Mobilitätsumfrage im Südwesten
Neue Radwege verlieren Zuspruch
Das Landesverkehrsministerium hat gefragt, wo die Bürger in Mobilität investieren würden. Der öffentliche Verkehr liegt vorn – und an einer Stelle wäre mehr politischer Mut möglich.

© Ines Rudel
Ein neu gebauter Radschnellweg im Filstal – die Mehrheit der Bürger blickt aktuell aber mehr auf den öffentlichen Nahverkehr.
Von Andreas Geldner
Das Auto holt leicht auf – und der Ausbau der Radwege verliert an Popularität. Das ist eine Lesart der aktuellen Umfrage des Landesverkehrsministeriums zur Frage, wo laut den Baden-Württembergern in den kommenden Jahren in die Mobilität investiert werden soll. Aber es gibt auch noch eine andere Botschaft. Trotz eines in den vergangenen Jahren verstärkt wahrnehmbaren Kulturkampfes rund um ökologische Mobilität gibt es weiter sehr klare Mehrheiten für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, auch wenn es die Bürgerinnen und Bürger zusätzlich etwas kosten würde.
Ist das Rad weniger wichtig als während Corona?
Alle zwei Jahre beauftragt das Verkehrsministerium ein Meinungsforschungsinstitut damit, mit einer repräsentativen Umfrage unter 1000 Menschen die Stimmung der Bürger beim Thema Mobilität einzufangen. Und hier gibt es im Vergleich zu den vergangenen Umfragen einige bemerkenswerte Trends. Den klarsten Rückschlag im Vergleich zu 2021 und 2023 erlebt dabei der weitere Ausbau der Fahrradinfrastruktur. Forderten vor vier Jahren noch 24 Prozent der befragten Menschen bessere Radwege, so sind es aktuell noch 14 Prozent. 2021 war allerdings das Corona-Jahr in dem ungewöhnlich viele Wege mit dem Rad zurückgelegt wurden und in den vergangenen Jahren sind vielerorts neue Radwege sichtbar geworden.
Der Trend zu Gunsten des Autos ist nicht ganz so deutlich. Doch die 13 Prozent Befürworter eines weiteren Neu- und Ausbaus von Straßen sind mehr als die zehn beziehungsweise neun Prozent der Jahre 2021 und 2023. Einen entsprechend gegenläufigen Trend gibt es beim Thema Ausbau des öffentlichen Verkehrs: 36 Prozent würden hier vor allem das Geld ausgeben. Vor zwei Jahren waren es noch sechs Prozentpunkte mehr. Doch der aktuelle Wert liegt damit immer noch über den 30 Prozent vor vier Jahren.
Eine Minderheit verschiebt das Diskussionsklima
Die Zahlen legen nahe, dass es den in der öffentlichen Debatte wahrgenommenen, Umschwung zugunsten des Autos in der Tat gibt, aber das es letztlich eine Minderheit ist, die das Diskussionsklima verschoben hat. Die klare Mehrheit setzt weiterhin auf Bus und Bahn. In diesem Zusammenhang sticht ein Ergebnis heraus: Weiterhin sind 68 Prozent der Baden-Württemberger trotz der Inflation der vergangenen Jahre und der sich eintrübenden wirtschaftlichen Stimmung grundsätzlich bereit, einen Zusatzbeitrag für besseren Nahverkehr zu leisten.
Chance für Mobilitätsabgabe?
Die im Rahmen eines Landesmobilitätsgesetzes vor kurzem eingeführte Option einer kommunalen Mobilitätsabgabe wurde in den vergangenen Jahren nicht nur in der grün-schwarzen Landeskoalition äußerst kontrovers diskutiert. Zu Beginn der Debatte vor zwei Jahren war die Zustimmung der befragten Baden-Württemberger mit 75 Prozent auch noch höher.
Aber offenbar sieht immer noch eine Mehrheit von gut zwei Dritteln gerade in Zeiten knapper, insbesondere kommunaler Kassen ein, dass es einen eigenen Beitrag braucht. Landesverkehrsminister Winfried Hermann betrachtet dies als ein politisch wichtiges Ergebnis, weil die neue Möglichkeit bisher nicht genutzt wird: „Es braucht jetzt mutige Kommunen, die den Schritt in die Umsetzung wagen.“