Mülltonnen in Deutschland: Zu viel, was da nicht rein gehört

dpa Berlin. Altpapier-Sammlung, Altglas-Container, Wertstofftonne, Biotonne, Sammelbox für Batterien, Sperrmüll - um Müll korrekt zu trennen, gibt es in Deutschland viele Angebote. Trotzdem landet im Restmüll vor allem eine Abfall-Art, die eigentlich wertvoll wäre.

„Wir trennen gut, aber eben nicht sehr gut“: Tonnen für Hausmüll, Bioabfälle, Altpapier und Wertstoffe. Foto: Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa

„Wir trennen gut, aber eben nicht sehr gut“: Tonnen für Hausmüll, Bioabfälle, Altpapier und Wertstoffe. Foto: Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa

Reichlich Biomüll, aber auch Papier, Glas, Plastik und immer wieder Batterien: In deutschen Restmüll-Tonnen landet viel, was anders entsorgt werden müsste.

Fast 40 Prozent des Gewichts sind Bioabfälle, die auf den Kompost oder in die Biotonne gehören, wie das Umweltbundesamt ermittelt hat. Gut ein Viertel sind Wertstoffe, die recycelt werden sollten. Dazu kommen 0,5 Prozent „Problemfälle“ wie Batterien, Lack oder Energiesparlampen, die Schadstoffe enthalten. Tatsächlicher Restabfall - wie Windeln, Staubsaugerbeutel, Kippen oder Kehricht - macht nur ein Drittel des Restmüll-Gewichts aus.

Um das herauszufinden, haben Helfer im Auftrag des Umweltbundesamts seit 2018 per Hand 504 Stichproben sortiert, das entsprach dem Inhalt von mehr als 2800 Mülltonnen. Und zwar nicht einfach aus Neugierde, sondern um herauszufinden, wie sich Mülltrennung und -vermeidung in Deutschland noch verbessern lassen.

Es war die erste bundesweite Restmüll-Analyse seit 1985, und aus Umweltsicht gibt es eine gute Nachricht: Heute fällt nur noch fast halb so viel Restmüll pro Einwohner und Jahr an, die Menge sank von 239 auf 128 Kilogramm. Vor allem Altpapier, Altglas, Metalle und Kunststoffe landen seltener in der Restmülltonne als damals, hier gibt es Rückgänge von bis zu 80 Prozent. Bei der Gesamtmenge des Abfalls seien die Deutschen aber nicht besser geworden, sagte Bettina Rechenberg vom Umweltbundesamt, da sei noch viel zu tun.

Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth sprach bei der Vorstellung der Ergebnisse am Dienstag von einer „Erfolgsgeschichte“. Er mahnte aber auch: Ziel müsse sein, alles, was sich wiederverwerten lasse, auch zu recyceln. „Wir trennen gut, aber eben nicht sehr gut.“

Bei der Untersuchung fielen Unterschiede zwischen ländlichen, kleinstädtischen und städtischen Hausmüll-Tonnen auf: In Kleinstädten und Vororten ist die Hausmüll-Menge mit 110,5 Kilo pro Einwohner und Jahr demnach am geringsten, auf dem Land sind es 124,5 Kilo und in der Stadt mit 151,1 Kilo am meisten. Mit Blick auf die Art der Häuser zeige sich, dass „mit zunehmender Bebauungsdichte die Gesamthausmüllmenge und auch der Wertstoffeintrag in die Restmülltonne zunehmen“, heißt es in den Ergebnissen.

Besonders problematisch ist das bei der Entsorgung von Lithium-Ionen-Akkus. Die Batterien, die sich etwa in Smartphones, elektrischen Zahnbürsten und Laptops finden, könnten durch Beschädigung zum Brandauslöser werden, warnte der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE). Sie gehörten nicht in die Mülltonne, sondern in Batteriesammelbehälter im Einzelhandel oder auf Recyclinghöfen. Nur etwa jede zweite verkaufte Batterie landet nach Branchenzahlen jedoch in den Sammelstellen. Damit werden zum einen Mitarbeiter in Müllfahrzeugen und Sortieranlagen gefährdet. Darunter leide aber auch die Umwelt, weil die Rohstoffe der übrigen Batterien nicht wieder verwertet werden können.

Was also ist zu tun? Die Umweltbehörden setzen auf bessere Informationen und Appelle an die Verbraucher und Hauseigentümer, aber nicht nur. Flasbarth nahm vor allem die Biotonnen in den Blick: Da gebe es mengenmäßig das „allergrößte Potenzial“, Biomüll gehöre in Biogas- und Kompostieranlagen. Seit 2015 sei zwar die getrennte Sammlung vorgeschrieben, nicht aber die Biotonnen in den Haushalten. Manche Kommunen böten auch zentrale Sammelstellen an, das sei offenkundig nicht ausreichend etwa fürs Entsorgen von Küchenabfällen.

Um das zu verbessern, sei man mit dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) im Gespräch, sagte Flasbarth. Die Dichte an Biotonnen müsse erhöht werden und man müsse sehen, ob es rechtliche Schritte brauche. „Allerdings lassen sich einige Hürden nicht einfach per Gesetz wegdefinieren“, teilte eine Sprecherin des VKU mit. Entscheidend seien die Akzeptanz und der Wille in der Bevölkerung, Bioabfälle zu trennen. Der Verband wies darauf hin, dass zu viele Fremdstoffe wie Plastikabfälle in der Biotonne landeten, die die weitere Verwertung „schwer bis unmöglich“ machten. Für Rechenberg ist die Sache klar, das UBA ist für eine bundesweite Biotonnen-Pflicht. Bei der Ausstattung mit Biotonnen gebe es ein „gewisses Nord-Süd-Gefälle“, sagte sie.

Auch die Entsorgung anderer Dinge, die nicht in den Restmüll gehören, sollte den Bürgern aus UBA-Sicht erleichtert werden. In mehr als drei von fünf Proben wurden Batterien und Akkus gefunden. Die Behörde fordert deswegen, Sammelsysteme - wie gekennzeichnete Boxen in Supermärkten - auszubauen, ebenso wie Sammel- und Rücknahmeangebote für Elektrokleingeräte und Energiesparlampen.

© dpa-infocom, dpa:200728-99-953005/5

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Erstellt:
28. Juli 2020, 18:14 Uhr

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