Nach Justizminister-Rücktritt: Bolsonaro verteidigt sich

dpa Brasília. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro verteidigt sich nach dem Rücktritt des beliebten Justizministers Sergio Moro. Er habe sich nie in irgendwelche Ermittlungen der Bundespolizei eingemischt.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro verteidigt sich nach dem Rücktritt des beliebten Justizministers Sergio Moro. Foto: Eraldo Peres/AP/dpa

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro verteidigt sich nach dem Rücktritt des beliebten Justizministers Sergio Moro. Foto: Eraldo Peres/AP/dpa

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat Anschuldigungen des zurückgetretenen Justizministers Sergio Moro von sich gewiesen, wonach er versucht haben soll, auf die Bundespolizei politischen Einfluss zu nehmen.

„Die Unterstellungen, dass ich über laufende Ermittlungen Bescheid wissen wollen würde, sind nicht wahr“, sagte Bolsonaro, umgeben von Ministern, in einer Ansprache in der brasilianischen Hauptstadt Brasília am Freitagabend (Ortszeit).

Moro - als Richter einer der bekanntesten Korruptionsermittler Brasiliens - hatte früher am Freitag mit der Begründung der versuchten Einflussnahme Bolsonaros seinen Rücktritt als Minister erklärt. Der Präsident wolle über eine Person aus seinem Umfeld Informationen der Bundespolizei abgreifen und Zugang zu Geheimdienstdokumenten haben, sagte er. Zuvor hatte Bolsonaro den Chef der Bundespolizei, einen engen Vertrauten Moros, entlassen.

Nach Bolsonaros Version hatte Moro dem Personalwechsel zugestimmt, aber erst im November, nach der Empfehlung an den Obersten Gerichtshof. „Es ist demoralisierend für einen Präsidenten, das zu hören“, sagte Bolsonaro. „Als Präsident muss ich niemanden um Erlaubnis fragen, um den Chef der Bundespolizei auszutauschen.“ Die Bundespolizei von Sergio Moro habe sich mehr mit Marielle Franco - der ermordeten schwarzen Stadträtin Rio de Janeiros - beschäftigt als mit dem Mann, der ihn im Wahlkampf mit einem Messer attackiert hatte.

Als er die Einladung Bolsonaros, Justizminister zu werden, annahm, sei ihm freie Hand bei der Personalauswahl versprochen worden, hatte Moro gesagt. Dass der damals neu gewählte rechtspopulistische Präsident den beliebten Untersuchungsrichter im Oktober 2018 in sein Kabinett holte, galt als Coup. Moro hatte die Ermittlungen zu „Lava Jato“ (Autowäscherei) - dem größten Korruptionsskandal Lateinamerikas - maßgeblich vorangetrieben und viele Politiker und Unternehmer hinter Gitter gebracht.

Im Jahr 2017 verurteilte er den ehemaligen linksgerichteten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva in erster Instanz wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe, wobei Moro sich nach Enthüllungen der Plattform „The Intercept“ des Investigativ-Journalisten Glenn Greenwald aus dem vergangenen Jahr unerlaubterweise mit den Staatsanwälten abgesprochen haben soll. Die Verurteilung Lulas, der in den Umfragen geführt hatte, ebnete Bolsonaro erst den Weg zum Sieg bei den Präsidentschaftswahlen.

Seit der zweiten Jahreshälfte 2019 hatte es jedoch vermehrt Unstimmigkeiten zwischen Bolsonaro und Moro gegeben, auch weil Bolsonaro begann, in die personelle Besetzung der Bundespolizei einzugreifen. Die aktuelle Überwerfung erfolgte inmitten einer Untersuchung gegen Bolsonaro-nahe Abgeordnete. Sie werden verdächtigt, Demonstrationen gegen den Obersten Gerichtshof und den Kongress finanziert zu haben.

Dazu wird die Position des Präsidenten in Brasília über seine Weigerung, das Coronavirus ernst zu nehmen, immer schwächer. Die Militärs in der Regierung gewannen darüber immer mehr Einfluss. Vor allem General Walter Braga Netto, als „Chefe da Casa Civil“ vergleichbar mit dem Kanzleramtschef, zieht die Strippen.

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Erstellt:
25. April 2020, 13:51 Uhr

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