Coronavirus schränkt Baden-Württemberg weiter ein

dpa/lsw Stuttgart. Das Coronavirus bremst Baden-Württemberg zunehmend aus. Die jüngsten Verbote, Absagen und Einschränkungen wirken sich besonders stark auf die Wirtschaft aus. Unklar bleibt, wie lange die Unternehmen trotz der Ausfälle zurechtkommen.

Besucher genießen zur blauen Stunde das 81. Stuttgarter Frühlingsfest auf dem Cannstatter Wasen. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Besucher genießen zur blauen Stunde das 81. Stuttgarter Frühlingsfest auf dem Cannstatter Wasen. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Nach dem Aus für alle großen und etliche kleinen Veranstaltungen im Land wegen der Coronavirus-Pandemie rechnen Unternehmen, Aussteller, Hoteliers und Gastronomie in Baden-Württemberg mit deutlich wegbrechenden Umsätzen. Schausteller sprachen nach den Absagen des Stuttgarter Frühlingsfests und des Maimarktes in Mannheim von Existenzängsten. Mindestens zwei Drittel aller Buchungen bei Hotels und in der Gastronomie werden nach Angaben des Dachverbands der Branche storniert. Die Kliniken im Südwesten bereiten sich unterdessen auf eine Verschärfung der Lage vor.

Die Fraktionen im Landtag hatten am Mittwoch schnelle und unkomplizierte Hilfe für die Wirtschaft gefordert und unter anderem Geld aus Haushaltsrücklagen ins Spiel gebracht. Wie genau die Hilfen aussehen sollen, ist aber umstritten. Das Hilfspaket, das die Bundesregierung angekündigt hat und das unter anderem den Zugang zur Kurzarbeit erleichtern soll, geht vielen im Land nicht weit genug. Zur Debatte stehen Liquiditätshilfen, Steuerstundungen, Bürgschaften, Überbrückungskredite und Investitionsprogramme der öffentlichen Hand.

Unter anderem stehen Schaustellerverbände wegen der vielen abgesagten Veranstaltungen vor dem Aus. „Wir stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand. Für etliche von uns kann das eine Existenzfrage werden“, sagte Mark Roschmann, der Vorsitzende des Schaustellerverbands Südwest Stuttgart, der Deutschen Presse-Agentur.

Nach Schätzungen Roschmanns entsprechen die Einnahmen durch das Stuttgarter Frühlingsfest etwa einem Drittel des Umsatzes eines mittelgroßen Schaustellerbetriebs. Gegen Ausfälle zum Beispiel durch die Absage seien die Verbandsmitglieder nicht versichert. „Die laufenden Kosten sind da, die Abbuchungen auch.“ Das traditionsreiche Stuttgarter Frühlingsfest, das vom 18. April bis zum 10. Mai hätte stattfinden sollen, war am Mittwoch abgesagt worden.

Auch in anderen Bereichen wirkt sich das grassierende Coronavirus mit jedem Tag stärker auf den Alltag im Südwesten aus. Der Start des Sommersemesters an den Hochschulen im Land wird auf nach Ostern verschoben. Die Gymnasiallehrer in Baden-Württemberg fordern eine präventive Schließung aller Schulen bis Ostern - die Landesregierung ist aber weiter gegen pauschale Schulschließungen. Der Spielbetrieb an den Staatstheatern Stuttgart und Karlsruhe wird laut Kultusministerium bis nach den Osterferien eingestellt.

Auch Veranstalter trifft das jüngste Veranstaltungsverbot des Landes hart. Denn nach Angaben der baden-württembergischen Verbraucherzentrale erhalten Kunden ihr Geld zurück, wenn das Konzert, Fußballspiel oder die Messe abgesagt wird. Der Veranstalter komme durch die Absage seiner Verpflichtung nicht nach, erklärt die Zentrale auf ihrer Webseite.

Dies gelte auch, wenn eine Veranstaltung lediglich verschoben werde. Auch hier seien Verbraucher nicht verpflichtet, den Ausweichtermin wahrzunehmen. „Wer Tickets dagegen zurückgeben möchte, obwohl die Veranstaltung stattfindet, ist auf Kulanz angewiesen“, teilt die Zentrale weiter mit.

Das Robert Koch-Institut (RKI) stufte die an Deutschland grenzenden ostfranzösischen Gebiete Elsass und Lothringen als Coronavirus-Risikogebiete ein - das betrifft viele Pendler im Land. Die Zahl der mit dem Virus Sars-CoV-2 infizierten Patienten im Südwesten stieg bis Mittwochabend auf 336 Fälle. Das teilte das Gesundheitsministerium mit.

Auch die Kliniken im Südwesten bekommen die Ausbreitung des Coronavirus schon deutlich zu spüren. Schutzbekleidungsvorräte sind nach Angaben der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft noch vorhanden. „Aber die Preise dafür explodieren gerade“, sagte Hauptgeschäftsführer Matthias Einwag auf Anfrage. Aktuell zahle man für Masken, Schutzbrillen und andere Ausrüstung das Zehnfache als vor der Krisenzeit. Wegen der Knappheit an Nachschub müssten die Krankenhäuser neue Beschaffungswege vor allem in Osteuropa suchen.

Laut Einwag bereiten sich die Krankenhäuser darauf vor, dass nicht nur die Zahlen der Infizierten, sondern auch die der schwer an Covid-19-Erkrankten in die Höhe schnellen. „Tatsächliche Krankheitsfälle gibt es momentan noch ganz wenige. Aber da kommt etwas auf uns zu, das mutmaßlich ziemlich heftig ausfällt.“

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Erstellt:
12. März 2020, 05:46 Uhr

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