Bahn-Infrastrukur

Muss man die Donautalbahn vor der Deutschen Bahn retten?

Seit Jahren wartet die Region rund um Ulm auf eine Sanierung der Donautalbahn, um ihrer lange geplante S-Bahn an den Start zu bringen. Nun denkt man an eine Radikallösung.

Ein Zug auf der von den Stadtwerken Ulm betriebenen Bahnstrecke von Senden nach Weißenhorn.

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Ein Zug auf der von den Stadtwerken Ulm betriebenen Bahnstrecke von Senden nach Weißenhorn.

Von Andreas Geldner

Kommt die Bahn im Land nur voran, wenn man der DB die Verantwortung für einige Strecken wegnimmt? Die Kommunen rund um Ulm, die seit fast eineinhalb Jahrzehnten das Projekt einer S-Bahn Donau-Iller verfolgen, stehen vor dieser Frage.

Wenn sie und das Land sich engagieren, geht es bei diesem Vorhaben aktuell voran, das einen Halbstundentakt auf elektrifizierten und modernisierten Strecken erlauben soll. Nun ist etwa der Vertrag zu Ausbau und Elektrifizierung der Brenzbahn zwischen Ulm und Aalen unter Dach und Fach.

Die Bahn hat eine Sanierung abgebrochen

Doch auf der Donautalbahn Richtung Ehingen und Blaubeuren, einer der wichtigsten Strecken des Gesamtprojekts, steckt man im Sanierungsstau der DB. Die Bahn hat vor einigen Jahren sogar eine bereits angelaufene Sanierung abgebrochen. Im Schatten zahlloser anderer Projekte hat die Strecke, die eigentlich als Hauptbahn klassifiziert ist, keine Priorität.

„Die Donautalbahn ist unsere weiche Flanke“, sagt Oliver Dümmler, Geschäftsführer des Vereins Regio S-Bahn Donau-Iller. Die DB könne bisher nicht ansatzweise einen Zeitplan nennen, ob und wann sie die Strecke noch einmal anpacke.

Den grünen Landesverkehrsminister hat er jedenfalls auf seiner Seite: „Ich unterstützte ausdrücklich solche Initiativen“, sagt Hermann. Auch beim jüngsten Gipfeltreffen des Landes mit der Bahn-Spitze warb Hermann für solche Konzepte: „Das ist ja aus Sicht des Landes keine Aktion gegen die DB, sondern vielmehr ein Angebot zur partnerschaftlichen, effizienten Arbeitsteilung.“

Kommunen machen es besser

Dass es besser geht, beweisen kommunale Unternehmen und Zweckverbände in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten. Zumeist hat die Bahn ihnen aber nur kleine Nebenstrecken abgegeben, die zumeist sogar schon stillgelegt waren.

In der Region Stuttgart gehören beispielsweise die Schönbuchbahn und die Wieslauftalbahn dazu. Auch die Stadtwerke Ulm konnten zwischen Senden und Weißenhorn bereits eine Strecke für die künftige S-Bahn Donau-Iller übernehmen.

Rund um Karlsruhe betreibt auch die Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG) eine Reihe von Bahnstrecken, die sie teils schon vor einem Vierteljahrhundert von der Deutschen Bahn übernehmen konnte. Dort war etwa die mit der Donautalbahn vergleichbare Regionalstrecke von Rastatt nach Freudenstadt, zu diesem Zeitpunkt noch in Betrieb. Auch mit der landeseigenen Bahngesellschaft SWEG, die nach der Eröffnung von Stuttgart 21 etwa die Infrastruktur der Panoramabahn in Stuttgart übernehmen soll, stünde ein potenzieller Betreiber zur Verfügung.

Steht die Bahn sich selbst im Weg?

Die Bahn stehe sich manchmal mit ihren eigenen Vorgaben und Vorschriften im Weg, sagt Oliver Dümmler: „Wenn sie Bahnsteige nach DB-Standard ausbauen müssen, wird es teuer. “ Die Bahn setzte sich strengere Vorgaben für Mindestbreiten oder Zugänge als dies gesetzlich vorgeschrieben sei. Das sei einer von vielen Faktoren, warum Strecken von anderen Eigentümern günstiger betrieben werden könnten.

Doch inzwischen streicht die Deutsche Bahn ungern Bahnstrecken aus ihrer Bilanz. Offiziell äußert sich die DB vorsichtig. Bisher liege keine konkrete Anfrage zu einer möglichen Übernahme vor. „Sollte die Idee einer Streckenübernahme an uns adressiert werden, werden wir dies selbstverständlich intensiv prüfen“, sagt eine Sprecherin. Man arbeite selber aber aktuell an Planungen für den Ausbau der Strecke.

Der Bund soll Druck machen

Der entscheidende Druck müsse vom Bund ausgehen, sagt der Ulmer Landtagsabgeordnete und bahnpolitische Sprecher der Grünen, Michael Joukov. Die Bahnspitze reagiere nur auf so etwas: „Bisher findet die Region bei der Bahn kein Gehör.“ Ohne eine kommunale Übernahme könne aber die Strecke nicht in dem Umfang ausgebaut werden, wie es nötig sei – etwa durch zweigleisige Abschnitte: „Die Bahn hat aktuell zu viele Sanierungen um die Ohren.“

Da sei nun auch die CDU und insbesondere deren Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Manuel Hagel, gefordert, der den an der Donautalbahn liegenden Wahlkreis Ehingen vertritt. Er müsse bei seinem Parteifreund und Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder intervenieren.

„Der Vorschlag aus der Region zeigt echten Gestaltungswillen und das Bewusstsein, dass man nicht einfach auf Entscheidungen der Bahn warten darf“, sagt Hagel auf Anfrage. Aber noch sei unklar, welche Kosten auf die Region zukämen und wie viel Geld der Bund für die Modernisierung etwa der Stellwerke in die Hand nehme. „Erst dann kann man bewerten, ob und wie und in welcher Rechtsform ein solches Modell tragfähig ist“, sagt der CDU-Politiker.

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Erstellt:
31. Oktober 2025, 11:20 Uhr

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