Bundesverfassungsgericht

Neue Richterwahl steht an: Klappt es dieses Mal?

In dieser Woche soll der Bundestag erneut über die Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht abstimmen. Wie die Union sich aufstellt und wo dieses Mal Tücken lauern: ein Überblick.

Drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht muss der Bundestag bestimmen.

© Uli Deck/dpa

Drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht muss der Bundestag bestimmen.

Von Rebekka Wiese

Es ist der zweite Anlauf: Am Donnerstag soll das Parlament über drei Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht abstimmen. Die ursprünglich geplante Wahl war kurz vor der Sommerpause abgesetzt worden, weil etliche Unionsabgeordnete sich weigerten, für die von der SPD aufgestellte Frauke Brosius-Gersdorf zu stimmen. Statt ihr steht nun die Bundesverwaltungsrichterin Sigrid Emmenegger als SPD-Kandidatin zur Wahl. Geht dieses Mal alles gut? Was könnte die Abstimmung gefährden? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie sicher ist es, dass die Unionsfraktion für die neue SPD-Kandidatin stimmt?

Ziemlich sicher. Dass die Richterwahl vor der Sommerpause in letzter Minute abgesetzt wurde, galt als Blamage für die Koalition. Das wollen weder SPD noch Union erneut erleben. Aus der Union kommen nun positive Signale für Emmenegger. Unionsfraktionschef Jens Spahn sprach von einem „hervorragenden Vorschlag“, lobte sie als „sehr überzeugend“ und „fachlich versiert“. Hier dürfte dieses Mal also alles gut gehen. Dafür könnte es anderer Stelle tückisch werden.

Welche Probleme könnte es noch geben?

Um gewählt zu werden, brauchen die Kandidaten jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit der anwesenden Parlamentarier im Bundestag. Das sind mehr Stimmen, als Union und SPD zusammen haben. Die Koalition kommt nur auf 328 der 630 Sitze. Nötig wären 420. Da Union und SPD nicht auf die AfD angewiesen sein wollen, müssen deshalb auch die Grünen zustimmen – und auch dann fehlen bei voller Anwesenheit noch sieben Stimmen. Die müssen von der Linken kommen. Wenn die Wahl glattgehen soll, müssten die Fraktionen von Union, SPD und Grünen also geschlossen für die Kandidaten stimmen – und außerdem noch mindestens sieben Linken-Abgeordnete.

Wie verhält sich die Linke?

Ganz sicher kann das niemand sagen – auch wenn als wahrscheinlich gilt, dass sich die notwendigen sieben Stimmen in der Fraktion finden lassen. Einzelne Abgeordnete sollen ihre Bereitschaft schon signalisiert haben. Doch vor allem beim CDU-Kandidaten Günter Spinner ist die Unterstützung heikel. Die Linke ist verärgert, weil die Union bis heute nicht das Gespräch mit ihr gesucht hat oder versucht hat, sie in das Verfahren einzubinden. Unionsfraktionschef Spahn zeigte sich in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ trotzdem zuversichtlich und sagte, dass die SPD sich um die Gespräche mit der Linkspartei kümmere. Ob das aber reicht, um die Linke auch von dem CDU-Kandidaten zu überzeugen, wird sich womöglich erst noch zeigen.

Machen die Grünen mit?

Die Grünen unterstützten alle drei Kandidaten. Trotzdem lauert auch hier ein Risiko. Denn eine Frage besorgt einige in der Fraktion: Wie will man sich verhalten, falls absehbar nicht genug Stimmen von der Linken für den CDU-Kandidaten kommen sollten? Stimmen die Grünen dann trotzdem für Spinner, hätten sie ihn gemeinsam mit der AfD zum Bundesverfassungsrichter gemacht – was die Grünen unbedingt vermeiden wollen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Da die Wahl geheim ist, wird im Nachhinein womöglich nie ganz klar sein, ob die entscheidenden Stimmen von der AfD oder der Linken kamen. Das wissen auch die Grünen.

Warum konnten die Kandidaten vor der Sommerpause nicht mehr gewählt werden?

Vor der Sommerpause hatte der Wahlausschuss schon mal drei Kandidaten nominiert: den von der CDU vorgeschlagenen Günter Spinner sowie die SPD-Kandidatinnen Ann-Katrin Kaufhold und Frauke Brosius-Gersdorf. Doch obwohl die Unionsabgeordneten im Ausschuss den SPD-Kandidatinnen zugestimmt hatten, galt die Zustimmung der Fraktion in den Tagen danach nicht mehr als sicher. Etliche Unionsabgeordnete kritisierten Brosius-Gersdorf wegen ihrer liberalen Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen. In einigen rechten Medien lief aus demselben Grund eine Kampagne gegen die Rechtsprofessorin. Die Wahl wurde schließlich kurzfristig abgesetzt. Um das Bundesverfassungsgericht vor politischem Streit zu schützen, zog Brosius-Gersdorf ihre Kandidatur letztlich zurück, für sie rückte Emmenegger nach. Spinner und Kaufhold treten weiterhin an.

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Erstellt:
22. September 2025, 15:42 Uhr

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