Schutzgebiet im Schwarzwald
Naturschützer gehen auf Distanz zum Nationalpark
Statt um ursprünglich 2900 Hektar soll der Park jetzt nur noch um 1260 Hektar wachsen. Die Enttäuschung ist groß.

© Nationalpark Schwarzwald
Der Lückenschluss im Nationalpark kommt, aber er fällt deutlich kleiner aus als erwartet.
Von Thomas Faltin
Johannes Enssle, der Landeschef des Naturschutzbundes, kann es gar nicht fassen: Offensichtlich soll die Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald nochmals kleiner ausfallen und der Naturschutz eine noch geringere Rolle spielen als bisher geplant. Enssle kritisiert in deutlicher Sprache die Grünen, die wohl ihre Naturschutzziele aufgegeben hätten: „Sie haben ganz schön die Hosen heruntergelassen. Forstminister Peter Hauk, Forst BW und die CDU haben sich offensichtlich durchgesetzt.“
Es ist kein Geheimnis, dass CDU und Grüne beim Nationalpark unterschiedliche Ziele verfolgen. Zwar hatten sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel und Ministerpräsident Winfried Kretschmann im vergangenen Jahr auf Eckdaten zur Fusion der beiden Einzelflächen im Nordschwarzwald geeinigt. Doch Forstminister Peter Hauk (CDU) hatte angekündigt, um jeden Hektar Wirtschaftswald kämpfen zu wollen, und das tut er jetzt offensichtlich auch. Man fragt sich mittlerweile, wer bei diesem Thema in der CDU den Ton angibt, Hagel oder Hauk.
Ein Bannwald soll sogar wieder Wirtschaftswald werden
Das Land tauscht mit dem bisherigen Besitzer der benötigten Lückenschluss-Flächen, der privaten Genossenschaft der Murgschiffer, rund 2900 Hektar. Zunächst war dann aber geplant gewesen, unterm Strich nur 1500 Hektar in den Nationalpark aufzunehmen. Nun sei dieser Umfang nochmals auf 1260 Hektar heruntergestrichen worden, sagt Enssle. Die Gründe dafür sind unklar. Bisher sind die beiden Teile des Parks zusammen rund 10.000 Hektar groß.
Der Nabu hat gemeinsam mit dem BUND, dem Landesnaturschutzverband (LNV) in Baden-Württemberg und dem Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald eine Stellungnahme verfasst. Darin heißt es, dass es wirkliche Kernzonen, in denen die Natur sich selbst überlassen bleibt, im neuen Nationalpark-Teil vorerst nicht geben werde. Die Murgschiffer erhalten eine Tauschfläche rund um Enzklösterle, die bisher Staatswald war – dort solle nun zudem ein 100 Hektar großer Bannwald, der bereits seit 30 Jahren besteht, aufgelöst werden und wieder bewirtschaftet werden dürfen.
Weiter ärgert die Naturschützer, dass der Staatsbetrieb Forst BW für das Abtreten der Flächen an die Murgschiffer jährlich 550.000 Euro aus Naturschutzmitteln erhalten soll, sodass dort Geld fehlt. Die Mittel müssten aus dem Forstgrundstock des Landeshaushaltes kommen, moniert auch Sylvia Pilarsky-Grosch, die Landesvorsitzende des BUND. Daneben ist offenbar auch geplant, dem Forstministerium und Forst BW zwei weitere Sitze im Nationalparkrat zu geben.
Das Forstministerium schweigt zu der Kritik. Die Gespräche liefen noch, so Sprecher Sebastian Schreiber, weshalb man vorerst keine Auskunft geben könne. Die Sachverhalte werden aber auch von anderer Seite bestätigt.
Mittlerweile würden manche Naturschützer sogar auf Distanz zum Nationalpark gehen, so Johannes Enssle: „Für viele macht die Erweiterung jetzt kaum noch Sinn.“ Der Lückenschluss könne am Ende kein naturschutzfachlicher, sondern vor allem ein forstwirtschaftlicher Deal werden, fürchtet auch Gerhard Bronner, der Vorsitzende des LNV.
Im Herbst soll der Landtag über das neue Nationalparkgesetz abstimmen. Womöglich zum 1. Januar 2026 könnte die Erweiterung dann umgesetzt werden.