Musik, die Generationen verbindet – Einblicke in die Arbeit einer Backnanger Band

Bands von hier Die Backnanger Band No Diggity spielt Coversongs, aber auch Eigenkreationen. Wer sie zum ersten Mal sieht, könnte meinen, er sieht doppelt: Die beiden Frontmänner Peter und Matthias Hannemann sind eineiige Zwillinge. Ihre Musik spricht Jüngere und Ältere an.

Mitch Zyder, Martin Kolb, Matthias Hannemann und Peter Hannemann (von links) sind No Diggity. Foto: Christopher Cocks

© CHRISTOPHER COCKS

Mitch Zyder, Martin Kolb, Matthias Hannemann und Peter Hannemann (von links) sind No Diggity. Foto: Christopher Cocks

Von Marina Heidrich

Backnang. Für manche Schüler ist es peinlich, den Klassenlehrer auf einem Rockkonzert zu treffen. Was aber, wenn der Lehrer selbst auf der Bühne steht? Das kann einem bei der Backnanger Band No Diggity passieren. Und so mancher im Publikum reibt sich verdutzt die Augen, weil er doppelt sieht – ohne vorherigen Alkoholkonsum.

Wer einen Auftritt von No Diggity besucht, dessen Blick fällt als erstes auf die beiden Frontmänner und Gitarristen Peter und Matthias „Matze“ Hannemann. Eineiigen Zwillingen sagt man oft nach, dass sie ungewöhnlich viel verbindet. Bei den Brüdern Hannemann ist das definitiv der Fall. Die beiden 50-Jährigen sind Lehrer – beide in der Lehrfachkombination Sport und Mathematik. Beide lieben Musik und spielen Gitarre. Vor einiger Zeit konnte man sie kaum auseinanderhalten. Gestik, Mimik, Stimme – alles identisch. Seit Matthias Hannemann Haare und Bart abgeschnitten hat, ist dies allerdings einfacher.

Vor zehn Jahren erhielt Matthias Hannemann einen Anruf aus Backnang. Er war damals seit drei Jahren als Lehrer an einer Schule in Istanbul tätig. Am Apparat war sein Bruder Peter. Der klang ganz aufgeregt: „Juhu, wir haben jetzt eine Band. Eine echte!“ Mehr oder weniger unterschwellig signalisierte er dem Bruder: Und du musst heimkommen und mitmachen. Die Band bestand aus Peter Hannemann, Bassist Mitch Zyder (früher bei der Backnanger Band Geddess) und dem damaligen Drummer Gerhard Dinger.

Wer zu spät kommt, muss singen

Auf einer privaten Party hatten die drei gejammt und sofort einen Draht zueinander gefunden. Kurze Zeit später war Matthias Hannemann tatsächlich wieder in heimischen Gefilden und Teil der Band No Diggity. Bereits an der Schule hatte der engagierte Pädagoge oft seine Gitarre dabei und bei den Schülern ein ganz eigenes System eingeführt, das gut angenommen wurde: Wer zu spät kommt, sucht sich ein Lied aus und muss singen. Was natürlich auch für den Lehrer galt.

Lachend erzählen die Hannemann-Brüder, dass sie das auch bei der Verteilung der Leadstimmen innerhalb der Band zunächst so praktizierten. Sehr schnell wuchs das Repertoire, die Band entwickelte sich weiter. Immer mehr Auftritte, zum Beispiel im Club in Backnang, kamen dazu. Für Gerhard Dinger wurde das zu viel, er stieg in gegenseitigem Einvernehmen aus. Der viel zitierte Kommissar Zufall hatte allerdings seine Hände im Spiel: Man stolperte regelrecht über den 54-jährigen Martin „Maht“ Kolb. Der Murrhardter hat einen sehr guten Ruf als Mensch und Schlagzeuger und bereits bei einigen Bands gespielt (unter anderem Willie and the Whankers). Seit fünf Jahren ist er nun Teil des No-Diggity-Universums und harmoniert vor allem mit Bassist Mitch Zyder (61) als Rhythmusfraktion.

Der Sound ist eine Mischung aus Indie und Classic Rock

Wenngleich auch die temperamentvollen Zwillinge Blickfang und Wortführer bei den Diggities sind, so haben doch die beiden anderen Bandmitglieder volles Mitspracherecht, insbesondere bei der Auswahl und beim Arrangements der Songs. Und die Lieder fügen sich alle nahtlos in den speziellen Sound der Band ein – eine Mischung aus Indie und Classic Rock. Songs der Red Hot Chili Peppers, aber unter anderem auch der Beatles verbreiten in der tanzbaren Version der Diggities ruckzuck gute Stimmung. Mittlerweile gehören auch Eigenkompositionen zum Programm. No Diggity bevorzugt einen rauen, nicht weichgespülten Stil mit Ecken und Kanten, der lebendig ist und das Publikum mitreißt.

Ein ganz besonderes Erlebnis hatte die Band vor wenigen Jahren. Es war Sommer, sehr heiß und die Luft im Proberaum in Sachsenweiler stickig. Kurz entschlossen verlagerten die Jungs ihre Bandprobe ins Freie. Sie waren so in die Musik vertieft, dass sie erst durch den lauten Applaus die mittlerweile große Ansammlung an Spaziergängern und Passanten bemerkten. Die Leute blieben stehen, wippten mit und kamen so in den Genuss eines spontanen Freiluftkonzerts. Das gefiel den Diggities.

Plädoyer für Straßenmusik

„Ich bin ein großer Fan von Straßenmusik, zum Beispiel findet in Ludwigsburg ja immer das Straßenmusikfestival statt. Oder die vielfältige Szene in Stuttgart, das ist doch großartig“, erläutert Martin Kolb. Der Drummer fragt sich: „Wieso kann so etwas nicht in einer so tollen Stadt wie Backnang mit der hier breit aufgestellten Musikszene stattfinden? Vielleicht unter ganz eigenen Bedingungen.“ Bassist Mitch Zyder nickt. „Es wäre schön, wenn hier vielleicht die Stadt eine Plattform stellt. Vielleicht einmal im Monat an einem Samstag während der warmen Zeit.“

Wie gut die Sache in der Praxis an-kommt, haben No Diggity selbst erlebt, indem sie einfach Backnanger Geschäftsleute ansprachen. So hat ihnen beispielsweise das Kino Universum die Möglichkeit gegeben, vor dem Eingang zu spielen, Geschäfte im Biegel zogen mit.

Die Auftritte dauerten nie lange, eine starke halbe Stunde, dann zogen die Musiker weiter. Es wurde nur mit kleinem Besteck gespielt, mit batteriebetriebenen Verstärkern, minimalem Schlagzeugequipment und in moderater Lautstärke – und trotzdem kam das Feeling bei den Zuhörerinnen und Zuhörern an.

Und ihren Schülern ist es mittlerweile auch nicht mehr peinlich, wenn die Brüder Hannemann auftreten. Im Gegenteil, vor der Bühne steht oft fast die ganze Klasse – inklusive der Eltern. Man feiert gemeinsam. Mit ihrer Musik verbinden die Diggities Generationen.

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Erstellt:
4. November 2022, 06:00 Uhr

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