TV-Krimi-: „Die Tote vom Jakobsweg“

Mord am Ende der Welt

In dem sehenswerten Galicien-Krimi „Die Tote vom Jakobsweg“ in der ARD spielt naturgemäß auch die Religion eine erhebliche Rolle.

Ermitteln am Strand: Mercédes Navarro (Mercedes Müller), David Acosta (Michael Epp) und Adrían Martinéz (Dirk Borchardt, v. li.)

© Degeto/La Diapo Fotografía

Ermitteln am Strand: Mercédes Navarro (Mercedes Müller), David Acosta (Michael Epp) und Adrían Martinéz (Dirk Borchardt, v. li.)

Von Tilmann P. Gangloff

Die internationalen Donnerstagskrimis im Ersten spielen in der Regel an Orten oder in Gegenden, die keiner Erklärung bedürfen: Barcelona, Zürich, Masuren, Kroatien; und so heißen sie dann auch. Daher lautete der Arbeitstitel dieses möglichen Auftakts zu einer weiteren Reihe „Der Galicien-Krimi“. Dass die ARD-Tochter Degeto davon Abstand genommen hat, lässt sich leicht nachvollziehen, zumal die Verwechslungsgefahr mit Galizien (heute zum Teil in Polen, zum Teil in der Ukraine) allzu groß ist. Galicien befindet sich im nordwestlichen Spanien.

Hape Kerkeling hat mit dem Donnerstagskrimi rein gar nichts zu tun, kennt die Gegend jedoch recht gut: 2001 ist er nach Santiago de Compostela gepilgert. Seine Erfahrungen hat er in dem 2006 erschienenen Buch „Ich bin dann mal weg“ verarbeitet. Seither ist der Jakobsweg, übertrieben formuliert, in aller Munde; die Degeto konnte also davon ausgehen, dass der Titel „Die Tote vom Jakobsweg“ mehr Aufmerksamkeit erregen wird als „Der Galicien-Krimi“. Natürlich spielt das Pilgerwesen in dem Film eine große Rolle. Abgesehen von den optischen Eindrücken geht es dabei jedoch vor allem um einen wirtschaftlichen Aspekt: Ein Mord auf dem Jakobsweg ist nicht gut fürs Geschäft. Entsprechend groß ist der Druck, unter dem die Ermittlungen stehen.

Zusätzlicher Zündstoff

Weil’s in den Krimis aber immer auch menscheln soll, haben sich der während der Drehbucharbeit verstorbene Xaõ Seffcheque und seine Schreibpartnerin Lina Victoria Schmeink eine spezielle Konstellation einfallen lassen: Das Team bekommt mit David Acosta (Michael Epp) einen neuen Chef aus Valencia, was für Unmut sorgt, denn eigentlich war Lokalmatador Adrián Martinez (Dirk Borchardt) zur Beförderung vorgesehen.

Für zusätzlichen Zündstoff zwischen den beiden Alphatieren sorgt die Tatsache, dass Martinez mit Acostas zukünftiger Ex-Frau (Henriette Richter-Röhl) liiert ist, was der Chef erst später erfährt; er hat sich extra nach Santiago versetzen lassen, weil er auf einen Neuanfang hofft. Die junge Kommissarin Mercédes Navarro (Mercedes Müller) tut als Dritte im Bunde alles, um zwischen den beiden charakterstarken Kerlen zu vermitteln.

Zum Glück sind diese Befindlichkeiten nicht wichtiger als die Ermittlungsebene, zumal der Fall dank des religiösen Hintergrunds reizvoll ist: Das Opfer, Sofia, war Mitarbeiterin des Pilgerbüros, ist erst ausgeraubt und dann am Kap Finisterre (Ende der Welt), dem Abschluss des Jakobswegs, ins Meer gestürzt worden. Da war sie bereits tot. Ertrunken ist sie – doch nicht im Meer, sondern in einem Taufbecken, wie Mercédes herausfindet. Nun bringt das Drehbuch allerlei Verdächtige ins Spiel, die mehr oder minder mit dem Pilgergeschäft zu tun haben.

Neben dem zentralen Trio ist der Krimi vor allem wegen der Bildgestaltung sehenswert. Regisseur Adolfo J. Kolmerer und Kameramann Christian Huck eint eine fruchtbare Zusammenarbeit; zu den gemeinsamen Meriten zählt unter anderem die Fitzek-Verfilmung „Der Heimweg“. Die Rückblenden, in denen die Tat geschildert wird, sind ohne Übertreibung große Kunst. Ein Bonus war die seltene Erlaubnis, in der Kathedrale von Santiago zu drehen.

Die Tote vom Jakobsweg. Donnerstag, 22. Mai, 20.15 Uhr, ARD

Zum Artikel

Erstellt:
20. Mai 2025, 15:02 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen