Müll macht nach wie vor viel Geschäft

Abfallwirtschaft im Rems-Murr-Kreis ist seit einem Jahr neu organisiert – Online-Angebote werden stark genutzt – Projekte auch außerhalb der Kernaufgaben

Seit einem Jahr ist die Abfallwirtschaft im Rems-Murr-Kreis neu organisiert: Die AWRM hat am 1. Januar 2018 die Nachfolge der früheren AWG angetreten und gleichzeitig die Aufgaben des Abfallwirtschaftsamts im Landratsamt übernommen. Möglich wurde diese Zusammenlegung durch die neue Rechtsform „Anstalt öffentlichen Rechts – AöR“. Jetzt wurde auch die Führungsmannschaft neu aufgestellt.

Das Führungsteam der AWRM wurde jetzt neu aufgestellt (von links): Lutz Bühle, Anika Fritz, Marcus Siegel, Gerald Balthasar und Landrat Richard Sigel. Foto: privat

Das Führungsteam der AWRM wurde jetzt neu aufgestellt (von links): Lutz Bühle, Anika Fritz, Marcus Siegel, Gerald Balthasar und Landrat Richard Sigel. Foto: privat

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Im ersten Jahr ihres Bestehens hat die AWRM, wie sie in einer Mitteilung unterstreicht, bereits einiges geleistet. Zahlen, Daten und Fakten erlauben einen Blick hinter die Kulissen des Abfallgeschehens an Rems und Murr – denn Müll macht viel Geschäft.

Anstalt öffentlichen Rechts: Der Landkreis bedient sich wegen steuerlicher Vorteile dieser Konstruktion, die überhaupt erst seit Dezember 2015 in Baden-Württemberg für kommunale Unternehmen verfügbar ist. Eine solche Kommunalanstalt ist einerseits selbstständig, andererseits aber eng mit dem Landkreis verzahnt. Somit kann sie auch hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Dazu gehört insbesondere all das, was mit den Müllgebühren zusammenhängt. Die frühere AWG firmierte dagegen als GmbH. Ihre Tätigkeit war auf das operative Geschäft beschränkt – die Organisation der Müllabfuhr. Die hoheitlichen Aufgaben waren dagegen Amtssache. Diese Aufspaltung wird mit der AWRM (Abfallwirtschaft Rems-Murr) als AöR aufgehoben. Für die neue Organisation wurde dann auch rasch ein neues Logo entwickelt.

Vorstand: Bei der Umstellung von der GmbH auf die AöR blieb das Führungsgespann zunächst bestehen: Gerald Balthasar als technischer und Kreiskämmerer Frank Geißler als Finanzvorstand. Da Geißler Ende dieses Monats in den Ruhestand tritt, hat die AWRM ihre Spitze neu aufgestellt: Neben Balthasar (59) als Vorstand Technik und Vorstandsvorsitzender wurden für 2019 Marcus Siegel (51) und Anika Fritz (35) vom Verwaltungsrat zu Vorständen bestellt. Siegel ist seit Januar 2014 als Prokurist im Unternehmen tätig. Als Projektleiter bearbeitete er die Neuorganisation der Abfallwirtschaft. Zudem ist der Diplom-Betriebswirt maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass die AWRM heute schuldenfrei ist. Anika Fritz ist Vorständin für Unternehmensentwicklung und Kommunikation und bildet ab 1. Februar, wie seither Geißler, in Teilzeit auch die Schnittstelle zum Landkreis. Fritz hat an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Altenholz studiert und ist seit August 2014 beim Landratsamt tätig. Lutz Bühle, seit August 2015 als Abteilungsleiter Technik bei der AWRM tätig ist, erhält zum 1. Februar die Prokura. Auch zukünftig verantwortet der 37-jährige promovierte Agrarwissenschaftler die technischen Bereiche der Biovergärungsanlage und Deponien der AWRM. „Die neue Führungsstruktur setzt bewusst auf Kontinuität und Erfahrung – sozusagen auf Innenentwicklung“, betont Landrat Richard Sigel, der Verwaltungsratsvorsitzende der AWRM, „denn gerade im Bereich der Abfallwirtschaft müssen Ziele immer langfristig gedacht und umgesetzt werden, um erfolgreich und nachhaltig zu wirken.“ Mit dem neuen Vorstand werde auf technisches Know-how, betriebswirtschaftliche Kompetenz und gute Kommunikation gesetzt, „um die vielfältigen und zunehmenden Herausforderungen rund um die Abfallwirtschaft im Landkreis weiterhin erfolgreich zu meistern“.

Blühflächen für Insekten: Außerhalb des eigentlichen Kerngeschäfts der Abfallwirtschaft hat die AWRM bereits im vergangenen Jahr Projekte in den Bereichen Naturschutz, Biodiversität, Abfallvermeidung und Klimaschutz angestoßen. So legt sie auf allen vier Mülldeponien im Kreis im Bereich der Wertstoffstationen Blühflächen für Insekten an – dies als Beitrag zur Stärkung der Biodiversität, also der Artenvielfalt, und als Maßnahme, um dem Artenrückgang entgegenzuwirken. Auch auf der Deponie Steinbach wird Lebensraum für verschiedenste, auch geschützte Tier- und Pflanzenarten geschaffen: Nach der Rekultivierung werden dort Magerwiesen angelegt.

Geschirrspülmobil: Die AWRM betreibt den Verleih von Geschirrspülmobilen als Beitrag zur Abfallvermeidung. Die Mobile sind mit Geschirr und Spülmöglichkeiten ausgestattet und bieten Kommunen, Vereinen und Privatleuten die Möglichkeit, nachhaltig – ohne Plastik- oder Einweggeschirr – feiern zu können. Dank des Sponsorings der Sparkassenstiftung schafft die AWRM jetzt zwei neue Geschirrspülmobile an, die die alten, in die Jahre gekommenen Modelle ersetzen.

Müllinseln: Die AWRM hat zur Remstal-Gartenschau 2019 ein eigenes Abfallwirtschaftskonzept vorgelegt. Neben den Geschirrspülmobilen, die bei Veranstaltungen zum Einsatz kommen, sind Müllinseln als Entsorgungsstationen geplant. Die optisch ansprechenden Stationen sollen die Besucher der Gartenschau für das Thema Abfall sensibilisieren. Bereits mehr als die Hälfte der teilnehmenden Gartenschau-Kommunen hat Interesse am Konzept der AWRM signalisiert.

Elektronische Dienste: Für den Erinnerungsservice per E-Mail, der auf anstehende Abfuhrtermine hinweist, haben sich bereits über 23000 Nutzer angemeldet. Per Push-Nachricht auf dem Smartphone lassen sich sogar über 161000 Nutzer der Abfall-App auf bevorstehende Tonnenleerungstermine hinweisen. Die AWRM-Fundgrube verzeichnet pro Monat durchschnittlich 31000 Zugriffe über App und übers Internet. Wer etwas zu verschenken hat, kann die Sachen dort online ausschreiben.

Müllmarken online: Die im Jahr 2017 eingeführte Möglichkeit, Müllmarken online zu bestellen, erfreut sich wachsenden Zuspruchs. Gab es im ersten Jahr 5843 Bestellungen für 10564 Müllmarken, so waren es 2018 bereits 7185 Bestellungen für 13229 Müllmarken. Im Dezember 2018 wurde dann der Service erweitert, um Abfallkleber bereits fürs Folgejahr ordern zu können. So kam es in den letzten zwei Wochen des alten Jahrs zu 1048 Bestellungen für 1956 Marken.

Gebührenbescheide: Welchen Umfang das Gebührenmanagement hat, lässt sich an der Zahl der Gebührenbescheide für die Jahresgebühr ablesen. 188301 Privathaushalte haben im vergangenen Jahr solche Mitteilungen erhalten, ferner 11963 Gewerbebetriebe. Hinzu kommen die Änderungsbescheide, die übers Jahr verteilt ergingen: 30590 für Privathaushalte und 5033 für Gewerbebetriebe.

Telefonkontakte: 5200 Anrufer melden sich im Monat bei der AWRM, sei es über die Hotline der Abfallberatung oder der Gebührenveranlagung, sei es über die Telefonzentrale. Das sind etwa 250 Anrufe pro Arbeitstag oder alle zwei Minuten ein Anruf. In den Spitzenzeiten rund um den Jahreswechsel geht die Zahl auf fast 9000 Anrufer im Monat hoch, das sind 450 Anrufe pro Arbeitstag.

Großbaustellen: Die AWRM betreibt derzeit mehrere Großbaustellen. Allein im Raum Backnang sind es drei: Auf dem Altteil der Deponie Steinbach wird in zwei Bauabschnitten die endgültige Abdichtung vorgenommen. Parallel dazu läuft im Neuteil eine Erweiterung, weil die Kapazitäten ausgeschöpft sind. Und schließlich haben im Herbst die Bauarbeiten für einen neuen Flüssigdüngerspeicher plus Gasspeicher und leistungsfähigere Blockheizkraftwerke begonnen.

Die Zahl der Anlieferungen auf den Mülldeponien im Kreis (Steinbach, Kaisersbach, Schorndorf und Winnenden) hat seit 2010 stark zugenommen – pro Tag von 626 auf 949.

Die Zahl der Anlieferungen auf den Mülldeponien im Kreis (Steinbach, Kaisersbach, Schorndorf und Winnenden) hat seit 2010 stark zugenommen – pro Tag von 626 auf 949.

Mülldeponie Steinbach: Im Altteil (rechts) wird die endgültige Abdichtung vorgenommen, im Neuteil läuft eine Erweiterung. Archivfoto: F. Muhl

© Florian Muhl

Mülldeponie Steinbach: Im Altteil (rechts) wird die endgültige Abdichtung vorgenommen, im Neuteil läuft eine Erweiterung. Archivfoto: F. Muhl

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Erstellt:
29. Januar 2019, 06:00 Uhr

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