren ausverkauft. Nicht nur deshalb sind die Beteiligten mit dem Ausgang des Modellprojekts zufrieden.

Es sei ein Lichtblick, „dass auch unter besonderen Bedingungen mehr Normalität möglich ist“, sagt Landrat Richard Sigel. Aspachs Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff, die bei allen sechs Konzerten dabei war, ergänzt: „Wir haben wichtige Erkenntnisse gewonnen, wie Großveranstaltungen unter Pandemiebedingungen funktionieren können.“ Diese Erkenntnisse seien wertvoll für das 50-jährige Jubiläum der Gemeinde, das 2022 groß gefeiert werden soll. Als grundlegend für das Gelingen des Projekts nennen die Organisatoren die Anwesenheit von Ansprechpartnern vor Ort sowie die Aufklärung der Teilnehmenden über die geltenden Regeln vorab.

Wie die Besucher selbst die Sicherheit der Konzerte beurteilen, untersucht Beate Kegler. Die Kulturforscherin und ihr Team waren am zweiten Veranstaltungswochenende vor Ort und führten Befragungen durch. Über eine Onlineumfrage hatten die Teilnehmenden zudem die Chance, ihr Feedback abzugeben. „Insgesamt scheint es, so der erste Eindruck, sehr gut gelungen, die Gratwanderung zwischen Sicherheitsbedürfnis und Erlebnishunger zu beschreiten“, sagt Kegler. Der überwiegende Anteil der Menschen habe die Konzerte sichtlich genießen können und sich an die Hygienemaßnahmen gehalten. Ein erstes Ergebnis zur Studie wird Ende August erwartet.

„Es fühlt sich sehr normal an“

Die Stimmung unter den Gästen sei sehr ausgelassen, gleichzeitig aber diszipliniert gewesen – das sagt Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff genauso wie Jutta Bogner, die Einsatzleiterin des Sicherheitsdienstes. „Ein paar Leute mussten wir darauf hinweisen, Abstand zu halten, das war aber auch schon alles“, sagt sie. Die Einsätze des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hielten sich ebenfalls in Grenzen. Sie ließen sich an zwei Händen abzählen, berichtet Einsatzleiter Jörg Guhr. Bei einem normalen Andrea-Berg-Konzert seien es allein 40 bis 50. Behandelt wurden Wespen- und Zeckenstiche sowie Kreislaufprobleme. Für Guhr Kleinigkeiten: „Das ist eher wie eine große Gartenparty.“

Ähnlich sahen das wohl die Besucher. Koni Dietrich, 50, und Edel Prötschler, 54, aus Hechingen, tanzten am Freitag ganz oben auf der Tribüne Discofox zur Musik von Giovanni Zarrella. Für beide war es das erste Konzert in diesem Jahr. „Es fühlt sich sehr normal an“, sagte Dietrich. Dennoch begrüßte sie die freie Platzwahl: „Unten in der Menge würde ich jetzt nicht gerne sein.“ Doch so, mit Abstand, an der frischen Luft, wäre alles super. „Es ist wirklich sehr gut gemacht“, stimmte Prötschler ihr zu.

Für Michaela, 51, und Stephan Götz, 47, aus Leonberg war das Zarrella-Konzert eine „willkommene Abwechslung vom Alltag“: „Es ist fast schon ungewohnt, wieder unter Leuten zu sein“, sagte Michaela Götz. Dass alle Besucher den 3-G-Nachweis erbringen mussten, fanden beide sehr sinnvoll. „Es ist sicher eine gute Idee, bis die Lage wieder normaler ist“, sagte Stephan Götz.

Das sahen auch Daniela Maaß, 52, und ihre Tochter Janina, 11, aus Allmersbach am Weinberg so, die sich in der Pause eine Tüte Pommes teilten. „Dadurch, dass man weiß, dass alle negativ sind, fühlt man sich wohl“, sagte Daniela Maaß. Sie selbst sei seit März geimpft. „Ich wurde am Freitag in der Schule getestet“, erklärte Janina Maaß.

Auch das Wetter spielte im Großen und Ganzen mit. Erst am Abschlussabend, beim letzten der „Heimspiele“ von Andrea Berg, regnete es gegen Ende in Strömen. Davon ließen sich die Schlagersängerin und ihre Fans aber nicht vom Feiern abbringen. „Es waren für mich vier tief berührende Heimspiel-Abende – so intensiv, so besonders!“, so Berg. „Zu spüren, wie die Menschen nach fast eineinhalb Jahren ohne Konzerte und persönliche Begegnungen diese Momente genossen haben, war ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Ich freue mich schon jetzt auf unser baldiges Wiedersehen!“

Andrea Berg, ihr Team und die an der Veranstaltung beteiligten Unternehmen erklärten, die Erlöse des Abschlussabends den Opfern und Helfern der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz spenden zu wollen.

Die Termine für das 15. Heimspiel in der „Wir machen Druck“-Arena stehen bereits fest: Die Konzerte werden am 15. und 16. Juli 2022 stattfinden. Der Samstagabend ist nach Angaben der Veranstalter schon jetzt ausverkauft, für den Freitagabend (15.7.) sei unter www.andrea-berg.de noch ein Ticketkontingent verfügbar.