Hanno Kluges Mundartsammlung geht an Weissacher Heimatverein

Der schwäbische Mundartautor Hanno Kluge hat dem Heimatverein Weissacher Tal seinen Nachlass vermacht. Die Mitglieder des Vereins haben nun vor, die Bücher, CDs und DVDs zu archivieren und Interessierten zugänglich zu machen.

Zwei Umzugskisten voller Bücher, CDs und DVDs hat Hanno Kluge ins Heimatmuseum nach Unterweissach gebracht. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Zwei Umzugskisten voller Bücher, CDs und DVDs hat Hanno Kluge ins Heimatmuseum nach Unterweissach gebracht. Foto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Dass ein Autor oder Künstler seinen Nachlass noch zu Lebzeiten vermacht, das kommt nicht so häufig vor. Umso mehr schätzen die Mitglieder des Heimatvereins Weissacher Tal die Geste des schwäbischen Mundartautors Hanno Kluge, der nach einem Auftritt im Heimatmuseum in Unterweissach im März nicht nur dem Verein spontan beigetreten ist, sondern diesem nun auch noch seine vollständige Mundartsammlung übertragen hat. Zwei Umzugskisten voller Bücher, CDs und DVDs hat Kluge vor Kurzem im Auto von seinem Heimatort Böblingen-Dagersheim nach Unterweissach gefahren. Die Mitglieder des Heimatvereins Weissacher Tal haben nun vor, deren Inhalt zu sichten, zu archivieren und Interessierten so bald wie möglich auch zugänglich zu machen.

Doch welche Werke stehen überhaupt im Bücherregal eines schwäbischen Mundartautors? Bei Hanno Kluge konnte man bis vor Kurzem Titel wie zum Beispiel „Wie dr Schwob schwätzt“ oder „Die Wahrheit über Schwaben“ lesen – Bücher, aus denen der 1945 geborene Sindelfinger Inspiration schöpfte oder Wörter nachschlagen konnte. Doch auch Bücher, die Kluge selbst geschrieben hat, wie zum Beispiel den im Jahr 2017 zusammen mit Susanne Zimmerer veröffentlichten Band „FederSpiele“, hat der Autor nun dem Heimatverein vermacht. In seiner mittlerweile 42 Jahre andauernden Schaffenszeit als Fürsprecher, Verbreiter und Vermittler des Schwäbischen ist bei dem zweifachen Träger des renommierten Sebastian-Blau-Preises für schwäbische Mundart so einiges zusammengekommen. Irgendwann müsse er sich sowieso von den Sachen trennen „und dann sind sie hier am besten aufgehoben“, erklärt der kinderlose Autor die Entscheidung, die Sammlung dem Heimatverein Weissacher Tal zu übergeben.

Es sei ihm leicht gefallen, sich von den rund 200 Büchern und etwa 50 CDs und DVDs zu trennen, sagt der 77-Jährige. Nur einige ausgewählte Nachschlagewerke und je eine Ausgabe seiner eigenen Bücher habe er noch daheim. Einen gewissen ideellen Wert habe die Sammlung aber. „Manches könnte man wahrscheinlich unbesehen wegwerfen“, urteilt er. „Aber da ist zum Beispiel auch ein Büchlein von 1913 dabei.“ Kluges Nachlass ist wahrscheinlich eine der wenigen Sammlungen schwäbischer Literatur und Musik, die sich über mehr als ein Jahrhundert erstrecken.

Wie und wo die Sammlung ausgestellt wird, steht noch nicht fest

Jürgen Hestler, Max Schröder, Karl-Heinz Häusser und Konrad Erb nehmen die beiden Umzugskisten vor dem Eingang des Heimatmuseums entgegen. In der warmen Stube erklärt Schröder, er werde sich der Schätze gerne annehmen, sie mit zu sich nach Hause nehmen und katalogisieren. Später könne eine Liste der Werke auf der Webseite des Heimatvereins veröffentlicht werden. Wie und wo sie schlussendlich ausgestellt werden, stehe noch nicht fest.

Wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass Kluge in Kontakt mit dem Heimatverein gekommen ist, das berichtet der erste Vorsitzende Jürgen Hestler. Schon vor zwei Jahren hätte Kluge mit dem Liedermacher Anton Tauscher als Duo „knitz und liederlich“ im Heimatmuseum auftreten sollen. Doch die Pandemie ließ das erst in diesem Jahr zu. Im Rahmen der Winterkulturtage waren Kluge und Tauscher zu Gast. Der „feinsinnige und hintersinnige“ Mundartautor habe die Vereinsmitglieder alle sehr beeindruckt, erinnert sich Hestler: „Er hat es uns allen sehr angetan.“ Schon einen Tag später bekam er eine E-Mail von Kluge, der dem Verein beitreten wollte. Seither ist er Mitglied ist. Das ehrenamtliche Engagement der Vereinsmitglieder habe ihn gerührt, erläutert Kluge. „Der Verein gehört einfach unterstützt. Das kann man nicht so einfach sauen lassen. Natürlich kann ich nicht jedes Mal aus Sindelfingen herfahren, aber das eine oder andere Mal werde ich bestimmt dabei sein“, bekräftigt er.

Per E-Mail teilt Kluge dem Heimatverein seine Entscheidung mit

Im Juni erreichte Hestler die Nachricht, ebenfalls per E-Mail, dass Kluge dem Verein seine Sammlung vermachen möchte, damit sein Vermächtnis zusammenbleibt. „Wir haben uns sehr geehrt gefühlt, dass er den Heimatverein als würdig sieht“, so Hestler.

Kluge hatte vor, die zwei Kartons „ohne großes Brimborium“ zu übergeben, für die Vereinsmitglieder war das allerdings keine Option. Sie wollten ihre Wertschätzung ausdrücken, zumindest im kleinen Rahmen. Daher das Treffen im Oberling des Heimatmuseums, bei dem der kurze gemeinsame Weg Revue passieren gelassen wird.

Nach den einleitenden Worten Hestlers greift Max Schröder, ein „Bruder im Geiste“, wie Hestler ihn nennt, zur Gitarre und spielt seinen „Laugaweckles-Blues“, eine Ode an die Laugenbrötchen des Bäckers Stark in Lippoldsweiler, der seine Backstube geschlossen hat. „Ich freue mich unheimlich über den Kontakt“, sagt Schröder. Kurz darauf trägt Kluge sein Gedicht „Mundart worom? Drom“ vor. Der Anfang einer weiteren Zusammenarbeit? Die Mitglieder des Heimatvereins würden es sich wünschen. Erste Ideen dafür kommen schon an diesem Vormittag auf, „vielleicht machen wir ja noch mal einen Abend“, schlägt Kluge in Anspielung auf seinen bisher einzigen Auftritt im Heimatmuseum vor.

Hanno Kluge

Werdegang Der schwäbische Mundartkünstler Hanno Kluge wurde 1945 in Sindelfingen geboren und wuchs in Böblingen auf. Nach dem Gymnasium absolvierte er ein Pädagogikstudium, anschließend studierte er Sonderpädagogik. Von 1972 bis 2004 war er als Lehrer an der Sprachheilschule in Sindelfingen tätig. Kluge wohnt in Böblingen-Dagersheim und im Südschwarzwald.

Mundart Seit 1980 veröffentlicht Kluge in schwäbischer Mundart. Erschienen sind seither auch neun Bücher. Kluge ist Mitbegründer des im schwäbischen Sprachraum aktiven Vereins „schwäbische mund.art“ und Initiator des von Ministerpräsident Winfried Kretschmann unterstützten Projekts „Mundart in der Schule“. Mehrfach wurde Kluge mit Preisen ausgezeichnet, darunter zweimal mit dem renommierten Sebastian-Blau-Preis für schwäbische Mundart. Im Laufe seiner 42-jährigen Karriere stand der Mundartautor bereits um die 300 Mal auf der Bühne, solo und mit anderen Künstlern.

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Erstellt:
6. Oktober 2022, 16:00 Uhr

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