Mord-Urteil teilweise aufgehoben

Fall Strümpfelbach: Bundesgerichtshof erkennt Formfehler im Urteil gegen den Ex-Freund der 22-jährigen Backnangerin Katharina K.

Im Dezember des vergangenen Jahres hat das Landgericht Stuttgart den Ex-Freund der Backnangerin Katharina K. des Mordes an der 22-Jährigen für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt. Dagegen hat Daniel E. wiederum Revision eingelegt und nun zum Teil recht bekommen. Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt ein Formfehler vor.

Daniel E. (links) war im Dezember 2018 wegen Mordes an seiner Ex-Freundin, der 22-jährigen Backnangerin Katharina K. verurteilt worden. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof nun teilweise aufgehoben. Verteidiger Thomas Raich (rechts) hofft darauf, dass der Mordvorwurf sich im neuen Verfahren nicht bestätigt. Archivfoto: A. Becher

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Daniel E. (links) war im Dezember 2018 wegen Mordes an seiner Ex-Freundin, der 22-jährigen Backnangerin Katharina K. verurteilt worden. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof nun teilweise aufgehoben. Verteidiger Thomas Raich (rechts) hofft darauf, dass der Mordvorwurf sich im neuen Verfahren nicht bestätigt. Archivfoto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG/STUTTGART. Warum hat Daniel E. im November 2017 seine Ex-Freundin, die 22-jährige Backnangerin Katharina K., in ihrer Wohnung im Stadtteil Strümpfelbach getötet, ihre Leiche angezündet und anschließend auf dem Komposthaufen eines Gartengrundstücks bei Ludwigsburg versteckt? Für das Landgericht Stuttgart war die Sache klar: Gegen Daniel E. lief zu jener Zeit ein Verfahren wegen Betrugs, eine Verurteilung gegen ihn zeichnete sich ab. Hätte er das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn, so die Vermutung, könnte er dem Strafvollzug womöglich entgehen. Zugleich hatte Katharina K. jedoch das alleinige Sorgerecht angestrebt. E. habe also den Verlust des Sorgerechts auch deshalb verhindern wollen, um eine Haftstrafe zu vermeiden. Zu diesem Schluss kamen zumindest die Richter nach der mehrmonatigen Beweisaufnahme.

Nur: In der zugelassenen Anklage war das Motiv noch anders dargestellt worden. Darin war lediglich die Rede davon, dass E. seine Ex-Freundin umbrachte, damit diese seine Falschangaben im Streit um das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn nicht aufdeckte. „Dem Angeklagten hätte ein förmlicher Hinweis darauf erteilt werden müssen, dass das Landgericht die Annahme des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe auf eine Motivlage zu stützen gedachte, die von der in der Anklageschrift angenommenen deutlich abwich“, moniert der erste Strafsenat in seinem Beschluss. Dem seien die Richter nicht nachgekommen. „Der Verfahrensfehler nötigt auch zur Aufhebung der Urteilsfeststellungen. Allerdings sind die Feststellungen zum äußeren Geschehen im Gegensatz zu denen zur inneren Tatseite von dem Verfahrensfehler nicht betroffen und haben daher Bestand“, heißt es weiter.

Keine Zweifel an der Täterschaft Daniel E.s

In der Folge heißt das: Der BGH hat die Sache zurück an eine andere Strafkammer des Landgerichts verwiesen. Diese muss nun erneut darüber verhandeln. Was bedeutet das konkret? Eines steht fest: Daniel E. bleibt in Haft – und das nicht nur, weil er auch noch wegen eines anderen Vergehens verurteilt wurde. „Der BGH hat nicht beanstandet, dass er Katharina K. getötet hat“, erklärt dessen Verteidiger, der Backnanger Rechtsanwalt Thomas Raich. „Darüber muss kein Beweis mehr erhoben werden.“ Die neue Strafkammer des Landgerichts muss nun aber prüfen, ob es wirklich Mord war oder doch Totschlag.

Unstrittig ist: Am Abend des 8. November 2017 hat der damals 24-jährige Daniel E. die 22-jährige Katharina K. in deren Wohnung in Backnang-Strümpfelbach erwürgt, während die beiden Söhne der jungen Frau nebenan schliefen. Diese Umstände werden zum äußeren Geschehen gezählt und bleiben gültig. Außer E. selbst, der bis zum Schluss abstritt, Katharina K. getötet zu haben, hatte auch während des Prozesses niemand seine Täterschaft infrage gestellt.

Diese Form der Aggression, das Würgen, hatte E. schon zuvor angewandt. Eine andere Ex-Freundin hatte glaubhaft vor Gericht geschildert, wie er auch sie im Streit am Hals gepackt und beinahe bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hatte. Auch sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Kurierfahrer den Leichnam seiner Ex-Freundin anschließend zielgerichtet nach Eglosheim transportierte, mit Dieselkraftstoff übergoss und anzündete. Die sterblichen Überreste der jungen Frau packte er im Anschluss wieder zusammen und lud sie in einem Gartengrundstück in Asperg ab, wo er versuchte, sie in einem Komposthaufen zu verstecken. Das Vorgehen sei kaltblütig gewesen, hatte der Vorsitzende Richter Uwe Tetzlaff bei der Urteilsbegründung ausgeführt. Es zeige, wie planvoll Daniel E. vorgegangen sei.

Verteidiger hofft auf neue Verurteilung wegen Totschlags

Anders hatte damals der Verteidiger die Sache dargestellt. Dass Daniel E. zuvor schon eine aggressive und handgreiflich Verhaltensweise an den Tag gelegt hatte, leugnete auch Raich in seinem Plädoyer im vergangenen Jahr nicht. Mit dem Unterschied: Davor sei es immer noch gut gegangen, sein Mandant habe rechtzeitig aufgehört. „Es spricht für eine spontane Tat.“ Vielleicht habe er auch an jenem Novemberabend gedacht, er hätte alles unter Kontrolle, „Aber dieses Mal war es nicht so, Katharina ist dabei gestorben.“ Einen Tötungsvorsatz, ein planvolles Vorgehen, wollte der Verteidiger daher nicht erkennen,

Welche Version des Vorgefallenen zutrifft, wird nun erneut vor dem Stuttgarter Landgericht erörtert. Um Klarheit über das Motiv zu erlangen, wird neu verhandelt. Es müsse die Frage geklärt werden, was in den Wochen vorher sowie unmittelbar vor der Tat passiert sei, erklärt der Verteidiger. „Es wird wohl eine relativ aufwendige Beweisaufnahme“, mutmaßt Raich. „Für uns ist ganz wichtig, dass dieser Mordvorwurf vom Tisch kommt“, führt er weiter aus. Sein Mandant war wegen Mordes bei besonderer Schwere der Schuld zur höchstmöglichen Strafe verurteilt worden – einer lebenslangen Haft. Eine neue Verurteilung wegen Totschlags wäre „eine deutliche Verbesserung“, so Raich. Zum Zeithorizont der neuen Verhandlung könne man derzeit noch keine Aussagen treffen, Raich geht aber davon aus, dass es erst im Frühjahr 2020 losgeht – „sicherlich nicht mehr in diesem Jahr“.

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Erstellt:
30. Oktober 2019, 14:52 Uhr

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