1VERSE

Neue K-Pop-Band mit nordkoreanischen Geflüchteten

Mit 1VERSE debütiert erstmals eine K-Pop-Band, deren Mitglieder aus Nordkorea, Japan und den USA stammen. Zwei der fünf Musiker sind nordkoreanische Flüchtlinge – ein Novum in der K-Pop-Industrie.

1VERSE wollen nun weltweit Bühnen erobern. (Symbolbild)

© Melinda Nagy/ Shutterstock

1VERSE wollen nun weltweit Bühnen erobern. (Symbolbild)

Von Katrin Jokic

Mit der offiziellen Debütsingle „Shattered“ und dem Album „The 1st Verse“ hat die K-Pop-Band 1VERSE in der vergangenen Woche ihr Debüt gefeiert – und sorgt dabei nicht nur musikalisch für Aufsehen.

Zwei der fünf Mitglieder stammen aus Nordkorea und sind über Südkorea ihren Weg ins Rampenlicht gegangen. In einem Genre, das stark durch professionelle Ausbildung und klare Karrierepfade geprägt ist, bringt diese Band biografische Vielfalt und unterschiedliche Lebensrealitäten ein.

Wer ist 1VERSE?

1VERSE (ausgesprochen wie „universe“) ist ein multinationales K-Pop-Projekt unter dem südkoreanischen Label Singing Beetle. Die fünfköpfige Boygroup besteht aus:

  • Hyuk – geboren in der nordkoreanischen Provinz Hamgyong, floh 2013 nach Südkorea
  • Seok – ebenfalls aus Nordkorea, kam 2019 in den Süden
  • Aito – der Jüngste der Band, stammt aus Chiba, Japan
  • Kenny – chinesisch-amerikanischer Background, aufgewachsen in Los Angeles
  • Nathan – Amerikaner mit laotisch-thailändischen Wurzeln, aus Arkansas

Diese Zusammensetzung ist im K-Pop nicht nur ungewöhnlich – sie ist historisch: Noch nie zuvor debütierte eine K-Pop-Boygroup mit nordkoreanischen Flüchtlingen.

Von der Flucht ins Rampenlicht: Hyuks und Seoks Geschichte

Hyuk wuchs bei seinem Vater und seiner Großmutter in Nordkorea auf, sammelte täglich Feuerholz, bettelte, arbeitete für Soldaten oder stahl Essen – schlichtweg um zu überleben. K-Pop war für ihn in seiner Kindheit ein Fremdwort. Durch seine Mutter, die bereits nach Südkorea geflüchtet war, begann seine sechsmonatige Odyssee über mehrere Länder, bevor er 2013 mit 13 Jahren in Südkorea ankam.

In Seoul arbeitete er zunächst in Fabriken und Restaurants. Musikmanagerin Michelle Cho (ehemals SM Entertainment) entdeckte ihn durch einen TV-Beitrag und nahm Kontakt auf – was Hyuk zunächst für einen Betrug hielt. Doch aus den Wochenend-Rapkursen wurde ein echter Vertrag. Er schrieb bereits vor dem Debüt einen ersten Rap-Song mit dem Titel „Ordinary Person“, in dem er seine Vergangenheit verarbeitete.

Seok, Sohn einer etwas wohlhabenderen Familie, lebte nahe der chinesischen Grenze und hörte schon in Nordkorea heimlich K-Pop über geschmuggelte USB-Sticks. In Südkorea nahm er sein Hobby Fußball semi-professionell auf und studierte Sport. Während eines Fußballspiels wurde er schließlich für ein K-Pop-Idol-Programm angesprochen. Er war zunächst skeptisch, stieg dann aber in die Trainee-Welt ein – als völliger Neuling in Sachen Tanz, Gesang oder Medien.

K-Pop trifft Realität

Was für andere K-Pop-Trainees eine Kindheitsfantasie ist, war für Hyuk und Seok schlichtweg unvorstellbar. Trainerin Michelle Cho verglich sie gegenüber der BBC mit einem unbeschriebenen Blatt. Keine Popkultur-Sozialisation, kaum Selbstvertrauen, aber enorme physische Disziplin und der Wille, sich zu beweisen.

Beide absolvierten, wie die anderen Bandmitglieder auch, neben Tanz- und Gesangsunterricht auch Kurse in Medienkompetenz, Diskussionsführung und interkulturellem Austausch. Seok veröffentlichte während seiner Trainingszeit vereinzelt Videotagebücher auf TikTok, in denen er über seine Erfahrungen sprach. Die Rückmeldungen von Fans – darunter auch persönliche Briefe – zeigten ihm, dass seine Geschichte auf Interesse stieß.

Wie geht es weiter?

Nach dem Vorab-Track „Multiverse“ und der offiziellen Debüt-Single „Shattered“ (mit Lyrics von Hyuk und Kenny) steht ein US-Debüt bevor. Der Plan: Den amerikanischen Markt gezielt ansteuern. Doch Hyuks Traum reicht weiter – eines Tages sollen auch Menschen in Nordkorea seine Musik hören können.

Ob das möglich ist, ist fraglich. Denn das Regime in Pjöngjang verfolgt Konsum und Verbreitung südkoreanischer Popkultur mit harter Hand – bis hin zur Todesstrafe. Dennoch: USB-Sticks mit K-Dramen, Musikvideos oder westlicher Popkultur zirkulieren längst heimlich im Land. Vielleicht wird auch 1VERSE so eines Tages ihren Weg über die Grenze finden.

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Erstellt:
21. Juli 2025, 14:50 Uhr

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