Naturschützer und Wanderbotschafter

25 Jahre lang hat Bernhard Drixler als Geschäftsführer die Geschicke des Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald geleitet. Demnächst geht er in den Ruhestand.

Bernhard Drixler in der Ausstellung im Naturparkzentrum Murrhardt. Dort ist er nur noch bis zum Jahresende anzutreffen. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Bernhard Drixler in der Ausstellung im Naturparkzentrum Murrhardt. Dort ist er nur noch bis zum Jahresende anzutreffen. Foto: J. Fiedler

Von Karl-Heinz Rückert

MURRHARDT. Der Gedanke an den Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald lässt bei manchem ein romantisches Bild von Wiesen, Wald und grandioser Natur vor dem geistigen Auge auftauchen. Doch der Naturpark zwischen Kocher, Rems und den Löwensteiner Bergen ist mehr. Dafür hat Bernhard Drixler gesorgt, der seit mehr als 25 Jahren die Geschäfte des Naturparkvereins führt. Ohne genau zu wissen, was diese Geschäftsführung überhaupt ist, habe er sich um den Posten beworben und wurde zum 1. April 1995 von dem damaligen Landrat des Rems-Murr-Kreises, Horst Lässing, zum Naturparkgeschäftsführer bestellt.

Der Weg dorthin war keineswegs geradlinig verlaufen. Zunächst begann Drixler 1971 eine Ausbildung zum Vermessungstechniker bei der Stadt Heilbronn. Danach holte er das Abitur nach, um Geodäsie zu studieren. Letztlich entschied er sich aber für ein Studium der Forstwissenschaften in Freiburg. Seine Referendarzeit führte ihn Mitte der 1980er-Jahre zu den Forstämtern Neuenstadt am Kocher, Schöntal und Bad Boll.

Im Staatsdienst beschäftigte sich Bernhard Drixler dann ab 1986 mit Forsteinrichtungen im Nordschwarzwald. In einem Landstrich zwischen Maulbronn, Pforzheim und Freudenstadt kümmerte er sich viereinhalb Jahre lang um die forstliche Standortkartierung und weitere viereinhalb Jahre um forstliches Controlling. „Ich kenne jeden Baum im Bereich der damaligen Forstdirektion Karlsruhe, wenn sie noch da sind“, sagt Bernhard Drixler lachend. Um ein Forstamt zugewiesen zu bekommen, musste er drei „Verwendungen“ nachweisen. Mit den Aufgaben im Nordschwarzwald waren zwei erfüllt. Die dritte sollte der Einsatz im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald bringen.

Ein Forstamt hat Drixler zwar nicht bekommen, aber ein umfassendes Aufgabenspektrum als Naturparkgeschäftsführer. Mit einer Fünfzig-Prozent-Dotierung ohne weitere Mitarbeiter leitete er vom Sitz des Naturparkvereins die Geschäfte von Mönchsberg bei Mainhardt aus. Damals war der Naturpark ein Förderinstrument für Projekte in der Parkregion. Drixlers Auftrag war, das jährliche Maßnahmenprogramm zu erstellen, es umzusetzen und abzuwickeln. Die zunehmenden Aufgaben erforderten bald den vollen Einsatz des Geschäftsführers.

Naturparkzentrum wurde im Juli 2004 eingeweiht.

Wachsende Ansprüche an die Naturparke in Deutschland forderten Naturparkzentren. Auch im Schwäbischen Wald standen dafür vier Standorte zur Auswahl. Letztlich entschied sich der Naturparkverein für das zentral gelegene Murrhardt. Im Juli 2004 wurde das Naturparkzentrum an der Ecke zwischen Marktplatz und Klosterhof eingeweiht. Mehr Öffentlichkeitsarbeit ließ das Aufgabenspektrum der Naturparkverwaltung regelrecht explodieren, erinnert sich Drixler. 1995 bestanden die Maßnahmen zur Hälfte noch aus der Unterhaltung von Erholungseinrichtungen. „Das war eine einfache Kiste“, erinnert sich der Geschäftsführer. Viele Bürgermeister der Naturparkkommunen betrachteten viele Jahre den Naturpark als touristisches Instrument.

Von anfänglichen 900 Quadratkilometern mit 37 Mitgliedsgemeinden hat sich der Naturpark 2014 auf 1200 Quadratkilometer und 48 Gemeinden in sechs Landkreisen ausgedehnt. „Wie bekomme ich diese alle unter einen Hut?“, war die Sorge des Geschäftsführers. Gemeinsame Identifikation für die Region war der Schlüssel zum Erfolg. Heute steht eine nachhaltige Regionalentwicklung mit vier Handlungsfeldern im Fokus. Nachhaltiger Tourismus und Erholung stehen weiterhin auf der Naturparkagenda wie Biodiversität mit Naturschutz und Landschaftspflege.

Die Naturparkschulen für Umweltbildung liegen Bernhard Drixler ebenso am Herzen wie die Direktvermarktung regionaler Erzeugnisse auf Naturparkmärkten. Den größten Erfolg während seiner 25-jährigen Amtszeit sieht der Geschäftsführer in der Ausbildung und Zertifizierung von 34 Naturparkführern. Als Botschafter vor Ort sind diese mit über 800 Veranstaltungsangeboten im Jahr zudem wichtige Multiplikatoren der Naturparkidee. „Querschnittsszenen wie Barrierefreiheit, Management, Organisation, Pressearbeit und Kommunikation stellen einen Vierklang dar, den der Naturpark zu bespielen hat“, umschreibt Drixler seine Aufgabenstellung.

Diese Vielfalt und damit verbundene Strukturen schlugen sich auch beim Dachverband Deutscher Naturparke nieder, dessen Vorstand Bernhard Drixler von 2004 an für zehn Jahre angehörte, und seit einem Jahr wieder im Beirat des Verbands vertreten ist. In dieser Aufgabenstellung lieferte Drixler einen Projektbeitrag über den Breitenauer See, der sozusagen direkt vor seiner Haustür in Obersulm liegt. Mit einer Urkunde aus der Hand der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel wurde die Qualität seiner Projektarbeit ausgezeichnet. Nach 50 Jahren im Berufsleben wird sich Bernhard Drixler, der im Juni seinen 65. Geburtstag feierte, gegen Ende des Jahres in den Ruhestand verabschieden. Wer den quirligen Macher und Netzwerker kennt, wundert sich nicht, wenn er weiterhin gesellschaftlich engagiert sein wird. Der Naturpark war zwar eine Herzensangelegenheit für den künftigen Ruheständler. Aber: „Da werde ich mich raushalten und nicht den Naturparkexperten mimen.“

Neuer Lebensabschnitt im nächsten Jahr.

Naturschutz, Jugendbildung in der nachhaltigen Entwicklung, inklusive Wanderbotschafter und Integration von Flüchtlingen sind Themen, um die sich Drixler in seiner neu gewonnenen Freizeit kümmern könnte. Dabei möchte er auch das übergreifende Netzwerk nutzen, das sich über 25 Jahre „so ergeben hat“. Der silbergraue Wagen an der Ecke beim Naturparkzentrum ist bislang ein Zeichen dafür: Der Chef ist an Bord. Wenn das Auto 2021 dort nicht mehr zu finden ist, dann hat der Initiator, Organisator, Moderator und Kommunikator Drixler das Naturparkschiff verlassen.

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Erstellt:
24. November 2020, 06:00 Uhr

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